Literarische-Fundstücke: Gib mir einen Absatz I

Wenn ich der Meinung bin, dass ein Absatz über das Buch reicht, dann hat es mir wohl nicht besonders gefallen. So wie die nachfolgenden Bücher, zu denen ich nun zumindest kurz ein Stimmungsbild abgeben will. Sei es auch nur um damit emotional abzuschließen. 😉 Bei Sabine würde der Beitrag heißen: Connection with Reader could not be established. Heute mit dabei: Polizisten-Pathos aus China und ein Schwedenkrimi mit maximal irreführendem Cover. Und dann sind das auch noch alles Reihen, oh je … .

Zhou Haohui „Der Hauptmann und der Mörder“ (18/4 #1)

Der erste Teil von Zhou Haohuis Krimireihe war auch eins meiner 23 Bücher, die ich mir für 2023 vornahm. Damit startete aber mein Lesejahr sehr schräg, weil ich sehr früh sehr viel daran auszusetzen hatte. Erst einmal handelt der Roman von einer Mordserie in Chengdu, China. „Eumenides“ so nennt sich der:die Täter:in und kündigt stets die Morde auf eine sehr frontale Weise an: durch Todesanzeigen in der Zeitung. Abgesehen hat es Eumenides auf Personen, die dem Gesetz schon einmal entkommen sind. Es wird eine Sondereinsatzgruppe um Hauptmann Pei Tao gegründet, die aber bald merken müssen, dass eine Person unter ihnen in der Vergangenheit bereits mit Eumenides das Vergnügen hatte.

Der Kriminalfall an sich ist spannend und ich mochte, dass ich meinen Horizont geografisch etwas erweitern könnte mit einem Buch, das in China spielt. Allerdings hat mich die wahnsinnig stereotypenlastige Charakterzeichnung immer wieder rausgerissen und verärgert. Die Psychologin fällt durch ihre Schönheit auf und psychoanalysiert den ganzen Raum, kaum dass sie alle das erste Mal gesehen hat. Der IT-Spezialist ist ein gelangweiltes Kellerkind, das wegen der Anwesenheit einer Frau (besagter Psychologin) komplett entgleist. Ohne Autor Zhou Haohui zu nahe treten zu wollen, geht für mich auch die aufgesetzte Überlegenheit der Personen nicht klar und viele Schlüsse ergeben für mich keinen Sinn. Jemand schaut ein Glas mit Flüssigkeit an und schließt, dass es salzig ist? Wie? Wann? Warum? Die Psychologin argumentiert einmal mit Sternzeichen – wie bitte? Was an dem Buch gut ist: die Twists und die Verzahnung zwischen Vergangenheit und Gegenwart sind interessant und gut orchestriert. Dass ich die Auflösung habe kommen sehen ist mein Pech.

Besprochene Ausgabe: ISBN 978-3-453-43983-2, Heyne Verlag

Johanna Mo „Nachttod“ (Hanna Duncker #1 )

Klassischer Fall von Never Judge A Book by Its Cover. Johanna Mos Krimireihe fiel mir auf, weil ich das düstere Cover mochte, das ein Haus am See umgeben von einem düsteren Wald zeigt. Der Archetyp des Skandinavienkrimis? Tatsächlich spielt die Romanhandlung in Öland, einer schwedischen Insel in der Ostsee. Und wenn man Öland nachschlägt, dann sieht das auch ziemlich nach Ostsee-Idyll mit Strand, Flachland und Steg aus. Dass meine Vorstellung des nordischen Krimis damit verpuffte, ist das eine Problem. Falsche Vorstellungen anhand unzutreffender Cover kann man überwinden. Oder könnte. Aber was man einmal als dissonant empfindet, will auch dann nicht mehr so recht passen?

So richtig zünden wollte es auch deswegen nicht, weil ich den Roman sehr länglich empfand. Er handelt von Hanna Duncker, die nach vielen Jahren als Ermittlerin in ihre Heimat zurückkehrt. Der Schritt fiel ihr v.A. deswegen so schwer, da ihre Mitschülerinnen sie damals mobbten und auch die Leute in der Gegend sie mieden, weil ihr Vater ein verurteilter Mörder ist. Zeitgleich wird in Öland ein fünfzehnjähriger Junge tot aufgefunden – Hanna Dunckers erster Fall. Geschont wird sie dabei natürlich nicht. Während der Ermittlungen hat sie mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen. Ich kam nicht umhin etwas enttäuscht über die langsame Entwicklung zu sein und darüber, dass das Buch sehr mit Details und Familiengeschichten aufgebläht ist. Da geht es nicht nur um Hanna oder das Mordopfer Joel, sondern auch um die halbe Familiengeschichte der Nachbarschaft und Hannas Kollegen Erik, der noch Daunendecken für die indischen Schwiegereltern kaufen muss. Den Detailgrad hätte ich einfach nicht gebraucht, er zieht Spannung ab. Auch wenn ich die Diversität des Romans schätze mit der beispielsweise auch die mangelnde Akzeptanz für queere Personen Thema wird oder wie es sich für Eriks in Indien geborene Frau in Schweden lebt. Nun hat aber Diversität mit der Spannung nix zutun – der Roman könnte einfach schneller zu potte kommen.

Besprochene Ausgabe: ISBN 9783453425804, Heyne Verlag

Header image/photo credit: Janko Ferlič

Jetzt habe ich wohl doch mehr als einen Absatz über die Bücher geschrieben. 😅 Aber einen eigenen Artikel und lange Analysen hätte ich ihnen nicht widmen wollen. Welche Bücher konnten euch zuletzt nicht so recht begeistern? Wann hat euch ein Cover fehlgeleitet? Und habt ihr vielleicht die Reihen weitergelesen und findet, dass ich sie zu früh aufgebe? Hier geht es übrigens zu allen anderen Literarischen Fundstücken.

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