Netzgeflüster: ‚Künstliche Intelligenz‘ (X) – Der Winter der Künstlichen Intelligenz

10 Beiträge zu KI. Stolze Zahl. 10 Monate lang haben wir uns über KI unterhalten. Haben selber neuronale Netze auf dem digitalen Papier durchgerechnet, uns mit der Darstellung in den Medien beschäftigt und uns gefragt, warum KI gruselig sein kann. Vielleicht ist nach 10 Beiträgen ein guter Zeitpunkt zum Ende zu kommen. Als dem Bereich der künstlichen Intelligenz mal das Ende prophezeit wurde, sprach man vor Jahren vom Winter der KI. Das soll heute unser Thema sein, genauso wie die Frage: befinden wir uns im Winter der KI?

Was ist ein ‚KI Winter‘?

Das ist eine Epoche, in der die Forschung als tot gilt und keine Früchte mehr trägt. Das resultiert oftmals daraus, dass es keine Fortschritte gab oder die Forschung hinter den Erwartungen zurückblieb. Passiert das über einen längeren Zeitraum, werden keine Gelder mehr investiert und das resultiert darin, dass die Forschung flächendeckend schlicht ausfällt. Brachland. Es gab bisher sogar zwei Zeitabschnitte, die als KI Winter galten: 1974–80 und 1987–93. Der Begriff wird aber auch in kürzeren Zeitabschnitten durchaus aus der Versenkung geholt. Schaut ihr euch die Anzahl der Jahre an, könnt ihr euch wahrscheinlich lebhaft vorstellen, dass da Träume zerplatzt sind und viele Forscher einen neuen Job suchen mussten.

Warum so eisig?

In der Regal gibt es für das Aufrufen eines solchen Winters Auslöser, die meistens durch Gremien stattfinden. 1974 war es beispielsweise der Lighthill Report. Der Namensgeber James Lighthill wurde vom britischen Parlament gebeten die Situation einzuschätzen und legte eine Untersuchung vor, dessen Ergebnis nicht gut aussah. Und das hat natürlich Gewicht und spricht sich rum. In Nordamerika war die DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency, militärische Forschungseinrichtung) der Auslöser. Sie strichen im großen Stil die Gelder, nachdem beschlossen wurde, dass Forschung unmittelbar und in absehbarer Zeit Ergebnisse erbringen muss. Damit sah es dann erstmal schlecht aus. Nach dem Winter gab es übrigens einen Frühling. U.a. waren es die Expertensysteme, die das Thema KI wieder populär machten. Expertensysteme sind Software, die beispielsweise Entscheidungsunterstützung im medizinischen oder kaufmännischen Sektor anbietet. Das kann die Software weil sie entstanden ist mithilfe von Experten auf dem Gebiet. Das muss man sich als Zusammenarbeit zwischen Experten und Programmierern vorstellen, daraus resultiert eine schlaue, auf einen Bereich spezialisierte Software. Und plötzlich brauchte jeder ein Expertensystem! Der zweite Winter der KI entstand dann tatsächlich aus dem Scheitern ganz konkreter Wirtschaftszweige und Theorien. So beispielsweise dem abflauenden Interesse an Expertensystemen und anderen Technologien.

Winter is coming?

Jain. Aktuell befinden wir uns wohl nicht im KI winter, zumindest pfeifen es nicht die Spatzen von den Dächern. Aber natürlich liest und hört man immer mal wieder von einzelnen Kritikern, dass wir quasi einen KI Winter haben, denn die großen neuen Ideen und Fortschritte auf dem Gebiet bleiben aus. Es werden mehr und mehr Subsysteme und leicht abgeänderte Versionen bekannter Theorien aufgestellt, aber der große Wurf ist scheinbar nicht dabei gewesen. Dass wir nur im Spätsommer/Herbst der KI sind, ist der weiten Streuung zu verdanken. Mitlerweile ist KI auf viele Begriffe und Themenbereiche gesplittet. Maschinelles Lernen, Deep Learning, Sci-Fi-Theorien wie Mind-Uploading, Fuzzy Logic, Business Analytics, Natural Language Processors („echte“ Spracherkennung und -auswertung, mächtiger als Siri und Konsorten, bspw. IBMs Watson) … überall spielt KI ein bisschen eine Rolle. Mal mehr mal weniger. Daher kann man den Winter jetzt etwas schlechter auf den Plan rufen. Und das ist auch gut so. Desto mehr Bereiche einen Beitrag leisten, desto stärker kann die Gesamtheit der Forschung sein. Zumindest ist das meine Hoffnung. 🙂 Mit diesen Worten möchte ich mich von der KI-Reihe hier in meinen monatlichen IT-Beiträgen verabschieden und widme mich ab dem nächsten Monat wieder anderen Themen. Ich hoffe euch hats etwas Spaß gemacht. 🙂

Links zum weiterlesen

‚AI Winter‘ – Artikel in der englischen Wikipedia
Zum Thema auf robotergesetze.com

Zu den bisherigen Artikeln der Reihe:

‘Künstliche Intelligenz’ (I) – Was ist dran?
‘Künstliche Intelligenz’ (II) – Maschinelles Lernen
‘Künstliche Intelligenz’ (III) — “Künstliche Neuronale Netze”
‘Künstliche Intelligenz’ (IV) — “Künstliche Neuronale Netze” im Detail
‚Künstliche Intelligenz‘ (V) — Wer war Alan Turing? Und was ist der Turing-Test?
‚Künstliche Intelligenz‘ (VI) — Doku-Tipp „Plug & Pray“
‚Künstliche Intelligenz‘ (VII) — die Darstellung von KI in den Medien
‚Künstliche Intelligenz‘ (VIII) — zu Gast im ‘unheimlichen Tal’
‘Künstliche Intelligenz’ (IX) — Mind-Uploading

Kennt ihr den Begriff – habt ihr davon schon Mal gehört? Denkt ihr, dass wir uns in einem KI winter befinden? Warum? Warum nicht? Und da die Reihe nun beendet ist … welches Thema habt ihr vermisst?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

2 Antworten

  1. Da hast du eine interessante Themenrichtung geschaffen. Da werde ich mich mal durchkämpfen.

    Ich frag mich immer, wo das noch hinführen soll. Der Mensch ist jetzt schon nicht mehr in der Lage ohne Eletronik zu leben. Sie bestimmt das Leben nicht der Mensch. wirklich traurig.
    Wissenschaftler haben vor 30 Jahren schon Prophezeit, dass es irgendwann den menschlichen Urknall geben wird. Den absoluten Technikmenschen und eine zweite Evolutionsrichtung „back to Nature“ – leben mit und in der Natur.

  2. Ich interessiere mich für Machine Learning und die Anwendung in anderen Bereichen die mich interessieren. Leider habe ich zur Zeit keine Zeit damit rumzuspielen, ich würde gerne einige Anwendungen ausprobieren. Mein Eindruck ist, dass das Gebiet viel Potential hat. Klar, wirklich intelligente Systeme zu konstruieren ist noch ein weiter Weg, aber mein Eindruck ist, dass das Feld eine positive Zukunft vor sich hat. Ich denke mit der Zeit werden einfache Learning Algorithmen mehr und mehr Einzug in die Software erhalten um die Bedienbarkeit zu erleichtern – das ist ja jetzt auch schon der Fall siehe Siri, etc.

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