Heute ist Welttag des Buches! 🥳 Das nehme ich als Anlass um hier einige lange gesammelte Fundstücke aus Büchern zu teilen. D.h. Szenen, in denen Bücher selber eine besondere Rolle einnehmen, Lebensretter, Therapeuten oder gar Heimat sind. Spoiler sind nicht zu erwarten.
Bücher als Heimat
Was ich in all dem Lesen am häufigsten angetroffen habe ist das, was Hans-Haiko Seiferts Protagonist aus dem Roman Joanna hier in einem Satz zusammenfasst:
„War ich jetzt zu Hause? Wo immer ich nur etwas zu lesen hatte, war ich zu Hause.“
„Joanna“, p. 21
Der Roman handelt von Georg, der für das Studium aus der DDR nach Warschau geht. Es wird nie ganz klar benannt, was seine Herkunft und die DDR für Georg bedeuten. Da er sie als sein schlafendes Land bezeichnet, hat er vielleicht nicht allzu viel für sie übrig? Aber doch steht dort häufig „mein schlafendes Land“. Ein ähnliches Gefühl ereilt Jake im dritten Teil von Stephen Kings „Dunkler Turm“-Reihe als er eine Buchhandlung betritt.
„Der milde, würzige Geruch alter Bücher drang ihm in die Nase, und dieser Geruch war wie eine Heimkehr.“
„tot.“ (Dunkler Turm #3), p. 191
Tatsächlich spielen Bücher in der Reihe eine besondere Rolle. Man kann sagen, dass sie die Welt retten oder zumindest dazu beitragen. 😉


Bücherorte als Zuflucht
Apropos Buchhandlung: im Roman Der betrunkene Berg von Heinrich Steinfest muss Robert in der Buchhandlung von Katharina Bücherregale aufbauen und Bücher umschichten. Wie alle Büchermenschen wissen ist das Schwerstarbeit. 🥲 Währenddessen kommt er zu einem polarisierenden Schluss …
„[…], aber Bücher erwiesen sich nun mal als die Helden der Masse. Oder kannte man jemanden – auch wenn er kein Buchladen war -, der sich mit zwei, drei Büchern zufriedengab?“
„Der betrunkene Berg“, p. 102
Also ich gebe mich (leider) nicht mit zwei, drei Büchern zufrieden. Mein SuB ist deutlich zu groß. Das Bücherregal unterzieht sich einem steten Wandel. Bücher kommen und gehen. Kommen vor Allem in erschreckender Frequenz. Aber „Helden der Masse“? Es wäre sicherlich schön, wenn Lesen ein beliebtes Hobby wäre. Vielleicht wird es das wieder? Vielleicht sind Young Adult, New Adult, Romantasy und andere Trends, ja sogar BookTok und Bookstagram, am Ende zu etwas gut. Habe ich vor acht, neun, zehn Jahren in der Kaffeeküche auf Arbeit gefragt, ob mal wer was interessantes gelesen hat, schüttelten meist alle mit dem Kopf. Und doch hat sich ein Buchclub gefunden.
Aber zurück zum betrunkenen Berg. Dort ist Katharinas Buchhandlung tatsächlich die Zuflucht für Robert, auch rein physisch. Er hat nicht unendlich viel mit Büchern am Hut, aber in dem, was sie sich gegenseitig abends vorlesen, liegt wohl ein kleiner Trost. Trost ist es auch für die namenlose Protagonistin in Der Historiker. Zwar hat ein Buch ihr Leben und das ihrer Familie ordentlich durchgerüttelt, aber Bibliotheken sind für sie eine Zuflucht und Erinnerung an einfachere Tage. Vielleicht sogar der Schlüssel, um ihren Vater wiederzufinden.
„Es war gut wieder eine Bibliothek zu betreten, es roch wie zu Hause. Wir befanden uns in einer klassizistischen Schatzkammer, überall sah man dunkles Holz mit Schnitzverzierungen, Balkone, Galerien und Fresken. Aber was meinen Blick mehr als alles auf sich zog, waren die endlosen Reihen von Büchern; Hunderttausende von ihnen füllten die Räume, vom Boden bis zur Decke: rote, braune und vergoldete Rücken, knubbelig wie alte Knochen. Ich fragte mich, wo man sie während des Krieges wohl versteckt hatte, und wie lange es gedauert haben mochte, sie zurück in die wiedererrichteten Regale zu stellen.“
„Der Historiker“, p. 418
Die Bibliotheken in denen ich unterwegs bin, sind ja eher keine klassizistische Schatzkammer, sondern mehr so Marke Alu-Regal. Bibliotheken könnten mehr Finanzierung vertragen. Sie sind ein wichtiger Ort und Anlaufpunkt, um in der Schule zu helfen, zu bilden, zu unterhalten. Aber bei all dem brauchen sie sicherlich nicht als Erstes dunkles Holz. Der Trost, die Quelle für Witz und Charme, die Fluchten in Abenteuer und fremde Welten und die Hilfe beim Lernen, Verstehen und Erkennen steht ja eigentlich im Regal. Das angenehme Knarzen des Parketts (so vorhanden), der Geruch beim Aufschlagen der Bücher und die freundlichen Buchmenschen, die dort sicherlich nicht zufällig arbeiten, hilft umso mehr diese Zuflucht oder auch Heimat zu erkennen. Happy Welttag des Buches! 📚


Header image/photo credit: Janko Ferlič
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