TLDR; Meine Antwort: nie! 😉 Aber wann ist ein Spoiler ein Spoiler? Wann nur eine Anmerkung? Für einige Menschen, mit denen ich gesprochen habe, ist schon eine Inhaltsangabe allgemein ein Spoiler. Für andere, wenn man das Ende verrät oder den Twist. Alles andere noch relativ okay. Die Definitionen gehen da sehr weit auseinander. Wie kann man also wissen, ab wann ein Spoiler ein Spoiler ist!? Nehmt euch eine Tasse Tee oder Kaffee, wir müssen reden. Über eins der wohl sensibelsten Themen unter Film-, Serien-, Literatur- und Game-Fans. Übrigens: in diesem Beitrag wird nicht gespoilert. 😉
Der Tatbestand
Ich hasse Spoiler. Und ich wurde schon in den kuriosesten Situationen gespoilert, teilweise ohne das auch nur annähernd kommen zu sehen. Neulich stand ich vor dem Manga-Regal einer Buchhandlung meiner Stadt. Neben mir stand eine Gruppe Mädchen, die sich über die Naruto-Mangas unterhielten. Und schwups, entglitt einer von ihnen die Info über den Tod eines Charakters. Ich konnte nicht mal mehr weglaufen, so plötzlich war der Spoiler da. Eine Arbeitskollegin verfiel während einer Pause in der Teeküche in Nerdrage und beklagte sich über eine Serie, nannte dabei einen sensiblen Plot Point. „Hey, Spoiler much!?“ Ihre Antwort war in etwa „Selbst schuld, wenn du das noch nicht geguckt hast. Die Staffel ist doch schon ewig draußen.“ Ja, die Staffel war seit ca. einem Jahr draußen. Ist das dann mein eigenes Pech, wenn ich sie nicht gesehen habe? Warum? Es ist ja nicht so, dass an Medien ein Ablaufdatum hängt bis zu dem man es am besten konsumiert haben sollte, weil es danach verfällt. Was machen dann Filmfans, die 20 Jahre „zu spät“ geboren wurden?
In einem Kommentar unter einer meiner Serien-Besprechungen meinte jemand mal vorwegnehmen zu müssen wie es in der nächsten Staffel weitergeht, sogar das Ende vorwegnehmen zu müssen. Mir ist schon klar, dass der Redebedarf manchmal groß ist. Meiner auch. Aber welcher Serienfan würde es einem anderen so versauen? Ich habe den Kommentar nie freigeschalten und der Person gemailt, warum ich das nicht tue. Neulich auf Twitter scrollte ich durch meine Timeline. Ich hatte gerade angefangen „Stranger Things“ Season 4 zu schauen. Alle verdächtigen Hashtags und Worte hatte ich stummgeschalten. Da kannte ich Twitter schlecht. Zwei Bilder, ein Satz (ohne die Hashtags und Schlüsselworte), ein handfester Spoiler, der einen der Staffel-Twists vorwegnahm. Ehrlich, Welt? Ist es so schwer sich ein kleines bisschen zurückzunehmen? Es gibt Menschen, die lieben Serien und Filme genauso wie du. Ich bin ernsthaft spoiler-geschädigt.
Was ist überhaupt ein Spoiler?
Okay, lassen wir den Rant und das Gejammer mal beiseite und widmen uns überhaupt mal der Frage wie Spoiler allgemein definiert wird.
Zusammenfassung eines Films, Buchs oder Ähnlichem, die dem Leser oder Zuschauer das Interesse an der Geschichte verdirbt, indem für Spannung sorgende Informationen aus der Handlung verraten werden. (Quelle: Duden)
So sagt Duden das. Hier kann man schon etwas essentielles darüber ablesen, wie „weich“ das Kriterium „Spoiler“ ist. Den entscheidenden Hinweis findet man auch im Ursprung des Wortes aus dem Englischen – to spoil = verderben. Es geht also viel weniger darum, dass man eine bestimmte Information vorwegnimmt, sondern viel mehr darum, dass man jemandem durch die Information den Spaß verdirbt. Das heißt die nächste Frage erübrigt sich schon fast…
Und „wann“ ist ein Spoiler?
Es gibt soviele Haltungen dazu was ein Spoiler ist wie es wohl Menschen gibt. Für manche ist spoilern ein paar Jahre nach Erscheinen einer Serie oder eines Films okay. Für andere kann schon eine zu detaillierte Inhaltsangabe spoilern. Ich kenne Leute, die wollen nicht mal Klappentexte bei Büchern lesen. Ist es schon ein Spoiler zu verraten, dass es in einem Film oder einer Serie einen krassen Twist gibt? Selbst, wenn ich den Inhalt des Twists nicht verrate? Wann verdirbt es einem den Spaß? Wir werden nie eine wirklich gute Antwort darauf finden, wann eine Bemerkung für jemanden ein Spoiler ist, weil das situationsabhängig und personenabhängig ist.
Gleichzeitig erscheinen mir Spoiler als ein Problem der modernen Unterhaltungsindustrie und des Medienkonsums ab dem linearen Fernsehen. Gingen früher alle relativ gleichzeitig ins Kino, weil da nun mal „der eine Film lief“, dann gab es wenig Anlass zu spoilern. Inzwischen ist man vollkommen frei in der Wahl der Medien und Kanäle und des Zeitpunkts, wann man etwas schaut. Es wäre also zu erwarten, dass Menschen sich im Zaum halten können, weil es nicht absehbar ist, wer wann etwas gesehen haben könnte. Der Run auf die jeweils neueste Serie eines Streaminganbieters ist aber so groß, dass es schon nicht mehr relevant genug ist nach ein paar Wochen darüber zu reden, sondern „ES MUSS JETZT SEIN. Sonst ist mein Leben verwirkt!!“ Siehe mein Twitter und Stranger Things Beispiel oben. Wieso existiert bei Überangebot aber der Hang ausgerechnet das allerneueste zu schauen? Vielleicht um eben den Spoilern zu entkommen? Gleich mitreden zu können? Das Überangebot schafft bei Weitem nicht gleich Etikette und Bewusstsein. Und offen gestanden: ist auch nicht automatisch ein Qualitätsmerkmal, sondern ein soziales Phänomen.
Schattierungen von Spoilern
Ein Fass, das ich leider an der Stelle aufmachen muss ist das: Ist ein Spoiler immer schlecht? Als mir jemand ein essentielles Detail über die Dunkle-Turm-Reihe erzählte, zog ich überhaupt das erste Mal in Erwägung die Reihe zu lesen. Später wurde mir aber auch bewusst, dass der Überraschungseffekt deutlich größer gewesen wäre, wenn ich das nicht gewusst hätte. Aber hätte ich ansonsten je angefangen es zu lesen? Kann ich nicht wissen. Auch habe ich mich mal bewusst bei einer Serie spoilern lassen. Denn ginge sie so aus wie ich erwartet habe, hätte mich das gelangweilt und ich nicht weiterschauen wollen. Klar ist: der feine Unterschied hier ist, dass ich um Spoiler gebeten habe. Damit ist es im Grunde nicht mal ein Spoiler, denn es hat mir nichts verdorben.
Und was ist mit der Berichterstattung? Wie Leser:innen vielleicht nicht entgangen ist, bemühe ich mich um einen Disclaimer zu Beginn meiner Besprechungen. Bei Serien lässt es sich aber meist nicht verhindern auf Details der Entwicklung innerhalb einer Story einzugehen, ohne die Geschehnisse der vorherigen Staffel aufzugreifen. Wäre es nicht vielleicht sogar besser zu spoilern und ein rundes Bild dessen abgeben zu können, was andere erwartet? Was wenn ein Spoiler wahnsinnig diskutabel ist!? Keine Frage, ich habe schon einige Male mit mir gehadert, ob ich das jetzt nicht doch ansprechen will. Kann ich nicht an mir anhalten, habe ich es schon auf viele Weisen versucht, die mehr oder weniger hilfreich waren. Mal mit einem extra Beitrag. Aber wer hat immer die Zeit? Mal mit einer ausklappbaren Sektion, so dass man den Spoiler vermeiden kann. Das ist für mich immer noch die akzeptabelste Variante. Aber umständlich.
Das Urteil
Und jetzt sagt ihr (vielleicht): „Wissenschaft weiß was. Was ist denn die wissenschaftliche Meinung dazu?“ Die gibt es. In ihrer Publikation Story Spoilers Don’t Spoil Stories (2011) spoilern Jonathan D. Leavitt und Nicholas J. S. Christenfeld bereits ihr Ergebnis im Titel. Sie kommen zu dem Schluss „Subjects significantly preferred spoiled over unspoiled stories“. Und es funktioniert. Beim Lesen des Titels wollte ich wirklich wissen wie sie das festgestellt haben. Fällt mir schwer zu glauben, aber ich nehme die Information an. Nachdem ich die Absätze gelesen habe, fällt mir hierzu etwas anderes auf.
Rein subjektiv verdirbt mir ein Spoiler die Vorfreude und den Überraschungsmoment während des Schauens. Aber ein Spoiler nimmt dem Medium an und für sich nicht die Qualität. Man kann auch von alleine den Twist erahnen und unterbeeindruckt sein. Was hilft es, wenn ein Krimi nicht vor mir verbergen kann, wer gemordet hat? Spoiler tun etwas ganz subjektives mit mir als Person, aber sie machen ein Medium nicht automatisch schlechter. Auch wenn ich ahne wie WandaVision ausgehen muss, hat das tatsächliche Sehen der Serie und Schlüsselszenen Emotionen bei mir hervorgerufen. Obwohl ich neulich beim Lesen der Dunkler-Turm-Reihe an die Stelle kam, die mir mal gespoilert wurde, war ich nicht weniger gespannt auf den Moment. Die Umsetzung. All die Details neben reiner „Story“. In Film und Serie beispielsweise: wie würde es umgesetzt sein? Welcher Song lief? Reißt es mich mit? Wie wurde der Moment inszeniert? Also komme auch ich zu dem Schluss, dass ein Spoiler nicht alles automatisch verdirbt. Aber das heißt noch lange nicht, dass man mich spoilern darf, nur weil man es kann.
Spoiler-Etikette
Zu was für einem Schluss können wir also kommen? Ganz einfach. 1. Spoiler haben kein Ablaufdatum. 2. Spielverderber:innen mag niemand. Also: einfach mal lassen.
Es tut niemandem weh vorher zu fragen: „will das noch jemand demnächst schauen?“ Wenn ihr mit eurem Leben ansonsten nicht weitermachen könnt, fragt euch vielleicht mal, warum das so ist. Und noch ein Tipp für soziale Netze: man kann bestimmte Worte stummschalten. Erscheint eine Serie, bei der ich erwarte, dass sie gehyped wird und die Spoiler nur so durch meine Timeline flattern, mache ich das üblicherweise so, dass ich die Serientitel UND Hashtags mute. Für The Boys wären das beispielsweise the boys, #theboys und #theboysspoiler. Denn ja: es gibt die eigentlich sehr lobenswerte Tendenz Hashtags zu benutzen wie #theboysspoilers. So kann man weiter über die Serie lesen und die harten Spoiler vermeiden. Das Problem nur: es scheinen noch nicht alle zu wissen, dass man das so vertaggen und anderen einen Gefallen tun kann. Ich sehe es als Gesellschaftsvertrag anderen nicht die Stimmung zu ruinieren, wenn man nicht muss. 😉 Be nice.
Wie ist eure Haltung gegenüber Spoilern? Und hat euch ein Spoiler schon mal so richtig den Tag ruiniert? Wann hat ein Spoiler stattdessen mal einen positiven Effekt für euch gehabt? Ich bin gespannt auf eure Meinungen. Bitte ohne Spoiler … .
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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