ausgelesen: „Wolf’s Rain“ (Perfect Edition)

Als großer Fan des Anime Wolf’s Rain konnte ich nicht widerstehen als eine Perfect Edition angekündigt wurde. Müsste ich eine Zusammenfassungen in einem Satz formulieren, dann würde sie wohl so klingen: in dem Märchen für Erwachsene suchen vier Wölfe in Menschengestalt das Paradies auf Erden.

Genauer ist die dystopisch angehauchte Welt in Wolfs Rain ein unwirtlicher Ort geworden. Teilweise von einer neuen Eiszeit unbewohnbar gemacht, fristen die Menschen entweder in kleinen Siedlungen ihr Dasein oder in von Adligen überwachten Gebieten. Viele Tiere und Pflanzen sind ausgestorben – auch Wölfe, angeblich. Tatsächlich haben sich diese nur angepasst und erscheinen vor Menschen in ebenso menschlicher Gestalt. Zufällig begegnen sich die Wölfe Kiba, Tsume, Toboe und Hige in einer der verbliebenen Städte und werden vom selben Geruch angezogen. Sie erkennen es als den Geruch der Mondblume, die laut einer Sage den Weg in das Paradies weisen soll und beschließen dem zu folgen. Auch wenn nicht alle unter ihnen an die Überlieferung glauben. Was folgt ist eine Reise entlang vieler Glücksuchenden durch eine kalte Welt mit vielen Risiken, denn sie suchen nicht als Einzige das Paradies.

Die zwei Bände des Manga wurden von Tokyopop für die Perfect Edition zusammengefasst, wodurch es dann als Einzelband abgeschlossen ist. Wer den Anime mit seinen 30 Episoden kennt, ahnt nun, dass der Manga drastisch kürzer sein muss. Überraschung: mir war das entgangen und ich ahnte das erst als ich die Perfect Edition in Händen hielt und dort keine „1“ auf dem Cover oder restlichem Einband fand. Hier ist es außerdem andersrum: nicht der Anime basiert auf dem Manga, sondern der Manga erschien nach dem Anime. Die Handlung ist also nicht nur zusammengedampft auf Haupthandlungen des Anime, sondern verläuft spätestens ab der Hälfte ganz anders – inklusive eines anderen Endes.

Solche Konstrukte entziehen sich immer einer Einschätzung, wem was gefällt. Gefällt nun der Manga mehr, weil man den Anime kennt und er verglichen dazu andere Abenteuer liefert? Oder weniger, weil man die Lieblingsepisoden des Anime hier nicht vorfindet? Das lässt sich nicht sagen. Nur dass man keine 1:1-Adaption des Anime erwarten sollte – das ist es schlichtweg nicht. Die Einleitung in die Handlung, Welt und Charaktere ist etwas langwierig geraten im Vergleich zur späteren Reise der Wölfe und v.A. zu gehetzt wirkenden Auflösung am Ende. Darin will man doch eigentlich baden und die richtig genießen. Durch die Kürze erhalten auch die Hauptcharaktere deutlich weniger Profil und Tiefe. Während es im Anime einen großen Verrat gibt und jeder der Wölfe sein eigenes Trauma aus der Vergangenheit verarbeiten muss, wird im Manga eher auf ihre Eigenarten und Charaktereigenschaften eingegangen und ihre Beziehung untereinander. So gibt es allerdings auch recht schönen Comic Relief, in dessen Zentrum v.A. Hige und Toboe stehen.

Durch die Kürze kommen eben auch einige der Nebencharaktere zu kurz, auch der Antagonist Lord Darcia. Stets overpowered, erfährt man nie konkret was eigentlich der Deal mit den Adligen ist. Während vieles rings um das Wolfsrudel damit zum Plot Device wird, freut es mich sehr, dass ausgerechnet zwei meiner Lieblings-Nebencharaktere, der Jäger Quent Yaiden und seine treue Gefährtin Blue, ausreichend Raum bekommen. Auch wenn Kenner zwangsläufig die Episoden des Anime vermissen werden, bietet der Manga zwei, drei Abschnitte auf der Reise der Wölfe, die beeindrucken und Nebencharaktere, die es nur im Manga gibt und die trotz ihrer kurzen Auftritte sehr berühren. Alles in allem hat der Manga eine andere und ähnlich melancholisch-märchenhafte Grundstimmung wie der Anime mit einigen brutalen und traurigen Einschüben. Stimmungstechnisch sind also Anime wie auch Manga nah beieinander.

Das Charakterdesign Toshihiro Kawamotos aus dem Anime wird beibehalten, weswegen Anime und Manga stilistisch fast deckungsgleich erscheinen und mit ihrer Vielseitigkeit beeindrucken. Als Autorin fungierte Keiko Nobumoto und für die Zeichnungen ist Toshitsugu Iida zuständig. Die sind stilsicher und schlichtweg schön, v.A. auf den beeindruckenden Splash-Pages. Da die Perfect Edition eher großformatiger ist (größer als ein handelsübliches Taschenbuch), kann man die Zeichnungen auch entsprechend genießen. Alles kommt in einem Hardcover mit Farbschnitt und einigen Farbseiten – das kann sich sehen lassen für den Preis, der erwartungsgemäß etwas größer ist als bei einem kleinen Taschenbuch.

Fazit

Für Fans von düsteren Märchen für Erwachsene mit kleineren Abstrichen in der Story. Weniger gut geeignet, wenn man eine 1:1 Nacherzählung des Anime erwartet.

Besprochene Ausgabe: ISBN 978-3-7593-0305-9, Tokyopop

„ausgelesen“ ist eine Kategorie meines Blogs, in der ich immer zwischen dem 15. und 20. eines jeden Monats ein Buch unter die Lupe nehme. Der Begriff „ausgelesen“ ist sehr dehnbar. Ein „Buch unter die Lupe nehmen“ schließt Belletristik, Sachbücher, Manga, Comics unvm mit ein. 🙂

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