‚The Last Guardian‘ war ein Spiel, das mich lange beschäftigt hat. Vor Allem, weil es mich emotional zwar sehr abgeholt hat, mir aber aus anderen Gründen viel Geduld abverlangte. Eine bittersüße, aber frustrierende Mischung, die dem Spiel scheinbar in Gamer-Kreisen einen gewissen Ruf beschert hat.
Das Biest
Ein Junge erwacht in einer Höhle. Auf seinem Körper sind seltsame Male und er kann sich nicht erinnern wie er dorthin gekommen ist. Mit ihm in der Höhle liegt ein Biest, viel größer als er. Es sieht aus wie eine Mischung aus Katze und Ratte, es hat Hörner, gebrochene Flügel und ist schwer verletzt und reizbar. Der Junge zieht ihm die Speere aus den Leib und gibt ihm zu fressen. Langsam beginnt es ihm zu trauen und gemeinsam arbeiten sie sich durch die unterirdischen Höhlen ans Tageslicht, in luftige und unsichere Höhen auf der Suche nach einem Ausweg. Der Weg der Beiden ist quasi das Ziel. Trico – so heißt das Wesen und der Junge wachsen zusammen, verlassen sich aufeinander und das müssen sie auch. Denn der eine kann diesen Weg nicht ohne den anderen beschreiten, was spätestens dann klar wird, wenn der Spieler erfährt, wie beide in der Höhle gelandet sind.
„The Last Guardian | Launch Trailer | PS4“, via PlayStation Europe (Youtube)
Ein Freund fürs (Über)Leben
The Last Guardian ist ein handfestes Adventure-Spiel mit einer wunderbar ausgearbeiteten Welt, einer emotionalen Prämisse, vielseitigen Aufgaben und einem Score, der Gänsehaut bereitet. Die Welt in der sich unsere Helden wider Willen wiederfinden wirkt wie eine versunkene Stadt. Ein Relikt, das seine beste Zeit überstanden hat. Desto mehr man sich von ganz unten nach ganz oben kämpft, hat man das Gefühl, dass hier eine grausame, aber hochentwickelte Kultur gelebt hat. Und Trico ist mehr oder weniger ein Bestandteil dessen. Das Fabelwesen ist gleichzeitig auch das größte Feature dieses quasi ohne Sprache ablaufenden Spiels. Es gibt zwar eine Stimme aus dem Off, die manchmal Hinweise gibt (es handelt sich dabei um den Jungen, der die Geschichte als alter Mann nacherzählt), aber allzu weit kommt man damit nicht. Da Trico nicht spricht, ist die Kommunikation zwischen beiden auf das beschränkt, was Mensch und Tier eben vereint. Verhalten, Rufe, Streicheln, einzelne Anweisungen – Trico und der Junge lernen dazu. Mit der Zutraulichkeit kommen die Möglichkeiten. Irgendwann lässt Trico einen auf seinem Rücken reiten und springt große Absätze für einen empor. Zwischendurch ist der Junge auch mal auf sich alleine gestellt und muss in schwindelerregende Höhen klettern.
Das klingt nach dem emotionalen Adventure-Game auf das wir alle gewartet haben? Ist es auch, wenn da die Steuerung nicht wäre. Das Frustrationslevel des Spiels ist enorm hoch. Trico ist so programmiert, dass es sich wie ein Tier verhält: es hat seinen eigenen Kopf. Trotz des Bandes, das die beiden verbindet, hat Trico eine gewisse Ausfallquote mit der es eben nicht in genau die Richtung läuft, die wir andeuten und mit der es jetzt eben gerade müde ist und gefüttert werden möchte. Mal abgesehen von diesem Mittelchen zur Immersion, das leider trotz Tricos Flauschigkeit eben auch Frust erzeugt ist es ein regelrechter Faux-pas, dass an den einen oder anderen Stellen im Spiel gar nicht klar ist mit welchen Controls man weiterkommt. Ich denke nur an ein „Level“ in dem man das wasserscheue Kuschelbiest davon überzeugen muss, dass es tauchen soll. Ich weiß bis heute nicht welche Tasten oder Tastenkombination es letzten Endes getan hat. Auch wie wir mit dem Jungen durch die Welt laufen hat eine gewisse, bittere Ausfallquote. Man kann fünf Mal zu einem Absatz springen, vier Mal fällt man runter, aber weiß nie so recht warum, weil man doch fünf Mal dasselbe getan hat. Und das häuft sich in dem Spiel zu arg, was The Last Guardian zu einem gar nicht mal einfachen Jump and Run Adventure macht.
Bittersüßes Fazit
The Last Guardian hat soviele gute Argumente, dass es förmlich weh tut wie sehr die Steuerung des Spiels stört und frustriert. Die Freundschaft zwischen Trico und dem Jungen, der man beim Wachsen zuschauen kann, holt einen ab, trifft emotional ins Herz. Wie wird aus zweien Eins? Wie verstehen sich zwei Wesen ohne Worte, obwohl sie kaum unterschiedlicher sein könnten? Die Immersion wächst mit der Freundschaft und umso mehr möchte man seinen Freund vor Gefahr schützen und der untergegangenen Stadt entkommen, die den beiden feindlicher gesinnt ist als man anfangs denkt. Während einem das Spiel in den ersten Leveln oder Ebenen wenig Futter und Story bietet, wird diese gegen Ende überraschend komplex und trotz Mangel an Erklärungen verständlich. Es ist gegen Ende ein umso verzweifelteres Entkommen und ein Plädoyer für Freundschaft und Toleranz – und zweite Chancen? Nicht selten werden einem die Hände am Controller schwitzig, wenn man mit Trico in luftigen Höhen ohne Boden unter den Füßen einen wahren Drahtseilakt hinlegt oder sich auf dem Rücken des Biests auf bröckeligen Treppen an meterhohen Türmen entlangschlängelt. Spannend ist das Spiel allemal und das Ende kostet selbst die Stärksten ein paar Tränen, aber man muss gut mit Frustration umgehen können.
Nach diesem Ritt bin ich besonders gespannt: kennt ihr ‚The Last Guardian‘ und habt es vielleicht sogar selber gespielt? Wie habt ihr die Steuerung empfunden und hat es euch auch soviele Nerven gekostet? Aber es geht schon echt mächtig ans Herz … sniff.
Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂
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