Das gehörte Wort … „The Sandman“

Vor Kurzem erschien Neil Gaimans zuvor bei DC veröffentlichte Comicreihe als Audible exklusives Hörspiel. Meine Freude konnte kaum größer sein, schließlich wollte ich schon jahrelange die Reihe verfolgen. Das Lesen habe ich bis jetzt jedes Mal abgebrochen, da die Illustrationen (zum Großteil) leider so gar nicht meinen Geschmack trafen. Dabei hatte ich immer so eine Ahnung, dass mir die Reihe inhaltlich sehr gut gefallen würde. Was tun?? Vielleicht später einsteigen? Nur bei bestimmten Bänden? Passte mir auch nicht. So sollte ich Sandman-los bleiben bis endlich die Netflix-Serie rauskommt? Hmpf. Aber! Nun schaffte endlich das Hörspiel Abhilfe. Wie war nun die lange ersehnte Begegnung mit „Lord Morpheus“? Besprechung ist spoilerfrei.

Magier Roderick Burgess träumt. Er träumt vom ewigen Leben. Als Oberhaupt einer ganzen okkulten Anhängerschaft versucht er niemand geringeres als den Tod herbeizubeschwören und mit ihm einen Handel für ewiges Leben zu schließen. Vielleicht liegt es am Träumen, dass er statt des Todes den Herrn der Traumwelt beschwört. Lord Morpheus gibt sich ihm nicht zu erkennen, wird aber von Burgess gefangen genommen. Während dieser Zeit bricht Chaos unter den Menschen und im Reich der „Ewigen“ aus. Als Lord Morpheus freikommt, hat er eine Menge aufzuräumen.


„The Sandman | Official Audible Trailer“, via DC (Youtube)

Chaos ist hier wortwörtlich gemeint. Menschen, die nicht mehr aufwachen können. Menschen, denen seine Hilfsmittel zufallen und die damit Grauenvolles anrichten. Albträume, die selbstständig werden. Und das Traumland, über dass er die Kontrolle verliert. Neben diesen Abenteuern, die ihn wortwörtlich bis in die Hölle führen, beinhaltet das Hörbuch auch einige Kapitel, die Morpheus in seiner Rolle im Wandel der Zeit zeigen. Schließlich sind Träume mindestens so alt wie die Welt und werden überall auf der Welt anders wahrgenommen. Die Gestalt von Lord Morpheus sieht daher nicht für alle gleich aus – ein sehr ansprechender und moderner Fakt. das Hörbuch entstand in Zusammenarbeit mit DC und enthält die Sandman-Sammelbände Preludes and Nocturnes, A Doll’s House und Dream Country. Im Gegensatz zu vielen anderen DC-Helden endeten die Abenteuer des „Sandmans“, d.h. von Lord Morpheus, irgendwann. Wenn sich das Audible-exklusive Hörbuch gut macht, besteht vielleicht Hoffnung darauf, dass auch die anderen Kapitel folgen.

Und es macht sich gut! Der englische Cast ist fantastisch besetzt und hört sich wunderbar an. James McAvoy hätte ich ohne es zu wissen wohl nicht als Lord Morpheus erkannt, trotzdem ich einige Filme mit ihm O-Ton geschaut habe. Aber seine Vortragsweise ist so wie ich mir Lord Morpheus, den Herr der Träume, vorgestellt hätte. Es dauert sehr lange bis man ihn dazu bekommt laut zu werden. Die meiste Zeit ist er cool und scheint das Geschehen mit einer gewissen Distanz zu betrachten. In anderen prominenten Rollen hört man Kat Dennings als Tod, Michael Sheen als Luzifer, Riz Ahmed als The Corinthian und Neil Gaiman als Erzähler, was mehr als passend scheint, schließlich ist er der Autor der Comics. Dirk Maggs war ebenso als Autor für das Hörspiel tätig und schaut man sich seine Werkliste an, ist er offenbar auf die Adaption von Stoffen aus anderen Medien in das Hörspielformat spezialisiert neben seiner Tätigkeit als Regisseur.

Sandman ist episch, fantasievoll und hat hier und da einige Horrorelemente, die mit der entsprechenden Vertonung für Gänsehaut sorgen. Aber nicht nur: die einzelnen Kapitel varrieren, dank schwarzem Humor, Witz, moralischem Grauen, Fantasyelementen und auch rührenden Episoden. Ein für mich sehr gelungenes Hörspiel. Ein bisschen schwierig ist die Einordnung in das DC Universum. Wer dort sehr bewandert ist, findet den Sandmans und Figuren anderer DC Comics eventuell zu schwach integriert. Denjenigen, die mit den Superheldencomics nichts am Hut haben (ich verfolge beispielsweise eigentlich nur Batman), dem sind die Ausflüge wiederum möglicherweise zu viel, weil zu schwer einzuordnen. Man nehme das Beispiel John Constantines: Man gibt sich alle Mühe, das mit ihm und Morpheus verbundene Dilemma zu erzählen ohne Constantines ganze Backstory kennen zu müssen. Wie zu erwarten gelingt das „so lala“. Man muss viel akzeptieren ohne es zu hinterfragen, dann funktioniert es. Reicht das für jeden? Sicherlich nicht. Aber geht es besser? Schwer zu sagen ohne tiefergehende Kenntnis von DC. Ich persönlich betrachte die Sandman-Reihe lieber als etwas eigenständiges.

Dass das Visuelle außerdem eben doch manchmal fehlt, wird bei den Gargoyles oder bei „Rainie Blackwell“ schmerzlich bewusst. Die Geschichten sind alle toll vertont, lassen aber insbesondere hier das notwendige, beschreibende Füllmaterial vermissen um sich vorstellen zu können wie das Reich der Träume und seine Bewohner aussehen oder wie man sich Rainies Dilemma genau vorstellen muss, obwohl ihre Geschichte so vereinnahmend ist. Summa summarum ist The Sandman ein wirklich klasse vertontes Hörspiel und der wohl perfekte Kompromiss für alle, die wegen des visuellen Stils der Comics vor dem Sandman zurückschrecken, aber doch so gern in den Kosmos einsteigen würden. Ein paar Abstriche muss man machen, aber die Vertonung macht jetzt doppelt Lust auf eine Fortsetzung oder auch auf die angekündigte Serie.

Ich hätte ja auch nichts dagegen, wenn die Serie denselben Cast hat … der besteht aus vielen Darstellern, die ich sehr schätze. Was war euer erster Berührungspunkt mit dem „The Sandman“-Kosmos? Comic oder auch Hörbuch? Wie hat es euch gefallen und seid ihr mit dem Comic besser klargekommen als ich?

2 Antworten

  1. […] habe. Vielleicht auch weil meine Reise mit Neil Gaimans „Sandman“ etwas kurven- und umwegreich war. Nach einigen Teasern war es dann im August endlich soweit. Wird die Serie dem Comic und den […]

  2. […] Zeit über Act II der Reihe nach den Sandman-Comics von (u.a.) Neil Gaiman zu sprechen. Von dem ersten Sandman Hörspiel war ich hin und weg. Vor Allem war es der lange erhoffte Einstieg in das Universum der […]

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