Als ich Avengers (den ersten) gesehen habe, war ich so begeistert wie schon lange nicht mehr von einem Popcorn-Kino-Blockbusterstreifen. Action, Comedy, sehr vereinnahmende Charaktere. Dann noch das Aufeinandertreffen vieler Welten, die mir unvereinbar erschienen. Das hat Joss Whedon damals wirklich gut gelöst. Ich war so begeistert, dass ich dem Film in meinem Übereifer eine glatte 10/10 gab und den Film ein 2. Mal anschauen ging. Aber nach einigen Monaten, als ich mal wieder einem Film 10/10 gab, wurde mir klar, dass das vielleicht etwas übertrieben war. Dass es Filme gibt, die die 10/10 mehr verdient haben, weil sie vielleicht sogar noch etwas mehr ‚Sinn‘ mitbringen. Heute würde ich dem ersten Avengers-Streifen noch eine 8/10 geben. Vielleicht hat auch diese Erkenntnis dafür gesorgt, dass ich den zweiten Avengers-Streich etwas kritischer beäugt habe. Außerdem war ich sehr unzufrieden mit der Phase II des Marvel Cinematic Universe (MCU). Iron Man 3 und Thor 2 fand ich schwach. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen habe ich mich sehr auf die Avengers gefreut. Hat es sich gelohnt? Spoilerfrei.
Worum gehts?
Die Avengers sind eine verlässliche Truppe, die an den Brennpunkten der Welt auftaucht und den Tag rettet. Aber das reicht Tony Stark (Robert Downey Jr.) nicht, der die Gunst der Stunde nutzt und ein aufgefundenes, digitales Fragment nutzt, um mit Hilfe von Bruce Banner (Mark Ruffalo) eine Künstliche Intelligenz (KI) daraus zu entwickeln. Diese soll mächtiger sein als alles bisher dagewesene und den Planeten Erde sichern. ‚Ultron‘ soll es heißen. Während die Avengers aber feiern und Tony und Bruce die Generierung der KI aus den Augen lassen, bricht Ultron aus. Es sucht sich einen Körper unter Iron-Man-Suit-Schrott, stellt sich den Avengers und erklärt, dass er jetzt frei ist und bald wird klar, dass Ultron zwar verstanden hat, dass er den Frieden bringen soll, aber er definiert Frieden so: Abwesenheit von Menschen. Ultron bricht aus und die Avengers müssen sich einem verdammt schlauen Gegner stellen, der immer einen Schritt voraus zu sein scheint und die Menschheit vernichten will. Und wo wir gerade bei unterschiedlicher Wahrnehmung sind: die Geschwister Pietro (Aaron Taylor-Johnson) und Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) haben auch eine andere Sicht auf die Avengers, insbesondere Tony Stark. Sie werden Verbündete Ultrons und auch sie haben besondere ‚Talente‘.
Hintergrund
Das bereitet Marvel und Disney aber verdammt lange vor. Der Infinity Gauntlet spielt in einer gleichnamigen Reihe in den Comics eine zentrale Rolle. Mithilfe des Handschuhs kann man die Kräfte der Infinity-Steine bündeln. Die traten schon an mehreren Stellen auf. Bspw. war so einer in Lokis Zepter, der Tesserakt war auch einer, genauso wie der Äther aus dem zweiten Thor-Film, etc. Der Handschuh selber trat bereits im ersten Thor-Film auf und dank des ersten Avengers-Films wissen wir, dass der künftige Bösewicht Thanos bereits im Besitz des Handschuhs ist. Schon klar – es braut sich was zusammen, was die Avengers im Moment noch nicht erahnen. Auch in Avengers: Age of Ultron ist es übrigens angebracht während des Abspanns sitzen zu bleiben (nur mid-credits, keine post-credits Szene). Wären aber nicht die Infinity-Steine, so hätte man fast den Eindruck, dass sich die Handlung nicht wirklich bewegt hat, obwohl klar ist, dass das Spektakel in den kommenden Avengers Filmen Avengers: Infinity War I (2018) und Infinity War II (2019) kumuliert. Obwohl ich etwas bezweifle, dass die Zuschauer da noch mitkommen, die sich wenig mit den Comicfiguren auseinander gesetzt haben.
Nicht besonders förderlich für den Ruf war auch, dass Walt Disney Studios Motion Pictures Germany den Anteil für die Verleihmiete auf 53% hochsetzen wollte, sodass Kinobetreiber mehr blechen müssen, wenn sie denn Age of Ultron anbieten wollen. Kaum zu glauben, da ein so großer, schwerfälliger Tanker wie Walt Disney doch eigentlich genug Kohle haben müsste. So kam es zum Boykott und zahlreiche Kleinstadt-Kinos sperrten sich gegen den Blockbuster. Ich finde auch, dass das eine Frechheit von Disney ist noch mehr Kohle einsacken zu wollen.
Fazit
Während noch vor 1, 2 Jahren das MCU als große Trumpfkarte galt, wird mehr und mehr die Kritik laut. Kann man der Handlung überhaupt noch folgen, wenn man bestimmte Filme nicht gesehen hat? Bisher sehe ich das unkritisch. Szenen die auf Geschehnisse anderer Filme hindeuten (Stichwort S.H.I.E.L.D. und Hydra), wird man einfach ‚übersehen‘ und Avengers: Age of Ultron funktioniert dann trotzdem noch. Man hat nur ein klitzekleines bisschen mehr davon, wenn man die Filme denn gesehen hat (siehe Captain America – Winter Soldier / The Return of the First Avenger). Allerdings gab es in Avengers: Age of Ultron letztendlich doch eine Szene, von der ich vermute, dass sie 1. entweder einfach Quark ist, oder 2. nur für Comic-Kenner funktioniert oder 3. nur funktioniert, wenn man den nächsten Thor-Film schaut, der in Phase III angesiedelt ist. An einer Stelle geht Thor nämlich in einer Höhle baden und erzwingt damit eine Vision. (WTF?) Die Szene ist sehr kurz und es wird kaum erklärt, was es mit dem tollen Wässerchen der Erkenntnis auf sich hat. Er kehrt dann zur Gruppe zurück und weiß irgendwie mehr als die anderen. Ich bin ja eher ein Gelegenheits-Comicleser gewesen und mir ist jetzt unklar, ob ich das einfach hinnehmen muss, wie es bei Comics so oft der Fall ist, oder ob da noch was kommt. Bisher deute ich das als eine Schwäche des Drehbuchs.
Wo wir beim Stichwort wären: das Drehbuch. Prinzipiell verlässt sich Age of Ultron sehr auf das Prinzip des ersten Films und man erlebt das eine oder andere Déjà-Vu. Die Charaktere der Avengers prallen mehr als nur einmal aufeinander und es gibt Reibereien. Irgendwie müssen sie sich ja doch zusammenraufen. Außerdem gibt es einen scheinbar übermächtigen Helden, der auch gleich eine ganze Armee mitbringt. Und ich befürchte, dass das so oder so ähnlich auch in Zukunft sein wird. Das ist die Formel. Das kann aber auch langweilig werden. Noch habe ich es gemocht, denn Avengers gibt den Charakteren eine Plattform, von denen wir noch nicht so viel gesehen haben und bei denen die Fans schon lange nach einem eigenen Film schreien. Namentlich: Hulk, Black Widow und Hawkeye. Für mich war es ein großes Plus, dass die Figuren hervorgehoben wurden und man auch etwas über Black Widows Hintergrundgeschichte erfährt und dass Hawkeye einen richtigen kleinen Twist und Fokus erhält. Ultron als Bösewicht hat mir an und für sich gefallen, weil er einen schönen fiesen Humor mitbringt und mir gefällt wie sie ihn optisch umgesetzt haben. Die deutsche Synchro kommt hier aber leider gar nicht an James Spaders Gänsehaut-Variante im Originalton ran – bei den anderen Avengers sehe ich das vollkommen unkritisch, aber bei Ultron ist es eher sub-optimal. Wie Tony und Bruce einen KI erschaffen war ja ‚Magie‘ und fernab von jeglichem Bezug zur Realität, aber bei Popcornkino schaut man da drüber weg. Insgesamt wird Ultron für mich eher nicht zu DEM Bösewicht an den ich mich noch in 10 Jahren erinnere. Und die Maximoff-Geschwister? Ich fand die Charaktere gut umgesetzt, verstehe aber beim besten Willen nicht, warum Quicksilver/Pietro und Scarlett Witch/Wanda aus dem X-Men-Universum hier so losgelöst auftreten und eine andere Hintergrundgeschichte bekommen. Obwohl ich die Darstellung von Elizabeth Olsen und Aaron Taylor-Johnson mochte, überwiegt für mich der Eindruck, dass die Figuren ersetzbar gewesen wären. Das passt einfach nicht. Wenn man die Zusammenführung von Avengers und X-Men hätte vorbereiten wollen, wäre das der falsche Weg. V.A. weil in X-Men: Days of Future Past Quicksilver von Evan Peters verkörpert wurde. Der hat bzgl. Coolness sowas von gepunktet, wobei Aaron Taylor-Johnsons Quicksilver den um Längen besseren Look hatte. Sehr gefreut habe ich mich hingegen über Paul Bettany als einen neuen Avenger (über den ich mal nicht spoilere). Falcon (Anthony Mackie) hätte aber ruhig auch noch dabei sein dürfen.
Ihr seht: es ist ein Wechselbad der Gefühle 😉 Abschließend sei aber soviel gesagt: Age of Ultron ist gutes Popcornkino mit viel Action, die sich ständig selbst toppt und v.A. viel Humor. Die Running Gags waren wirklich klasse und mir hat der Film Spaß gemacht. Neben all den unlogischen Dingen (Thors Bade-Einlage, die Maximoff-Geschwister, …) und meiner allgemeinen Kritik an der Gleichförmigkeit der Avengers-Filme entstand bei mir ein wenig der Eindruck, dass Age of Ultron ein Lückenfüller ist, um Phase III vorzubereiten und das merkt man zu stark. Der Film hätte besser sein können.
(7/10)
Was haltet ihr von der Verleih-Preiserhöhung durch Disney? Und von dem Boykott? Seid ihr sogar direkt davon betroffen? Wie hat euch Age of Ultron gefallen? Freut ihr euch auf Phase III und denkt ihr, dass das Spielprinzip in Zukunft noch funktioniert oder werden die Leute bald gar nicht mehr wissen welcher Avenger wo herkommt und was passiert ist? Meiner Meinung nach könnte Phase III mit neuen (alten) Helden wie Doctor Strange und Black Panther frischen Wind ins Spiel bringen und das alles wieder interessanter machen. Das ist aber eine stark persönlich gefärbte Einschätzung, denn ich habe schon sehnsüchtig auf Doctor-Strange- und Black-Panther-Verfilmungen gewartet, weil ich die Helden interessant finde. Und dann spielt auch noch der Cumberbatch den Doctor Strange. Man darf gespannt sein. Infinity Gauntlet ist allerdings eine Story, mit der ich wenig anfangen kann und ich muss gestehen, dass ich Thanos nicht kenne und somit nicht extrem abgehe bei dem Gedanken an künftige Avengers-Filme. Wie ist eure Meinung dazu?
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