Netzgeflüster: Frauen der Informatik IX – Adele Goldberg

Die zehnte Ausgabe naht! Nachdem wir uns letzten Monat mir einer Frau beschäftigt haben, die sowohl auf dem Gebiet der 3D-Computergrafik, als auch auf dem Gebiet der Virtuellen Realität, Simulation und Robotik tätig ist, schauen wir heute zurück auf eine Pionierin der Bedienkonzepte und GUI (Graphical User Interface): Adele Goldberg.

Es gibt zwei Dinge die mich bei der Biografie von Adele Goldberg anfangs gewundert haben. Da wäre zum Einen, dass ihre Mutter Mathematiklehrerin war und sie ihr nacheifern wollte. Deswegen studierte sie Mathematik. Punkt 1: Aha! Ihre Mutter war Mathematikerin. Ja ist ja auch alles Quatsch, dass Frauen nichts mit Mathe und Technik anfangen können. Dann liest man weiter und stellt fest, dass Adele Goldberg ihr Mathematikstudium abbrach. Punkt 2: Uff. Sie hat es nicht durchgezogen?? Aber hier kommt der Aha-Effekt. Weil sie nicht gern vor Publikum sprach bzw. sich das nicht zutraute und das Studium das erforderte, weil es einen Kurs für öffentliche Rede gab. Okay. Es hat also nichts damit zutun, dass es ihr keinen Spaß gemacht hätte oder dass ihr das Gebiet nicht lag. Das ist wohl auch der Grund, warum Adele Goldberg das Studium wieder aufnahm und mehrere Abschlüsse erlangte, nachdem sie bei IBM einige Jahre als Sekretärin arbeitete. Letzten Endes wurde sie dann doch Mathematikerin. Und Doktor der Informatik. Es schien ganz normal zu sein, dass viele Frauen Mathematik studierten als Adele Goldberg das tat. Der Grund war aber viel mehr der Vietnamkrieg.

Anschließend arbeitete sie beim Xerox Palo Alto Research Center (Xerox PARC), wo sie zusammen mit u.a. Alan Kay die objektorientierte Programmiersprache Smalltalk bis zum heutigen De-Facto-Standard Smalltalk-80 entwickelte. Die Programmiersprache beeinflusste heute prominente Programmiersprachen wie JAVA und Objective-C und beschreibt als eine der ersten das bekannte MVC-Modell. Außerdem arbeitete die Forschungsgruppe daran eine grafische Benutzeroberfläche aufzubauen, die es dem Anwender erlaubt sofort Feedback zu erhalten und Output und Input zwischen Programm managen kann. Das System beschrieb etwas, dass dem heutigen Desktop PC sehr ähnlich ist: grafische Menüs, die ausklappbar waren, auf denen man etwas selektieren konnte, etc. Die Idee zog andere Pioniere an wie Motten das Licht – Steve Jobs wollte Smalltalk und insbesondere die grafische Benutzerschnittstelle vorgeführt bekommen. Adele weigerte sich. Warum der Konkurrenz Ideen ausliefern? Aber ihre Vorgesetzten entschieden, dass sie Steve Jobs Rede und Antwort stehen musste. So kam es, dass das zukunftsweisende Betriebssystem Apple Lisa auf Smalltalk basierte. Verschenkter Ruhm. Die Xerox Geräte auf denen es bereits ein grafisches Interface gab und die vor Apples Lisa erschienen, verkauften sich nicht. Dazu äußert sich Adele Goldberg auch in dem folgenden Video:

http://www.youtube.com/watch?v=RFKCZLwbwwg&t=5m50s

Im Film Silicon Valley von 1999 geht es vordergründig um den Zwist zwischen Bill Gates und Steve Jobs, aber auch um die Entwicklung und von Windows und Apple als Firma wie wir sie heute kennen. Der Film enthält aber auch den berühmten Besuch von Steve Jobs bei Xero PARC:

Im weiteren Verlauf ihrer Karriere zeichnete sich Adele Goldberg durch ihre Visionen aus, die ziemlich genau beschreiben wie wir heute mit IT und Medien umgehen und wie viel benutzerfreundlicher Oberflächen wurden. 1977 schrieben Alan Kay und sie den Artikel „Personal Dynamic Media“, in dem davon die Rede ist, dass eines Tages jeder Mensch mit einem Notizbuch-großen Personal Computer frei beweglich umherlaufen würde und alle Arten von Medien frei manipulieren und teilen kann. Dazu gehört schreiben, bearbeiten, zeichnen … und auch das Konzept der sozialen Medien. Alan Kay legte basierend auf der Idee auch das sogenannte Dynabook vor, der allerdings nie in der Form umgesetzt wurde und nur als Mock-Up existierte. Das Konzept ist aber klar ein Vorläufer des Tablet-PCs, der später zuerst durch Microsoft entwickelt wurden, später durch Apple populär gemacht wurde.

„Imagine having your own self-contained knowledge manipulator in a portable package the size and shape of an ordinary notebook.“ („Personal Dynamic Media“, Alan Kay and Adele Goldberg, 1977)

Goldberg arbeitete 14 Jahre lang für das Xerox Palo Alto Research Center. Später machte sie sich selbstständig mit einer Consulting-Firma. Zu guter letzt für alle Interessierten noch ein eineinhalb stündiges Interview mit Adele Goldberg über die Sache mit Xerox PARC, Smalltak und Steve Jobs. Darüber wie wichtig IT in der Erziehung und Bildung sein kann und wie sie aufwuchs.

Zum nachlesen/Quellen:
Wikipedia (en)
ethw: Oral-History:Adele Goldberg
Der Tagesspiegel: Digitale Pioniere (66): Adele Goldberg

Zu den bisherigen Artikeln

Ankündigung
Teil I: Ada Lovelace
Teil II: Grace Hopper
Teil III: Hedy Lamarr
Teil IV: Marissa Mayer
Teil V: Jade Raymond
Teil VI: Gertrude Blanch
Teil VII: Mary Allen Wilkes
Teil VIII: Nadia Magnenat Thalmann

Wie sich Steve Jobs bei Xerox PARC einlud und die Idee der grafischen Oberfläche klaute ist für mich einer der Aufreger und Ursachen, warum ich nie ein Steve Jobs Fan werde. Aber immer mehr ein Adele Goldberg Fan, desto mehr ich mich mit ihr beschäftige. Insbesondere was ihr Engagement für IT in der Bildung betrifft bzw. Informatik-Früherziehung. Und ihr – kanntet ihr Adele Goldberg? Oder das Xerox-Parc-Steve-Jobs-Dilemma? Die Maus hat er auch geklaut … .

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

2 Antworten

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