Netzgeflüster: WordPress 5.0, die Gutenberg-Kontroverse und es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird …

Im Dezember gab es in die Nikolausstiefel aller selbsthostenden WordPress-Nutzer ein Geschenk: nämlich WordPress 5.0 inklusive des Gutenberg-Editors. Und der Aufschrei war groß. Zwar stand der neue Editor, der den TinyMCE-Editor ablöst, schon einige Wochen vorher zum Test bereit, aber alle waren trotzdem sehr überrascht, dass Gutenberg so schnell Teil eines offiziellen WordPress-Release wurde. Das war tatsächlich ein ziemlich mutiger Schritt. Es folgten Wochen des Zähneknisrchens und Stirnrunzelns, überall hörte man raunen, ich wurde auch schon ganz nervös und nahm an, WordPress 5.0 muss ja ganz furchtbar sein. Alles Panik-Mache?

„Gutenberg And The WordPress Of Tomorrow“, via Coding Tech (Youtube)

Panik-Mache? Kommt drauf an.

Das Geraune in der Community war groß, überall hört man hier und da: Gutenberg, so schrecklich, alles kaputt, mein Leben ist zerstört. Es wurde viel zu früh ausgerollt. Wie man in den oben eingebetteten Video sieht, ist Gutenberg (vom Grundgedanken her) seit 2013 unterwegs. Tatsächlich wurde Gutenberg 2018 nur für einige Monate als Plugin zum Test zur Verfügung gestellt, was für einige Plugin- und Theme-Anbieter wahrscheinlich zu wenig war. Und dann wurde es plötzlich released. Das wirkte tatsächlich etwas zügig und es wurde von Themes und Plugins berichtet, die (Stand 19.12.18) damit tatsächlich noch nicht auskamen, was zu Fehlern führte.

Eine Frage an die Leserschaft: Hatte eigentlich irgendjemand von euch da draußen wirklich Probleme mit der Umstellung auf Gutenberg bzw. WordPress 5.0 allgemein? Es wird regelmäßig davon gesprochen, dass man seine Beiträge auf Gutenberg umstellen muss, d.h. die Beiträge einmal öffnen muss, wodurch sie innerhalb des Gutenberg Editors in einem „classic block“ angezeigt werden. Wozu? Der Classic Block hat dieselben HTML-Anweisungen eingebettet wie sonst auch. Warum sollte irgendwas davon nicht funktionieren? Klar, WordPress legt ein custom css bzw Container um alle diese Blocks und die könnten ggf. die Funktionalität beeinflussen. Wenn man üblicherweise Beiträge mit Standard-HTML-Befehlen hat (Überschriften, Links, Absätze, Bilder, …), dann wird der Gutenberg-Editor darauf überhaupt keinen Einfluss haben, schon gar nicht bei bereits bestehenden und veröffentlichten Beiträgen. Daher sind viele Beiträge und Meinungen, die man hört Panik-Mache je nachdem wie man WordPress nutzt. Obacht ist bspw. bei allen Funktionalitäten angebracht, die shortcuts in Beiträgen platzieren. Zu erkennen an den [] eckigen Klammern. Wer wenig bis gar keine fancy Plugins benutzt und nur Standard-HTML-Anweisungen in seinen Beiträgen hat, hat nichts zu befürchten. Auch ich habe mich davon beeinflussen lassen und war eher positiv überrascht, als ich Gutenberg das erste mal aufgemacht habe.

„WordPress 5.0, der Gutenberg Editor und wie du jetzt smart vorgehst!“, via WP Ninjas – Jonas (Youtube)

Angst muss man an dem Punkt bekommen, wenn man Plugins nutzt wie bspw. Page-Builder, die relativ „tief“ in das Default WordPress eingreifen und dem User mehr Möglichkeiten und Optionen bieten, was das Darstellen von Beiträgen oder Seite insgesamt gibt. Das Geschäft rund um WordPress Plugins ist überraschend groß. Man kann sich soviel Kram zur Optimierung von Ladezeiten, SEO, Darstellung und Responsiveness herunterladen, sodass man als semi-professioneller WordPress-User die Seiten da draußen nicht mal mehr erkennt. Vielleicht nicht mal mehr, wenn man den Seitenquelltext aufmacht. Hui. Aber desto mehr Plugins, desto mehr Quellen für Administrationsprobleme. Aus der Nutzung im Business-Umfeld kommen idR auch die Meldungen, das etwas nicht geht, wo also für ein besseres Look-and-Feel und Usererlebnis Plugins wie Brizy oder Elementor benutzt werden. Doppelte Schwierigkeit: Gutenberg funktioniert bis zu einem bestimmten Grad selber wie ein Page-Builder. Für User, die ohne sowas auskommen, gibt es wenig Grund zur Panik.

Der Titel ist reines Clickbait – im Test von Darrel Wilson kommt eigentlich raus, dass nur kleinere Bugs mit Gutenberg in Verwendung mit bestimmten Page-Buildern wie Brizy gibt. Gutes Beispiel für blanke Panik-Mache.

„WordPress Gutenberg 5.0 RELEASED: DONT UPDATE! – Divi Theme, Elementor and Brizy TESTED!!“, via Darrel Wilson (Youtube)

Pro-Gutenberg?

Wie so oft im Leben: hast du wenig oder negative Erwartungen, wirst du eher positiv überrascht. Tatsächlich finde ich das Konzept von Gutenberg gar nicht schlecht. Es ist im Gegensatz zu dem was man vorher bekam etwas mehr ein WYSIWYG-Editor. Für viele User wird er anfangs zuviele Optionen und versteckte Funktionalitäten bereit halten. Innovation erfordert immer Anpassung. Man gewöhnt sich dran und gut ist. Tatsächlich ist die Bedienung von Gutenberg weitaus mehr im 21. Jahrhundert angekommen als im TinyMCE-Editor, ich denke da nur an das Verschieben der Blöcke über Drag und Drop. Gutenberg ist eigentlich ziemlich cool. Und wenn man wie ich noch mehr Kontrolle will und deswegen grundsätzlich im HTML-Editor (früher „Text“) arbeitet, dann kann man heute den „Code-Editor“ öffnen und genauso arbeiten wie vorher.

„Miss Booleana, arbeitest du jetzt also mit dem Gutenberg-Editor?“

Nein. Ich könnte. Ich würde den Gutenberg-Editor im Code-Editor-Modus benutzen. Aber Fakt ist: mir ist da zuviel Schnulli ringsrum. Ich brauche das alles gar nicht, weil ich eh ein relativ kleines Set an Befehlen habe, die ich überhaupt brauche und die idR auch selber schreibe und für alle meine Beiträge bereits Templates damit habe. Und daher bleibe ich beim Classic Editor, den man als Plugin dazu installieren kann. Aber bei meinem Zweitblog werde ich den Gutenberg Editor mal nutzen, da ich dort weniger Templates in der Anwendung habe.

Wenn du es noch nicht hast und es jetzt ausprobieren willst …

Falls du es noch nicht gemacht hast und jetzt auch mal umsteigen willst und Grund zur Annahme hast, dass es nicht reibungslos läuft, weil du bspw. Page-Builder benutzt, dann empfiehlt es sich deine WordPress-Installation zu spiegeln und es erstmal auf der gespiegelten Version auszuprobieren. Sowas geht übrigens auch mit Plugins, auch wenn ich die noch nie ausprobiert habe. In jedem Fall ist aber vor jedem größeren Update ein Backup zu empfehlen, am besten der Daten gesamt (d.h. der WordPress-Installation mitsamt Plugins, Themes, etc. per (S)FTP) und der Datenbank (deine Posts, Bilder, Kommentare, Metadaten, Plugin-Daten, …).

Wie ist es bei euch? Seid ihr schon umgestiegen? Und wie ist so nach mehreren Wochen eure Meinung zum Gutenberg Editor?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

3 Antworten

  1. Ich gehöre ja auch ein wenig zu den „Meckerern“. 😉
    Über die Funktionalität zu älteren Beiträgen kann ich nichts sagen, weil ich in meinem Theme direkt den alten Editor aktivieren konnte.

    Den Grundgedanken des neuen Editors begrüße ich sehr, finde aber die Umsetzung einfach nicht sehr gelungen, da sie mir nicht intuitiv genug ist und mir zu vieles im Editor noch zu versteckt ist. Ich nutze allerdings seit Jahren das Extra-Theme, das von den Divi-Entwicklern stammt. Da gibt es seit jeher einen WYSIWYG-Editor, den ich von der Umsetzung her deutlich ansprechender, übersichtlicher und selbsterklärender finde. Ich bin also mit entsprechenden, sehr guten Vorerfahrungen an die Umstellung rangegangen und war daraus resultierend enttäuscht über die Lösung von WordPress. Der Divi-Builder ist m.E.n. nichts für Anfänger, weil er viele Einstellungsmöglichkeiten hat und sehr strukturiert ist. Aber die Einstellungsmöglichkeiten sind gut gegliedert und weitestgehend selbsterklärend und diese präzise Strukturierung finde ich für mich persönlich sehr hilfreich in Bezug auf die visuelle Beitragsgestaltung. Der Gutenberg-Editor hingegen ist mir in seinem extrem cleanen Design einfach zu nackt und warf dadurch bei mir zu viele Fragen auf, wo ich was tun kann/ muss.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ach … ich würde dich eigentlich gar nicht unbedingt zu den Meckerern zählen 😉 sondern zu den kritischen Denkern. Die Meckerer sind eher diejenigen für mich, die schon bevor sie es ausprobiert haben, sagen: „Neue WordPress-Funktion! Furchtbar!!!“ Es gibt ja wirklich so Plugins, wo man eine Zeit lang zittern musste, was für Ärger das nun wieder mit sich bringt wie beispielsweise Jetpack bis vor ein paar Jahren, aber vorher soviel Panik verbreiten und gar solche seltsamen Videos machen mit diesen clickbait-Titel, obwohl dann zum Schluss rauskommt, dass es nur ein Problem mit einem Page Builder gibt und man mit etwas kleineren Bilder leben muss …. oooh beware the update! Ne, das finde ich sind Meckerer.

      Zu Page-Buildern und anderen Editoren habe ich zumindest unter den WordPress-Plugins keine Vergleichsmöglichkeiten. Aber ich bin wahrscheinlich auch Teil der relativ kleinen Menge, die sich durch fast alle Editoren früher oder später genervt und eingeschränkt fühlen und lieber den Code eingeben. Und da ich mir mit den html tags schon Templates angelegt habe … joar. Bleibe ich dabei. Aber ein bisschen neugierig bin ich schon wie der Divi-Editor aussieht 😉 Da muss ich mal etwas rumgoogeln.

      1. Das ist tatsächlich das, was ich an dem Divi Builder so mag: Es ist durch das Baukastensystem nah am WYSIWYG, aber du kannst problemlos mit HTML arbeiten und zusätzlich über verschiedene Einstellungsmöglichkeiten Anpassungen vornehmen. Der Builder kann auch ausschließlich als WYSIWYG-Builder genutzt werden, bei dem du die Änderungen direkt auf deiner originalen Seite vornimmst/siehst. Dieser Visual Builder funktioniert allerdings öfters mal nicht – meist nach irgendeinem Update (er lädt und lädt und lädt und lädt …).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert