Hollywood is calling. Barton Fink (John Turturro) hat als Autor jüngst seinen Durchbruch mit einem Stück am Broadway gefeiert, da klopft Hollywood an und zitiert ihn nach L.A. für ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann. Anfangs hadert er voller Idealismus und ist sich uneins, ob das der richtige Weg für ihn ist. Letzten Endes sitzt er doch vor dem Studioboss und erfährt, dass er ein Drehbuch über einen Wrestler entwickeln soll. In seiner gammligen Absteige, dem verlassen wirkenden Hotel Earle, versucht Fink sich nun also Tag für Tag hinter die Schreibmaschine zu setzen und etwas zu entwickeln. Mal sind es die Geräusche aus dem Nachbarzimmer, die ihn ablenken, mal sein gutmütiger Zimmernachbar Charlie Meadows (John Goodman), mal die trunkene High-Society bestehend aus Schreiberlingen, die das Business schon aufgeraucht hat. Aber die Uhr tickt.
„Barton Fink (1991) – Original Theatrical Trailer“, via spamanator666 (Youtube)
Barton Fink vereint so viele Motive, dass man eigentlich alleine darüber ellenlange Artikel schreiben könnte. Gegen Ende wird der Film auch deutlich surrealistisch und ein wenig hermetisch – das gibt viel Raum für Interpretation. Barton Fink steht inmitten dieses surrealen Chaos als ein Beispiel für einen Kreativen, der seine Funktion in der Welt für besonders hält und der Meinung ist einer Berufung zu folgen. Immerhin mit Herzblut. So fällt die Arroganz Barton Finks weniger ins Gewicht. Er ist nämlich so arrogant, dass er den Menschen in seinem Umfeld nicht mal zuhört, obwohl sie diejenigen sind, dessen Geschichten er aufschreibt: „die einfachen Leute“. Fink steht für eine Art Dilemma des Künstlers. Er findet keinen Zugang zu dem „einfachen Volk“, das sein Publikum sein soll. Er verachtet oder bemitleidet die Künstler, die bereits gefallene Sterne sind, andererseits ist er auch noch nicht so bewandert in den Mechanismen der Traumfabrik, dass er versteht, was die Produzenten von ihm wollen. Das zunehmend verrottende Hotel Earle ist dafür eine übergroße Metapher. Er versucht das beste daraus zu machen und das dysfunktionale System um ihn herum zu ignorieren und sein Ding durchzuziehen. In einer fantastischen Szene führt ihm John Goodman mit einem gewaltiger Monolog gegen Ende seine eigene „Ignoranz des Künstlers“ vor Augen, indem er sinngemäß sagt „You are just a tourist with a typewriter. I have to live here“.
Wie schafft es nun aber Fink, dass wir ihn nicht als so arroganten Typen wahrnehmen, der mit dem Kopf über den Wolken schwebt? Weil sein Traum unser Traum ist. Wir könnten dieser Barton Fink sein, der mit positivem Idealismus an die Arbeit geht. Durch Finks Überzeugung leiden wir bereitweillig als Zuschauer mit ihm, wenn ihm Hollywood im wahrsten Sinne des Wortes im einen Moment die Füße küsst und im nächsten sticht und tritt. Damit hält der Film einerseits dem idealistisch-arroganten Künstlertyp den Spiegel vor und schafft trotzdem den Spagat einen trotz Allem sympathisch-menschlichen Hauptcharakter (Turturro sei Dank) zu zeigen. Ansonsten hätte der Film möglicherweise nicht funktioniert und nicht so berührt wie er es tut. Andererseits zeigt er die Banalität der Traumfabrik und dessen, was sie an „Träumen“ webt. Für die Geschichte die Fink schreiben soll („Es geht um einen Wrestler“), sieht der Produzent bzw. Studioboss nur zwei (gängige) Optionen. „Also entweder ist der Wrestler Waise … oder er will diese eine Frau.“ Tiefsinnig. Wie im „echten“ Leben. Aber letztendlich ist alles vielleicht so un-wahr wie Filme(?). Mit Barton Fink haben die Coen Brüder die Widersprüchlichkeit als filmisches Element geboren und mit der Frau am Strand einen der vielleicht poetischsten Filmmomente.
Barton Fink, USA/UK, 1991, Joel Coen/Ethan Coen, 116 min
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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