Fantastischer Film: Mars Express

Cyberpunk wurde in den letzten Jahren gefühlt eher aufgewärmt, statt dem Genre Neues hinzuzufügen. Der französische Animationsfilm Mars Express von Regisseur Jérémie Périn ist da eine erfrischende Abwechslung. Darin haben sich die Menschen inzwischen auch auf dem Mars angesiedelt und die Technologisierung hat v.A. in punkto Kommunikation und Robotik einen gewaltigen Sprung gemacht. Protagonisten sind die Privatdetektivin Aline und ihr Partner Carlos. Während sie ein Mensch ist, handelt es sich bei ihm um ein kybernetisches Backup des bereits verstorbenen Carlos: mit Roboterkörper und holografischem Kopf. Sie beide sollen im Falle der Kybernetik-Studentin Jun ermitteln, die unter Verdacht steht das Siegel gebrochen zu haben, das Roboter davon abhält Menschen zu verletzen.

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Worin Mars Express sehr gut ist: uns nicht mit Basics zu nerven. Es fällt nie das Wort Asimovs Robotergesetze, sondern stattdessen wird demonstriert was für Folgen es haben kann, wenn diese fehlen. Tatsächlich fürchtet sich die Öffentlichkeit davor, wenn diese Schranken brechen, was im Zuge eines Krieges bereits geschehen ist. Show, don’t tell wird in vielerlei Hinsicht betrieben. Von smarten Haustieren bis hin zu technologischen Innovationen in Straßenverkehr und Infrastruktur wird lieber gezeigt als bis ins letzte Detail vorgekaut. Dem Genre entsprechend wird es schon mal etwas unheimlich, wenn Firmen ihre neuen Errungenschaften präsentieren, Roboter Amok laufen oder man sieht wie der Mensch als Ressource auf Brain Farms ausgebeutet wird. Schöne, neue Welt.

Dann aber wiederum ist gerade auch das erfrischende an Mars Express der Humor und v.A. der Realismus. Da kann es schon mal sein, dass der OP-Roboter mittendrin aufhört die Wunde zu nähen, weil er ein Update installieren muss. Moralisch werten müssen wir aber alleine. Was mal angenehm ist, mal unangenehme Leerstellen lässt. Als wir über Carlos Familiengeschichte erfahren, tun sich einige Fragen auf, die unbeantwortet bleiben. Der Film selber wertet nicht, gibt uns aber zutun. Je nach Geschmack Zuschauender kann das gut gehen oder auch nicht. Für mich hat’s gepasst. Genauso wie der Animationsstil. Der mag etwas zu clean anmuten, da nur auf ein Minimum an Plastizität und Shading gesetzt wird. Die Personen und Flächen sind zum großen Teil vollfarbig koloriert, ohne viel auf Schatten zu setzen. Das verstärkt sehr den 2D-Eindruck. Andererseits sind die Animationen so flüssig, Mimik und Gestik so menschlich und realistisch, die Zukunftsvisionen (hier schon mehr 3D als 2D) so faszinierend und allumfassend in jeder Szene, dass Mars Express auch mit seinem Look überzeugt.

Mars Express, Frankreich, 2023, Jérémie Périn, 88 min

Header image uses a Photo by Kilyan Sockalingum on Unsplash

Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 👏

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