Jetzt schulde ich wohl eine Erklärung, was ich unter „passiv Serien gucken“ verstehe. Es ist so, dass mein Arbeitszimmer bzw. Arbeitsplatz das Wohnzimmer ist. Das heißt in einem Haushalt zweier Serienliebhaber:innen, dass mein Mann also ab und zu Serien guckt und ich zwangsläufig dabei bin und was anderes mache. Eben passiv Serien schaue. Und so kam ich dazu „Mord mit Aussicht“ zu schauen, lieben zu lernen und mich zu empören.

Funktioniert passiv Serien gucken?

Jein. Mir würde das nicht reichen einmal durchs Zimmer zu gehen und mitzubekommen was in einer Serie passiert, die ich auch sehen will und am Ende noch gespoilert zu werden. Aber wir wohnen ja nicht nur zusammen, sondern reden auch miteinander. 😉 D.h. typischerweise schauen wir Serien zusammen, die beide sehen wollen und gucken alleine Zeugs, das dem:der anderen egal ist.

Und bevor ihr fragt: natürlich gibt es auch Reibungspotential, wenn da gearbeitet wird, wo auch ein Fernseher steht. Wahrscheinlich ein Thema in reichlich Haushalten. Aber dafür gibt es Kopfhörer. Wobei es schon witzig ist, ob es eher ein „Kannst du mal bitte den Fernseher leiser machen“-Tag ist oder ein „Du tippst ganz schön laut“-Tag. 😂

Kurz zusammengefasst fühlt sich passiv Serien gucken für mich so an, dass ich davon nun zu wenig gesehen habe, um eine Review zu schreiben, aber zu viel, um es nochmal alleine gucken zu wollen. Und gerade richtig, um einen Eindruck davon zu gewinnen, ob die Serie auch was für mich gewesen wäre und wie die so ist. Mord mit Aussicht ist deswegen so ein besonderer Fall, weil ich gedacht habe: damn, die Serie hätte mir auch gefallen.

Der Fall „Mord mit Aussicht“

Das ist schon irgendwie tragisch, denn ich habe meinem Mann Mord mit Aussicht sogar empfohlen, weil ein lieber Freund die Serie sehr mag und immer gelobt hat. Ein gemütlicher Krimi sollte es sein. Ist es! Falls ihr die Serie nicht kennt: Mord mit Aussicht ist eine ab 2008 ausgestrahlte deutsche Krimiserie, die von der Kölner Kommissarin Sophie Haas (Caroline Peters) handelt. Die strebt nach Höherem, möchte Kriminaloberkommissarin werden und bekommt die Beförderung auch. Allerdings nicht etwa in Köln, sondern im verschlafenen Örtchen Hengasch in der Eifel. Dort arbeitet sie zusammen mit Dietmar Schäffer (Bjarne Mädel) und Bärbel Schmied (Meike Droste). Man muss sich etwas aneinander gewöhnen und es ist denke ich nicht falsch von culture clash zu reden. Haas bringt frischen Wind in die Ermittlung und es werden auch mal Morde aufgeklärt, die früher als dumme Zufälle oder irgendwas anderes (meist ein Herzinfakt 👀 ein Running Gag) abgetan worden wären. Großstadt- vs. Dorfleben ist ein Dauerbrenner genauso wie der örtliche Landfrauenverein rund um Schäffers Frau Heike (Petra Kleinert), die sich eben manchmal in die Ermittlungen einmischen.

Aus heutiger Sicht ist Mord mit Aussicht bis auf die im Stream recht maue Auflösung ganz gut gealtert. Als Dorfkind finde ich zwar die Meinungen über das Leben auf dem Land etwas polarisierend, aber ich kann über die Kuhmist-Witze hinwegsehen. Denn 1. steckt schon ein Funken Wahrheit drin und zweitens bekommen Sophies Großstadt-Allüren auch manchmal ihr Fett weg. Krimi und Comedy leben v.A. sehr schön dank Running Gags und dem Bogen der immer wieder gespannt wird zu einem liebevollen Miteinander und einigen verschrobenen Charakteren, die aber das Herz am rechten Fleck haben. Also ja – mir hat das, was ich von Mord mit Aussicht gesehen habe gefallen. Und dann kam die vierte Staffel. 😬

Die 4. Staffel oder: Late for the party – wohin mit meiner Nerdrage?

Offenbar gab es Differenzen, die dafür sorgten, dass der Cast um Bjarne Mädel, Caroline Peters und Meike Droste ausstieg. Als Gründe kann man nachlesen, dass u.a. an ansprechenden Storylines gespart wurde wie auch am Budget (Quelle SZ). Das kann ich bestätigen – insbesondere für Mädels Charakter des Polizisten Schäffer fand ich die Entwicklungen immer etwas dröge und die Narrative etwas staubig. Trotzdem ist er einer der Charaktere, der am meisten Spaß macht. An anderer Stelle kann man nachlesen, dass der Ausstrahlungsturnus der Serie für Unmut sorgte. (Quelle wunschliste.de)

Tja und ohne den Hauptcast ist es nicht Mord mit Aussicht. Das sieht die WDR und ARD offenbar anders. Zwar gab es noch einen Abschied für die Drei mit einem Fernsehfilm (Ein Mord mit Aussicht), dann kam die Serie nach 6 Jahren (!) mit einem neuen Hauptcast zurück. U.a. übernimmt hier Katharina Wackernagel in der Rolle der Marie Gabler als Dienststellenleiterin. Im oben verlinkten Beitrag auf wunschliste.de sagt Wackernagel etwas von großen Fußstapfen, in die man treten würde. Das stimmt wohl. Denn so wie das „neue Mord mit Aussicht“ ausgelegt ist, hatten sie gar keine Chance, dass sie den alten Charme am Leben erhalten können.

Anstatt des Dorfcharmes und angenehm-augenzwinkernden Clinchs zwischen Haas und der hengascher Gemeinde, steht die Kommissarin nun einer misstrauischen, übellaunigen Meute gegenüber, die gern den ganzen Tag in der Kneipe sitzt und bechert. Schöner gefilmt ist es ja, aber ansonsten einfach sehr schwer vergleichbar, obwohl einige Nebendarsteller:innen von früher wie Petra Kleinert für die späteren Staffeln gewonnen werden konnten. Man erkennt Hengasch und die Menschen darin nicht wieder – was für eine überaus seltsame Entscheidung. Selbst die Erklärung, warum Schäffer, Haas und Schmied weg sind, ist regelrecht düster.

Für mich ist das alles mehr als kurios und ich weiß nicht, wohin mit meiner Verwunderung. Schließlich bin ich extrem spät dran bei Mord mit Aussicht. Drüber bloggen hilft. 😉 Was ich aber für eine krasse Fehleinschätzung des involvierten Teams ab Staffel 4 und der WDR/ARD halte, ist offenbar relativ gut angekommen bei Zuschauenden. Zumindest in der vierten Staffeln waren die Einschaltquoten fast so gut wie zum Höhepunkt (3. Staffel). Aber zur fünften schon deutlich auf dem absteigenden Ast. Es waren wohl einfach alle wie wir zwei Zuschauer:innen, aktiv und passiv, neugierig wie der Soft Reboot wird. Die sechste Staffel wird kommen. Falls ihr euch fragt: hier wird Mord mit Aussicht nicht mehr geguckt, höchstens nochmal die erste bis dritte Staffel rewatched. Aber ab der vierten? Wird nicht mal passiv geschaut.

Schaut ihr auch Serien passiv oder gibt es ähnliche Lebensraum-Dilemmas in eurem Haushalt? Kennt ihr „Mord mit Aussicht“ und wie denkt ihr über den Castwechsel?

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei.