Das gehörte Wort … „Das Ding auf der Schwelle & Die Ratten im Gemäuer“ von H.P. Lovecraft – Hörbuch-Besprechung

Seit einiger Zeit mache ich ca. ein Mal im Monat einen Ausflug in die von H.P. Lovecraft erdachten Welten voller Horror, grausamer Götter und Wahnsinn. Und das alles per Hörbuch. Genauer gesagt die Hörbuch-Reihe „H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ die mit wechselnden Sprechern verschiedene Geschichten Lovecrafts vertont und mich bisher ganz gut abgeholt hat. Inzwischen kann ich sogar sagen mir gefallen die Geschichten mehr und mehr. Ich habe etwas durcheinander gehört, bin aber inzwischen bei der dritten Ausgabe, die zwei Geschichten beinhaltet. Und eine davon bringt mich überraschend schnell wieder nach Innsmouth, welches Schauplatz des letzten Hörbuchs war.

Das Ding auf der Schwelle

Schon in den ersten Sätzen wird scheinbar angekündigt, dass der Erzähler wieder eine der armen Seelen ist, die dem Wahnsinn verfallen ist. Oder nicht? Daniel Upton erzählt uns seine Geschichte, bzw was ihn dazu brachte seinen besten Freund Edward Derby zu töten. Und Hörer, die sich schon ein bisschen mit Lovecraft auskennen, wissen, dass sie entweder wirklich verrückt geworden sind oder etwas erlebt haben, was sie zumindest zu Taten getrieben hat, die verzweifelt wirken. So schildert Upton wie sein schüchterner und etwas charakterschwacher Freund einen Hang zum Okkulten entwickelt, beginnt zu studieren und sich im Laufe der Zeit in eine Kommilitonin verliebt. Asenath Waite heißt sie und teilt seine Interessen. Sie studiert sogar Metaphysik und ist äußerst willensstark und fordernd. Upton wird mit Asenath nicht so richtig warm und beobachtet die Beziehung der beiden mit etwas Vorsicht. Sie heiraten schnell schotten sich danach aber ab. Als er seinem Freund wieder begegnet, scheint dieser ein vollkommen anderer Mensch zu sein.

Die Ratten im Gemäuer

Die zweite Geschichte der Hörspiel-Kompilation führt recht deutlich in den Wahnsinn. Der gut-betuchte Geschäftsmann Delapore lebt in den USA, aber seine Familie stammt eigentlich aus Großbritannien. Über die Geschichte seiner Ahnen weiß er wenig. Alle Spuren wurden durch einen verheerenden Brand und den Zahn der Zeit zerstört. Als sein Sohn aber in Großbritannien stationiert ist, erfährt er von dem extrem schlechten Ruf, den die Familie Delapore dort hat. Es scheint aber auch ein Anwesen zu geben, Exham Priory, das langsam vor sich hinrottet. Jahre später, nachdem sein Sohn gestorben ist, beschließt Delapore das Anwesen zu kaufen, überzusiedeln und es zu restaurieren. Der Kriegsbekannte seines Sohnes, Captain Norrys, ist ihm dabei eine Hilfe. Kaum, dass Delapore da ist, häufen sich aber seltsame Vorfälle. Und die titelgebenden Ratten im Gemäuer sind nur ein harmloser Vorbote dessen, was Delapore und sein Erkundungsteam vorfinden.

Fazit

Mit nur 2 Stunden und 33 Minuten ist das Hörbuch für meinen Geschmack etwas kurz. Ich hatte sogar erwartet, dass man es bei Audible etwas günstiger als normal erstehen kann. Eine schöne Entschädigung ist, dass mir beide Geschichten sehr gut gefallen haben. Die erste vielleicht noch ein bisschen mehr. Ich würde sogar sagen, dass Das Ding auf der Schwelle meine bisher liebste Geschichte ist. Ebenfalls eine gute Entwicklung: die Hörbücher scheinen sich zu steigern, denn zuletzt dachte ich, dass Schatten über Innsmouth die Geschichte sein würde, die mir bisher am meisten gefallen hat. Was aber auch hier wieder ein anhaltendes Merkmal der Hörbücher ist: sie passen inhaltlich nur bedingt zusammen. Zwar vereinen sie wieder sehr charakteristische Motive Lovecrafts (Body Horror, dem Wahnsinn verfallen, Okkultismus, sogar Innsmouth und ggf. den Orden und Dagon), aber sie haben keinen Bezug zueinander. Außer, dass sie Berichte eines Einzelnen sind, dem etwas wahnsinniges zugestoßen ist. Ich frage mich, warum stattdessen nicht Der Schatten über Innsmouth und Das Ding auf der Schwelle in eine Ausgabe gepackt wurden? Schließlich spielt Innsmouth in beiden eine große Rolle.

Die Ratten im Gemäuer hingegen scheint in der Chronologie der Hörbücher Begriffe aufzugriefen, von denen man bisher noch nicht gehört hat. Beispielsweise Nyarlathotep. Ein bisschen Recherche zeigt, dass das ein Hinweis auf den Cthulhu-Mythos ist. Im Großen und Ganzen nicht schlimm: man kann die Geschichte auch so verstehen, so funktioniert das Lovecraft-Universum und das ist gut so. Anzunehmen ist, dass es sich fügt und man die Zusammenhänge versteht, wenn man einfach stoisch weiterhört oder -liest. Mal abgesehen von diesen inhaltlichen Fragen, die mich etwas zum stirnrunzeln bringen, ist das Hörbuch wie gewohnt gut. Gesprochen werden die Geschichten wieder von Lutz Riedel, bekannt als die Stimme von u.a. Timothy Dalton, der uns auch schon nach Innsmouth entführte. Dümmer geworden bin ich während des Lesens übrigens auch nicht. Ein Vorteil davon, wenn man Bücher aus Jahrzehnten vor der eigenen Zeit liest, ist dass man meistens irgendwas dazulernt. So habe ich beim Lesen von Die Ratten im Gemäuer das erste Mal vom Kybele- und Attiskult gehört. Alles in Allem also sehr hörenswerte Geschichten, sehr ansprechend vertont, aber rein von der Zusammenstellung her wieder etwas unglücklich gewählt, aber das ist zu verschmerzen.

Zu den bisherigen Lovecraft-Hörbuch-Besprechungen:

„Der Cthulhu Mythos“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #1)
„Necronomicon – Horrorgeschichten von H.P. Lovecraft“ (H.P. Lovecrafts Bib. d. Schreckens #8)
„Der Schatten über Innsmouth“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #2)

Kennt ihr die Geschichten? Oder die Hörbuch-Reihe? Was sind für euch die besten Geschichten aus der Feder Lovecrafts? Als nächstes wird hier im Blog übrigens ‚Flüsterer im Dunkeln‘ besprochen werden, was ich auch schon gehört habe. Als nächstes steht ‚Der Schatten aus der Zeit‘ auf der Liste, da ich mich zu Abwechslung mal an die Reihenfolge der Hörbuch-Reihe halten will. Welche Horror-Hörbücher könnt ihr vielleicht sonst noch so empfehlen? Ich höre den Herbst und Halloween schon trapsen. 🙂

5 Antworten

  1. Perfekt – warte ja noch immer auf eine gute Gelegenheit für meinen richtigen Lovecraft-Einstieg … 🙂

  2. Hach ja, „Das Ding auf der Schwelle“ – definitiv auch einer meiner Favoriten. Ich glaube, ich habe es schon mal geschrieben: Das ist so eine Geschichte, bei der die Implikationen noch um einiges erschreckender sind als das, was dann tatsächlich in der Geschichte auftaucht. Mehr zu Nyarlathotep gibt es unter anderem in „Träume im Hexenhaus“, welche in der dritten LPL-Kurzgeschichtensammlung „Jäger der Finsternis“ drin ist – die ich natürlich auch sonst sehr empfehlen kann. In der Titelgeschichte spielt Nyarlathotep ebenfalls eine Rolle, außerdem findet sich darin auch die Lovecraft-Geschichte, in der Edgar Allan Poes literarischer Einfluss am deutlichsten hervortritt – „In der Gruft“ – sowie „Die Musik des Erich Zann“, eine der populärsten Geschichten HPLs ohne direkten Bezug zum „Cthulhu-Mythos“ – und auch eine der wenigen, die nicht in Neuengland spielen.
    Interessanterweise passte die Beschreibung Nyarlathoteps in „Ratten im Gemäuer“ besser zu einer anderen Mythos-Gottheit, nämlich Azathoth. Aber Lovecraft war ja bezüglich seiner Mythologie ohnehin nie allzu kohärent.

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  4. […] des vergangenen Blog-Jahres gibt es auch. So beispielsweise, dass ich angefangen habe mich mit H.P. Lovecraft zu beschäftigen. Sicherlich angestoßen durch den Audible-Algorithmus für Vorschläge XD , vor […]

  5. […] #8) „Der Schatten über Innsmouth“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #2) „Das Ding auf der Schwelle & Die Ratten im Gemäuer“ (H.P. Lovecrafts Bib. d. Schrec… „Der Flüsterer im Dunkeln“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #4) „Der […]

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