Nun, da uns das schöne Sommerwetter vorübergehend verlassen hat, merkt man wie arschkalt sich 15° anfühlen können. Da stimme ich mal mit ein und bespreche eine Serie, die ich vor vielen Wochen mit Begeisterung zu Ende geschaut habe und die in eine etwas kältere Gegend entführt. Es handelt sich dabei um die als Anthologie angekündigte Serie „The Terror“, deren erste Staffel uns auf eine Arktis-Expedition im 19. Jahrhundert mitnimmt, bei der mysteriöse Geschehnisse der Crew das Leben schwer machen. Review ist spoilerfrei.
Terror im Eis
1845 brachen die Schiffe HMS Terror und HMS Erebus unter Sir John Franklin (Ciarán Hinds) zur Expedition in die Arktis auf, um eine Nordwestpassage aus östlicher Richtung zu erschließen und zu kartografieren, dank der man schneller von Europa nach Asien gelangen sollte. Die britische Crew ist auf eine lange und beschwerliche Reise vorbereitet, unterschätzt aber trotzdem den gnadenlosen arktischen Winter. Schnell sind sie vom Packeis eingeschlossen und fristen ein fruchtloses Dasein in der Kälte und müssen hilflos auf das Frühjahr warten. Als Erkundungstrupps grausam zugerichtet werden, geht schnell das Gerücht um, dass ein Monster die Crew beobachtet und niedermetzelt.
Menschen, die unter Stress stehen und Angst haben, tun unkluge oder sogar schlimme Dinge. Als die Crew auf einheimische Inuit trifft, beginnen einige dieser grausigen Entscheidungen, die den moralischen Kompass des Zuschauers ordentlich zum arbeiten bringen. Obwohl um sie herum weites Land ist, wirkt die Situation der Crew hermetisch und beklemmend. Wo sollen sie schon hin? Typische Probleme solcher Mammutexpeditionen wie Mangelerscheinungen, Ausgrenzung, Gruppendynamik und -psychologie sogar bis hin zu Kannibalismus werden thematisiert, wirken aber nie ausgelutscht oder wie „tausendmal gehört“. Nicht zuletzt dank der Geschichte ihrer Charaktere allen voran des Assistenzarztes Dr. Henry Goodsir (Paul Ready), des intriganten Cornelius Hickey (Adam Nagaitis) und von Jared Harris als Captain Francis Crozier, der sich wahrscheinlich nicht selten gedacht hat „Ich hab’s dir doch gleich gesagt“. Der hat nämlich kommen sehen, dass das ganz übel ausgeht.
Ein Klick von der Auflösung entfernt …
Wie übel lässt sich leicht herausfinden. Nämlich mit einem Ausflug zu Wikipedia oder einem Klick im Internet. Nicht mal vorrangig, weil die Serie auf dem gleichnamigen Buch von Dan Simmons beruht, sondern vor Allem auf wahren Begebenheiten. Das heißt man könnte auch ganz fix nachlesen wie das mit der Franklin-Expedition ausging. Nämlich fatal. Erst 2016 wurde die verlassene HMS Terror im Eis gefunden. Und was wurde aus der Crew? Das verrate ich jetzt nicht. Aber man stelle sich vor wie lange das Schiff da geschlummert hat. Egal ob man nun recherchiert oder nicht, die Serie ist spannend – nicht zuletzt wegen der Frage, ob es nun wirklich ein Monster oder einen Geist gibt, oder ob das was da wütet „einfach“ ein großer Eisbär ist. Auch das Schicksal der Charaktere rührt. Und soviel sei verraten: was den body count betrifft, nimmt sich die Serie nichts verglichen zu Game of Thrones. Allerdings Game of Thrones mit Historien-Bonus. Wusstet ihr beispielsweise, dass die Vulkane Terror und Erebus nach den Schiffen benannt wurden?
Auch abgesehen davon ist es spannend anzuschauen wie eine Expedition im Eis versucht zu überleben und die Serie sorgt für Bilder, die lange im Kopf bleiben. Wenn beispielsweise die Haut beim Spähen durchs Fernrohr anfriert und schmerzhaft abgerissen wird. Autsch. Und es ist nicht nur die Kälte, sondern auch die Anspannung durch das Mysteryelement, die einem das eine oder andere Mal eine Gänsehaut beschert. The Terror hat seine Hausaufgaben gemacht und hält, was der Titel verspricht. Das einzige, was es von einer noch begeisterteren Besprechung und Bewertung trennt ist, dass die Serie in ihrer Mitte etwas vor sich hinmäandert und keine neuen Spannungspotentiale erzeugt, was sich aber gegen Ende gibt. Schade ist, dass die kuriosen alptraumhaften Szenen der ersten Folge nicht beibehalten wurden. Nennenswert ist weiterhin, dass die Serie von Ridley Scott koproduziert wurde, die Sängerin Nive Nielsen einen Charakter spielt, der Lady Silence genannt wird und dass das Opening eins der besten der ersten Jahreshälfte ist.
(8/10)
Da Simmons Buchvorlage nun Thema und Titel der Anthologieserie vorgab, drängt sich die Frage auf wie es denn weitergehen soll. Die erste Staffel hat den Vorteil, dass das Schiff und die Expedition den „Terror“ im Namen nicht nur rechtfertigt, sondern voll und ganz „lebt“. Vor Kurzem wurde bekannt, dass die zweite Staffel sich mit dem Zweiten Weltkrieg und Internierungslagern auseinandersetzen wird. Damit dürfte wohl klar sein, dass menschliche Ausnahmesituationen und menschlicher Terror das Thema der Serie sind, offenkundig im historischen Kontext. Habt ihr die Serie geschaut? Wie hat sie euch gefallen?
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