Manga Manie: „20th Century Boys“ von Naoki Urasawa

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„20th Century Boys“ – Worum gehts?

Kenji wollte Mal ein Held sein, er hatte eine Rockband und wollte groß rauskommen. Jetzt führt er einen コンビニ („Konbini“, 24-Stunden-Laden, vergleichbar mit einem Supermarkt) und ist alles andere als reich und berühmt. Ab und zu sieht er noch seine Freunde aus der Kindheit und kümmert sich um seine Nichte Kana, deren Mutter abgehauen ist. Dann aber ändert sich alles: Kenji liest in der Zeitung von dem Tod eines Schulfreundes und kann nicht recht glauben, dass dieser Selbstmord begangen haben soll. Das passt nicht zu ihm, denkt Kenji. Er beginnt sich umzuhören und nachzuforschen und stolpert schon bald wieder über das Symbol ihrer Kindheits-Clique: Den ausgestreckten Zeigefinger mit dem Auge. Damit schmückt sich ein Guru, der stets maskiert auftritt und sich schlicht Freund nennt. Bald muss Kenji erkennen, dass ‘Freund’ über Leichen geht und sein Einfluss bedrohliche Ausmaße annimmt. Und eine unangenehme Ahnung drängt sich auf: ist Freund etwa einer seiner Kumpels aus der Kindheit?

Hintergrund

Naoki Urasawa ist einer meiner erklärten Lieblings-Mangaka und auch seine Reihe „Pluto“ war hier bei Manga Manie bereits zu Gast. Er ist ein Künstler auf vielen Gebieten. Keiner versteht es so gut wie er eine dichte, mitreißende Geschichte zu kreieren und so wasserdicht durchzuplanen. Er haucht selbst den kleinsten Nebenfiguren gekonnt Leben und eine Backgroundstory ein. In Verschwörungstheorien ist er sowieso ganz klasse und dementsprechend auch bei epischen Cliffhangern. Das Gesamtpaket sorgt allerdings auch dafür, dass seine Geschichten gerne mal in über 20 Bänden ausufern. Vielen Nicht-Manga-Fans dürfte es ganz gut gefallen, dass er auch nicht den klassischen Kindchenschema-Zeichenstil praktiziert. Seine Zeichnungen sind realistischer und schnörkelloser, als die vieler anderer. Nichtsdestotrotz schafft er es mit detailverliebten Hintergründen und gekonnter Schattierung und Rasterung einmalig Stimmung zu erzeugen. Für mich ist er der 20th and 21st Century Mangaka!

Um der Verwirrung vorzubeugen sei gesagt: 20th Century Boys ist in 22 Bänden abgeschlossen und doch nicht abgeschlossen. Das Ende ist da, aber es wirkt etwas abgehackt und läßt noch ein paar Fragen offen. Da es nicht zwingend Urasawas Art ist Fragen offen zu lassen und er NIE abgehackt erzählt, drängt sich der Verdacht auf: da lief was schief. Ja. Aus gesundheitlichen Gründen machte er zu dem Zeitpunkt den Sack zu. Er hat aber Jahre später die Geschichte mit dem 2 Bände umfassenden Manga „21st Century Boys“ ein rundes Ende spendiert. Da werden die Ereignisse vom Ende nochmal aufgerollt, weitererzählt und viele Fragen beantwortet.

Meinung

Naoki Urasawas Manga versetzt uns in die Kindheit zurück und ruft Erinnerungen an unsere Träume und Kindheitsmythen hervor. Mal gruselig, mal komisch, mal mitreißend – er schafft es diesen Sommerferien-Charakter in einen Thriller zu verwandeln, der seinesgleichen sucht, wenn die Machenschaften des mysteriösen „Freund“ bedrohlich werden und schließlich ausarten. Das Ausmaß erschließt sich nicht sofort, die Geschichte entwickelt sich langsam, aber sehr spannend. Mit jeder neuen Erkenntnis bilden wir Theorien und halten den Atem an – und sind schon mittendrin in einer waschechten Verschwörungsgeschichte. Als kleine Vorwarnung: diese erstreckt sich über viele Jahre und macht nicht nur einen Zeitsprung. Aber die sind es wert!

Wo lesen?

Der Manga umfasst 22 Bände, die alle in deutsch bei Planet Manga (Panini) erschienen sind. Ab Band 8 allerdings im Zuge eines Print-On-Demand-Angebots, weswegen man kaum noch Exemplare findet. Falls doch, dann zu saftigen Preisen. Wer des Englischen mächtig ist 🙂 kann sich mal bei Viz Media umschauen. Das gilt auch für den runden Abschluss der Serie in dem zweibändigen Manga „21st Century Boys“.

Links:

zu meiner ausführlichen Review in „ausgelesen“

Manga sind ein wunderbares Medium, dass für jeden Geschichten parat hält und mehr kann als die gängigen Vorurteile behaupten. In dieser Kategorie stelle ich jeden Monat einen Manga vor, der stellvertretend für die Vielfalt der japanischen Comics steht: Manga Manie ist an der Tagesordnung! 🙂

6 Antworten

  1. Ich kenne bisher nur die 3teilige Realverfilmung, die ich wirklich grandios fand. Kann aber natürlich nicht beurteilen, inwiefern diese der Vorlage gerecht wird 🙂

    1. Habe bisher nur den ersten Film gesehen. Die DVD liegt hier rum, aber irgendwie war mir der Manga sympathischer. XD Das könnte daran liegen, dass ich die Kostüme/Maske in den anderen Filmen in Ausschnitten auch etwas unfreiwillig künstlich und komisch empfand. Irgendwann schaue ich mir die anderen beiden aber bestimmt noch an.
      Aber schon beim Schauen des ersten Films ist mir aufgefallen, dass der extrem dicht am Manga ist. Teilweise sind sogar die Dialoge und einzelnen Szenen und Panels genauso im Film wiederzufinden.

      1. Ok cool 🙂 Ich fand den zweiten Film etwas schwächer als den ersten, dafür den dritten dann etwas besser, aber eigentlich hat die Reihe konstant die gleiche Qualität gehabt.

  2. […] ins Schwarze treffen als die der anderen. So ist das bei mir und Naoki Urasawa. Nachdem ich sein 20th Century Boys (und 21st Centurys Boys) gelesen und geliebt und Pluto verschlungen habe, war es aber Zeit zurück […]

  3. […] Trilogie hat es gebraucht, um Naoki Urasawas Erfolgsmanga 20th Century Boys zu verfilmen. Und selbst da wurde noch geschnitten und ausgelassen, wo man kann. Der in 22 […]

  4. […] Atmosphäre einer Verschwörungsgeschichte und eines bis jetzt noch hilflosen Helden erinnert an 20th Century Boys, das Zeitgefühl ist bisher für mich ungesehen im Manga. Habe noch keinen gelesen, der in das […]

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