Vor einer Weile habe ich mit einem Bekannten darüber geredet wie leicht oder schwer man es als Frau in der Welt hat. Obwohl mein Gesprächspartner sehr aufgeschlossen und keinesfalls diskriminierend war, sagte er irgendwann: ‚Frauen und andere Minderheiten‘. Er bemerkte seinen Fehler selber und sagte ‚Ups. Natürlich sind Frauen keine Minderheiten, das sind ja rund 50% der Erdbevölkerung.‘ Ja. Aber es fühlt sich manchmal so an, als ob man eine Minderheit wäre. Es gibt die entsprechenden Vorurteile und in anderen Flecken der Welt ist es mehr als nur hart eine Frau zu sein. Und offensichtlich gibt es was in den Köpfen der Menschen, das nicht hinhaut. Selbst ach so aufgeschlossene Kulturen leben Vorurteile. Mein neuer Mathelehrer kam in der Oberstufe in den Raum, schaute uns an, seufzte entsetzt und brabbelte was von „Oh Gott, alles nur Frauen“. Seit Cate Blanchetts Oscar-Acceptance-Speech für ‚Blue Jasmine‘ denke ich oft darüber nach. Filmdrehbücher, die weibliche Heldinnen haben, werden oft mal umgeschrieben oder abgelehnt, weil das Publikum angeblich keine Frauen als Hauptfiguren sehen will. Das war für mich Anlass seit März meine monatliche Werkschau 7ème art auf Frauen zu fokussieren. Und wenn diese Reihe demnächst aufhört, folgt eine neue in einer anderen Kategorie des Blogs. Mich beschäftigt das Thema sehr – nichts passt da besser als die Blogparade der Singenden Lehrerin, die sich dieses Mal um Heldinnen dreht.
Josey Aimes (Film „Kaltes Land“, Charlize Theron)
Das Martytrium der Josey Aimes … ein auf wahren Begebenheiten basierender Film. Aimes wird im Film dargestellt von Charlize Theron, die beginnt in einer Mine zu arbeiten und sich dort gegen die Schikanen der Männer wehren muss. Aus „Schikanen“ wird eine menschenunwürdige Behandlung. Dann noch die Reaktionen in Aimes engsten Umfeld. Wie sie trotz dieser Schlammschlachten für ihr Recht kämpft, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Vielleicht wiegt es für mich deswegen so schwer, weil wir hier die Gewissheit haben, dass es auf einer wahren Begebenheit beruht (siehe Lois E. Jenson gegen Eveleth Taconite Co).
Furiosa (Film „Mad Max: Fury Road“, Charlize Theron)
Ja, ich habe mich zu einem echten Charlize-Theron-Fan entwickelt, obwohl ich sie anfangs für sehr arrogant hielt und nicht mochte, werden mir ihre Figuren und ihr Auftreten als Schauspielerin immer sympathischer. So auch neulich in Mad Max: Fury Road. Was für eine starke Rolle. Endlich beweist mal wieder jemand Mut den Fokus auf Frauen zu legen und eine Heldin in das Geschehen zu rücken. Und das ausgerechnet in einem Film, der zu einer Reihe gehört, die sich bisher um einen männlichen Charakter drehte, den namensgebenden Mad Max. Obwohl wir wenig über Furiosa wissen, ist sie eine vereinnahmende, raue Figur. Und beweist was Frauen sind. Die, die es alles können müssen. Hart und zart sein.
Die Braut (Kill-Bill-Filme, Uma Thurman)
Die Braut ist so ein Charakter, der aus der Filmlandschaft kaum wegzudenken ist. In Quentin-Tarantinos-Rachespektakel dreht Uma Thurman auf und muss sich gegen eine ganze Riege an Killern wehren. Ich würde nicht sagen, dass ich mit ihr mal einen Kaffee trinken gehen möchte, aber ihre Geschichte war einfach erschütternd, beeindruckend, over-the-top … eine starke Frau.
Motoko Kusanagi (TV-Serie/Film, u.a. „Ghost in the Shell“, „Ghost in the Shell Stand Alone Complex“)
Motoko Kusanagi wird in den verschiedenen Medien ziemlich anders dargestellt. In manchen freizügiger, in manchen verletzlicher, in manchen maschinenhafter. Auch wenn das Kern-Drama ihrer Figur gleich bleibt: Identität. Sie ist eine Frau, die wie wir später erfahren schon als kleines Kind einen schrecklichen Unfall hatte und fast gestorben wäre. Sie bekam einen kybernetischen Körper, nur ihre Seele ist noch „Original Motoko“. Später stellt sie sich in visionären Werken wie Mamoru Oishiis Ghost in the Shell der Frage wieviel von dieser Motoko noch sie selbst ist. In ihrem Job in einer Polizeisondereinheit ist sie knallhart. Batou, der sich sichtlich von ihr angezogen fühlt, macht ihr interessante Angebote wie, dass sie sich einen Männerkörper zulegen und mit ihm kämpfen soll. Identität ist anders in dieser Zukunft. Auch weibliche Identität: du kannst alles sein was du willst. Und im Hier und Jetzt ist es interessant zu sehen, was man aus Motoko gemacht hat, die von ihrer harten maschinenhaften Art aus dem Film von 1995 immer weiblicher und zierlicher wurde – bis heute zur Neuauflage „Ghost in the Shell Arise“. Mal sehen was Scarlett Johansson in der geplanten Realverfilmung aus ihr macht.
Lisbeth Salander (Millennium-Filmtrilogie, Noomi Rapace)
Mit Lisbeth möchte ich auch keinen Kaffee trinken gehen. Aber ihre Geschichte hat mich erschüttert. Die Härte, der Schutzwall den sie sich zugelegt hat und ihre Taten aus Rache, Vergeltung haben mich schwer beeindruckt. Ich habe mit so einer brennenden inneren Unruhe und Aufgewühltheit beobachtet, ob ihr Gerechtigkeit widerfährt. Da gibt es immer noch einen kleinen Teil in mir, der gehofft hat, dass sie ein hübsches Leben mit einem netten Menschen an ihrer Seite an einem friedlichen Ort beginnen wird. Vielleicht ohne das Leder, die Piercings, den Iro und dass sie damit den Schutzwall ablegen kann. Und ich möchte nochmal betonen: Frauen, die Männer retten, ladies and gentlemen. Frauen, die Männer retten.
Erin Brokovich (gleichnamiger Film, Julian Roberts)
Es geht um die von Julia Roberts verkörperte Erin Brokovich, eine ehemalige Schönheitskönigin, dann arbeitslose, alleinerziehende, mehrfache Mutter. Sie beginnt als Aushilfe in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten. Mit ihrer direkten, brutal ehrlichen und ungeschönten Art eckt sie nicht nur einmal an. In der Kanzlei wird sie auf einen Fall aufmerksam, dessen Ausmaße bald schon immens werden. Dabei zeigt der Film wie schwierig es ist beruflich aufzusteigen, welcher Vorurteile sie sich erwehren muss und wie schwierig es ist sich mit Kindern und Job durchzuschlagen. Mich hat der Film beeindruckt und noch mehr die Tatsache, dass er auf wahren Begebenheiten beruht. Ich hatte schon immer wahnsinnigen Respekt vor den Leuten, die mit harter Arbeit weiterkommen und eine starke Ader voller Gerechtigkeitssinn haben. Die echte Erin hat einen Cameo als Kellnerin. Also Augen auf beim Anschauen.
Brienne von Tarth (TV-Serie, Game of Thrones, Gwendoline Christie)
Eine wirklich starke Frau! Sie wirkt sehr männlich und ungeschliffen, eine echte Kriegerin. Da ist nix geschönt, sie wird nicht wie in einer Aschenputtelstory aufgehübscht und beschönigt, sondern sie ist wie sie ist ein Original. Und ich fiebere sehr mit ihr mit und habe mir eigentlich gewünscht, dass sie gerade den schönen Jamie für sich gewinnt. Aber ich habe auch ein bisschen Angst vor jeder weiteren GoT-Staffel, denn mit sympathischen Charakteren geht der gute Herr Martin ja nicht gerade liebevoll um. (Mein Stand ist Staffel 4, bitte keine Spoiler)
Vanessa Ives (TV-Serie, „Penny Dreadful“, Eva Green)
Penny Dreadful ist eine schaurige Serie um eine handvoll Charaktere im viktorianischen London, die mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen haben. Und den Fähigkeiten die diese mit sich bringen. Besonders beeindruckt hat mich Eva Green in der Rolle der Vanessa Ives. Obwohl die Serie insbesondere in Staffel 2 viele starke Frauencharaktere zu bieten hat, was ich hoch anrechne. Es ist ein bisschen traurig, dass weibliche Sexualität als etwas dämonisches dargestellt wird und bei Vanessa satanischen Mächten Kontrolle gibt. Andererseits ist ihr Kampf, auch in Staffel 2, ein Glanzstück an Willensstärke und schauspielerischer Qualität. Ich bin jedes Mal hin und weg angesichts der Naturgewalt und des Muts zu Natürlichkeit und auch Hässlichkeit, den die Serie und die Darsteller beweisen. Ich will niewieder hören, dass Frauenrollen nicht interessant sind. In dieser Serie sind, so behaupte ich mal, die Frauen die wirklich starken.
Lee Geum-ja (Film, „Lady Vengeance“, Lee Young-ae)
Hmm … sie ist wohl gewissermaßen eine Antiheldin, schließlich ist sie getrieben von Rache. Ich würde sie ein wenig mit „Der Braut“ vergleichen. Wobei im Film das starke Bild der „Hexe“ und gleichzeitig der „Gutherzigen Frau Geum-ja“ (so der koreanische Originaltitel) gezeichnet wird. Es geht um die zu Unrecht verurteilte Lee Geum-ja, die als sie aus dem Gefängnis freikommt an dem Mann Rache nehmen will, der für ihr Leid verantwortlich ist. Und das tut sie in einem orchestrierten, minutiös geplanten Vorgehen, das mich schwer beeindruckt hat. Auch weil sie sich ihrer eigenen Schuldfrage stellt. Viele empfinden das als den schwächsten Teil von Park Chan-wooks Rachetrilogie, ich fand den Film aber auch sehr sehr stark. Bin aber trotzdem froh, dass man nichts mehr über das US-Remake hört. Charlize Theron hätte die „Gutherzige“ spielen sollen … das wäre immerhin was gewesen. Schon seltsam, dass es immer dieselben sind, die die starken spielen.
Katniss Everdeen (Panem-Filme, Jennifer Lawrence)
Zu Katniss muss ich wahrscheinlich keine Erklärung geben. Die Heldin aus den „Hunger Games“ empfinde ich auch als etwas ambivalent. Anfangs handelt sie aus Sorge um ihre Familie, ist selbstlos und bewahrt sich einen tiefen Gerechtigkeitssinn, beweist Mut und stellt sich ziemlich schlau an. Wird allerdings zu einem Aushängeschild für eine Rebellion, zu einer Symbolfigur, nach der sich viele richten und sterben. Eine Rolle die man nicht wirklich haben will. Wie sie sich zwischen den Fronten wiederfindet und versucht zu überleben ist nicht so unrealistisch und ich denke an ihrer Stelle wären wir alle so hin- und hergerissen. Das Feuer was in ihr brennt, auch wenn es manchmal heller, manchmal dunkler ist, ist für mich ein heldenhaftes.
Noteable Mentions
Ich komme nicht umhin einige Rollen wenigstens zu nennen, auch wenn sie es nicht in meine Liste geschafft haben. So beispielsweise Merida – eine Disney-Prinzessin, die bewusst mal keinen Prinzen will, sondern ihre Freiheit zelebriert und verteidigt. Oder auch Mulan aus dem Disneyfilm, die sich über Konventionen hinwegsetzt und um ihre Familie zu beschützen, wenn es denn sein muss, einen auf Soldat macht. Oder auch Tatiana Maslani in gefühlt einem Dutzend verschiedenen Rollen in der Serie Orphan Black. Und jede davon ist eine starke Nummer.
Vielleicht merkt man es meiner Auswahl an: meine Heldinnen sind starke Charaktere, die Dinge tun, von denen ich mir nicht sicher bin, ob ich das könnte. Und die Dinge durchleben mussten, bei denen ich nicht weiß, ob ich daran nicht zerbrochen wäre. Die Welt da draußen ist voller Frauen, die stark sind und eine Geschichte zu erzählen haben, die gehört werden sollte. Wer sind eure Heldinnen? Aus dem echten Leben wie auch aus der Fiktion? Habt ihr euch als Frau schon Mal in einer Situation befunden, die Diskriminierung mehr oder weniger offensichtlich durchschimmern ließ? Vermisst ihr starke Frauenrollen im TV oder anderen Medien? Denkt ihr, dass wir auf einem guten Weg sind?
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