Netzgeflüster: Wechsel zum Gutenberg-Editor – schmerzhaft oder willkommen?

Als im Dezember 2018 der Gutenberg-Editor (=Wordpress Built-in-Block-Editor) mit WordPress ausgerollt wurde, war ich erstmal wenig motiviert den zu benutzen. Zu dem Zeitpunkt erschien mir die Benutzung nicht intuitiv und störte mich nur. So nutzte ich ein Plugin, das mich Beiträge wie mit dem alten Editor bearbeiten ließ. Und so ward nie wieder daran gedacht. Was hat sich geändert? Es lag am Theme. Wollte ich dessen Startseite bearbeiten können, musste ich mich das erste Mal mit dem Block-Editor befassen. Ich hätte das Plugin für Blogbeiträge installiert lassen können. Aber dann dachte ich – wenn schon, denn schon. Und bearbeitete auch meine Beiträge im Block-Editor. Wie ist das so – nach fast einem Monat Gutenberg?

TLDR;

Eigentlich läuft es sehr gut. Anfangs hatte ich ca. 2 Stunden Probleme mich daran zu gewöhnen. Früher habe ich grundsätzlich im HTML-Modus des klassischen Editors gearbeitet und alle meine Anpassungen entweder händisch in HTML/CSS geschrieben (und sehr viel mit Template-Artikeln gearbeitet) oder mit einem klassischen Editor Formatierungen gesetzt. Ich habe viele dieser Funktionen und Formatierungen auf Anhieb im Block-Editor gefunden, aber einige Kleinigkeiten musste ich suchen oder mir ergoogeln. Der Umstieg hat meine alten Blogartikel nicht zerschossen. Das einzig ärgerliche ist, dass in der Mobilansicht (Portrait-Modus) manche Grafiken und eingebettete Videos nicht skalieren. Mit viel CSS-Magie bekomme ich das vielleicht angepasst. Aber wie das eben so ist mit dem Internet von vor Monaten: es ist jetzt gerade nicht meine Priorität.

Öffne ich ältere Artikel zum bearbeiten, bekomme ich dort einen behelfsmäßigen Editor, der an den früheren erinnert und die Option alles in Blöcke umzuwandeln. Beides funktioniert prinzipiell. Die frisch in Blöcke umgewandelten Absätze sind dann nur beispielsweise nicht im Blocksatz und eingebettete Videos oder andere Inhalte nicht zentriert. Damit kann ich leben. Inzwischen arbeite ich natürlich und sehr gern mit dem Gutenberg-Editor. Ich würde sogar sagen, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Vorteile die Nachteile überwiegen. Darauf gehe ich in den folgenden Absätzen genauer ein.

Die Vorteile

(1) Normalerweise würde ich es als neutral einstufen, dass Gutenberg ein WYSIWYG-Editor (What you see is what you get) ist. Mit meinem beruflichen Hintergrund habe ich es eigentlich ganz gern den Code hinter dem Text zu sehen, weswegen ich früher nur so gearbeitet habe. Dann aber wiederum funktioniert das jetzt sehr gut. Gutenberg bietet mir auch alle Formatierungsoptionen an, die ich früher oft händisch setzen musste wie Blocksatz-Absätze, Markierungen oder lässt mich sehr einfach Absätze duplizieren und umarrangieren, sodass ich mein copy/paste nicht mal vermisse. Wer das will kann übrigens trotzdem im HTML-Modus arbeiten.

(2) Gutenberg nimmt mit die Arbeit ab, die ich mir früher mit zig Muster-Blogartikeln (Templating) gemacht habe. Jetzt kann ich Blöcke für alle Elemente meiner Artikel anlegen, die ich mal wieder benutzen werde. Aber ich gestehe: meine Templates verwende ich weiter. Nur eben jetzt mit Blöcken. 😉.

(3) Der Editor ist barrierefreier, schicker und angenehmer, weil er mehr Fokus auf die Fläche hat, die man editiert. Ich fühle mich optisch weniger eingeengt durch linke und rechte Navigationsleiste. Wenn ich das will, kann ich auch in den Distraction Free Modus gehen und bekomme den Editor im Fullscreen, was ich sogar je nach meiner Aufmerksamkeitsspanne und Tagesform nutze.

(4) Es gibt Blöcke für (gefühlt) alles und sie ersetzen viele Funktionen, die ich früher mit Plugins nachrüsten musste wie beispielsweise für gekachelte Bildergalerien oder Social-Media-Einbettungen. Und die sehen dann sogar besser aus.

(5) Zudem sind die Blöcke gleich responsive und funktionieren gut auf verschiedenen Endgeräten. Scrollt ihr durch Artikel von mir, in denen das nicht so ist, dann ist das leider ein Relikt von früher, das ich aus Zeitgründen aus alten Artikeln kopiert und manuell gesetztes CSS zur Formatierung benutzt habe. Und das war wohl auch nur in meinem damaligen Theme wirklich responsive. Das ist nun mal ein Problem des händisch rumfummelns am CSS. Berufskrankheit… .

(6) Gutenberg wendet Prinzipien atomaren Designs an (glaube ich). Ich bin weder UI/UX-Designerin, noch programmiere ich viel Frontend, aber atomic design sagt, dass es sich Untergruppen an Stilelementen zunutze macht und dass man Designprinzipien festlegt. So werden beispielsweise die Standardfarben des Themes oder andere grundlegende Bestandteile ganz unabhängig von Blogartikel oder sonstigen Einstellungen gepflegt und dementsprechend für Barrierefreiheit angepasst. Daaaaaas kann man kaputt spielen, wenn man nicht drüber nachdenkt und wild Farben und Formen ändert. Aber daran ist ja nicht WordPress oder das Theme schuld, wenn wir das tun.

Die Nachteile

(1) Lange Artikel können schon mal eine Herausforderung für Gutenberg sein. Bei meiner letzten Blogophilie hatte der schon ganz schön zu rödeln, Änderungen wurden weniger schnell sichtbar als gewöhnlich. Tapferer kleiner Gutenberg. Toll sind die Latenzen nicht. Aber bei normal langen Blogartikeln wie dem hier ist davon nichts zu merken.

(2) Möglichkeiten das CSS manuell anzupassen sind versteckter und die Anpassung schwieriger als vorher. Blöcke haben inzwischen ein CSS, das ich gelinde gesagt als verbose bezeichnen würde. D.h. wortreich. Die CSS-Klassen sind viele geworden und das Arbeiten im HTML-Modus ist ebenso wortreich und schwieriger überschaubar, auch wenn die Blöcke ganz unscheinbarer Natur sind.

(3) Manche Tastenkombinationen funktionieren nicht. Das ist Mist. Wann tritt das auf? Beispielsweise, wenn dein Browser oder Betriebssystem dieselben verwendet. Die Kombination für das Löschen von Blöcken löst unter Windows leider auch das Umstellen der Tastatursprache aus. Auch erscheint mir die Vergabe der Tastenkombinationen nicht sehr intuitiv.

Das Fazit

Ihr seht vielleicht, dass ich den Wechsel zum Gutenberg trotz meiner Weigerung in 2018/2019 jetzt so viele Jahre später mit einem gewaltigen Schulterzucken wahrnehme. Es hat Nachteile, okay. Aber es hat mehr Vorteile. Ich bin animiert damit zu arbeiten. Zu meiner lakonischen Grundeinstellung und dem digitalen Schulterzunken zählt sicherlich auch meine Corona zu verdankende Lässigkeit. Ich war noch etwas krank, aber wollte irgendwie wieder Kontrolle über etwas haben als ich die ganze Sache vor knapp einem Monat angefangen habe. Ich weiß nicht – vielleicht macht man dann solchen Quatsch!? Bereut habe ich es nicht. 😉

Ob ihr jetzt auch zu Gutenberg umsteigen sollt, falls ihr es noch nicht benutzt, kann ich euch nicht sagen. Gutenberg wird als der Standard betrachtet. Die Verwendung des alten Editors ist ein Fallback, der Nutzer:innen den Umstieg erleichtern soll. Vielleicht wird das so bleiben, denn alte Nicht-Block-Artikel sind nun mal da. Aber es würde auch ohne den Fallback-Editor funktionieren. Vielleicht ist also tatsächlich mal irgendwann Schluss damit. Angst haben muss man davor aus meiner Sicht nicht.

Wie ist eure Haltung gegenüber der Editoren? Benutzt ihr vielleicht durch Theme Builder oder andere Plugins nochmal ganz andere Systeme?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen aus IT, Forschung, Netzwelt und Internet widme genauso wie Spaß rund um die Arbeit mit Bits und Bytes. 🙂

4 Antworten

  1. Ich fand den Block-Editor anfangs interessant, aber schnell hatte ich doch Probleme damit, sodass ich mir den klassischen Editor geholt hab und seither arbeite ich damit. Nach deinem Eintrag kommen Gedanken zu einem Wechsel ins Rollen, aber bis ich den Schritt wage, ist eine andere Sache/Zeitfrage. Dafür gibt es noch zu viele andere Sachen, die ich im Workflow überarbeiten will ^^

  2. Die Umstellung des Eingabesystems auf JavaScript/React war mir tatsächlich zunächst sehr unbehaglich. Aber die nahezu unumkehrbare Stoßrichtung der WordPress-Community (und von Automattic) hat eine Anpassung letztlich erzwungen und gab für mich 2020 den Anstoß, mich mit React vertraut zu machen.

    Inzwischen habe ich eine Reihe von dynamischen Blocks als maßgeschneiderte Eingabemasken entwickelt und kann die Entscheidung nachvollziehen – insofern war die Umstellung von WordPress auf einen quasi nativen Pagebuilder schon sinnvoll.

    Die Kommunikation dieses „Paradigmenwechsels“ und des neuen Systems war allerdings grauenvoll (und ist es teils heute noch) …

  3. […] und ich bin immer noch sehr froh darüber und sehr glücklich mit dem neuen. Das bedeutete auch den Wechsel zum Gutenberg Editor – warum das weniger krampfig war als ich dachte, schrieb ich nieder. Ziemlich wenig […]

  4. […] einen neuen Look zu verpassen und es erstmal dort richtig zu machen, damit ich auch eine bessere Orientierungshilfe habe, was hier möglich ist. Und das war es dann […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert