Neulich im Kino … Review zu „Exodus – Götter und Könige“

Ridley Scott hat diesen Film wahrscheinlich nicht gemacht, weil er ein begeisterter, tief-gläubiger Christ ist. Soviel war schon von Anfang an klar. Was ich nicht mal unbedingt erwartet habe ist aber, dass mir Exodus echt gut gefallen hat. Spoilerfrei.

Worum gehts?

Moses (Christian Bale) wächst wie ein Bruder neben Ramses II (Joel Edgerton) als Teil der königlichen Familie von Pharao Sethos I auf. Es ist kein Geheimnis, dass er in Hinblick auf viele Dinge als Thronfolger besser geeignet wäre als Ramses. Er interessiert sich für Politik und Staatsgeschäfte, er funktioniert auf dem Schlachtfeld und er ist gerechter. Er weiß, dass er nicht jedes Unrecht ändern kann, aber er hat eine Meinung. Aber er wird kein Thronfolger, weil er nicht vom Pharao abstammt. Eines Tages erfährt er vom ältesten Nun (Ben Kingsley), dass er hebräische Eltern hat, also eigentlich als Sklave geboren ist. Die Israeliten in Ägypten arbeiten unter menschenunwürdigen Umständen und werden aufgrund ihres Glaubens ausgegrenzt. Schließlich gilt in Ägypten der Pharao als Gott – eine andere Lehre kann daneben nicht akzeptiert werden. Moses kann nur schwer mit dieser Erkenntnis umgehen und als sich das Gerücht verbreitet, wird er ins Exil geschickt. Nach vielen Jahren empfängt er dort von einem Jungen nebst eines brennenden Busches eine Botschaft, die ihn auffordert die Israeliten aus Ägypten zu befreien. Wo kommt der Junge her? Woher weiß er all das? Hat gerade Gott zu ihm gesprochen?

Hintergrund

Neulich habe ich im Blog schon Mal die Kontroverse angeschnitten, die Ridley Scott mit dem Film ausgelöst hat. Ein in Ägypten spielender Film mit westlichen Darstellern – ginge das nicht anders? Musste man Christian Bale nun mit Bräunungspaste vollschmieren, anstatt einfach auf Darsteller aus der Region zurückzugreifen? Scott war da ziemlich offen und hat gesagt wie es ist, auch wenn es weh tut. Ohne bekannte Namen, hätte er den Film nicht finanziert bekommen. Traurig, aber wohl leider wahr.

Fazit

Der Film thematisiert zum Großteil auch Moses Schwierigkeiten sich mit dem anderen Weltbild und der anderen Religion zu definieren. Er ist nicht damit aufgewachsen, was aber auch nicht bedeutet, dass er aufgrund seiner Herkunft die Religion automatisch annimmt. Er fühlt sich auch nicht den Kräuterhexen-mäßigen Bräuchen der Gefolgsleute des Pharaos verpflichtet, sondern ist was das betrifft vielleicht sogar ein Freigeist. Erst ein surreales Erlebnis ist der Auslöser dafür, dass er all diese Umstände und angeblichen Wahrheiten nach und nach akzeptiert. Und selbst dann bleibt er ein Kritiker und prangert die Schärfe und Härte der Plagen an. Damit ist Moses eigentlich eine Figur mit der sich viele meiner Meinung nach identifizieren könnten. Am ehesten ist noch der Unmut einen vermeintlichen Bibelfilm zu schauen der Knackpunkt. Soviel kann ich aber schon Mal sagen: ein Bibelfilm ist das nicht wirklich. Ridley Scott hat hier einen Actioner geschaffen, der an eine der wahrscheinlich mitreißensten Schilderungen aus der Bibel angelehnt ist. Für einen Bibelfilm ist da aber viel zu viel freie Interpretation drin. Stattdessen wird hier auf Action gesetzt und ein wenig auf das brisante Thema der Religionen und gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz, ebenso wie Ausbeutung. Und als das ist der Film ein ziemliches gutes und spannendes Lehrstück und funktioniert für mich.

Die Schwächen liegen eher in der ersten Hälfte des Films, die viel zu lang und zäh eine Basis aufbaut und Moses und Ramses charakterisiert. Da hätte man definitiv kürzen können. Ich persönlich finde es außerdem sehr schade, dass einige Stellen im Gegensatz zu der Darstellung in der Bibel geändert wurden. So hätte ich es lieber gesehen, wenn auf das Kind als Überbringer der Botschaften verzichtet worden wäre. Was war denn an dem brennenden Busch so schlecht? Dass das Kind außerdem als so kriegerisch rüberkam, fand ich bedenklich. Da empfand ich andere, frühere Inszenierungen als passender. Ansonsten geht Ridley Scott bei dem Film effekt-technisch in die Vollen. Insbesondere die Plagen greifen ineinander und sind fast durchweg der Auslöser für die nächste Plage, was nicht nur visuell gut umgesetzt ist, sondern dem ganzen auch einen akzeptablen, nicht über-christlichen Anstrich verpasst. Insgesamt hat mich aber die Akzeptanz-Frage und der Kampf für Freiheit sehr mitgenommen und ergriffen. Bei besagter Stelle am Meer habe ich fast auf meinen Fingernägeln gekaut. Die Leistung von Bale und Edgerton fand ich ausgesprochen gut, bin aber wenig überzeugt von den großen Namen, die in teilweise winzigen Rollen verwurstet werden. Wieder alles des lieben Scheins und Seins und wegen des Finanzierungs- und Prestige-Rummels? Alles in allem für mich ein mitreißender Film mit aktueller Brisanz und ein paar Schwächen. Es ist aber anzunehmen, dass jeder an den Stoff anders herangeht.

(8/10)

Sternchen-8

Menschen gucken Filme unterschiedlich … sind eure Reviews komplett objektiv? Glaubt ihr, dass es objektive Reviews gibt? Ich nicht. Meine sind subjektiv gefärbt. Aber ich versuche stets mich zu ‚bremsen‘ und ermahne mich zu Objektivität. Manche von euch wird es vielleicht interessieren, ob ich christlich bin, um einschätzen zu können wie ich dem Film bezüglich meiner Werte gegenüber stehe. Ja, ich bin gläubig: evangelisch bzw. protestantisch. Aber nicht streng, kreationistisch oder sonstwas. Man könnte sagen, dass ich ein bisschen meine eigenen Regeln und Grundsätze habe was das betrifft. Wäre Exodus ein ‚Bibelfilm‘ im klassischen Sinne, ist nicht raus, dass ich ihn mir angeschaut hätte. Habt ihr Exodus gesehen? Wie fandet ihr den? Seid ihr mit bestimmten Erwartungen in den Film gegangen? Und wie war das Publikum bei euch so? Verfilmungen von Bibelstoffen ziehen viele Leute in die Kinos und rufen kontroverse Diskussionen auf den Plan. So zu hören während des Films im Kino … und ich bin nicht der Meinung, dass man Kiddies in einen so brutalen Film mitnehmen sollte – Bibelstoff hin oder her.

20 Antworten

  1. Hm, hm, hm. Scheint eher ein Fantasy-Film zu sein 😉 Ramses nicht geeignet als Thronfolger? *räusper* Er hat immerhin 66 Jahre lang ziiieeemlich erfolgreich regiert… Ok, brutal und größenwahnsinnig waren sie alle 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Eben – dass jemand lange Regent [edit] war, ist wohl leider kein Beweis für seine Qualitäten. Im Film wird er (hab ich ja oben geschrieben) eher als ungerecht und desinteressiert dargestellt.

      1. Nee, ich meinte, er hat 66 Jahre lang regiert, nicht dass er lange Thronfolger war. Und seine Regierungszeit war eine Blütezeit für Ägypten Ungerecht war er vielleicht, aber dass er desinteressiert und ungeeignet war, ist sehr unwahrscheinlich 🙂

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Ich habe mich nur verschrieben, ich meinte Regent, nicht Thronfolger.
          Kann meinetwegen auch sein, dass es eine Blütezeit war. Aber wenn die auf dem Rücken von vielen tausenden Sklaven erarbeitet wurde, fänd ichs nich so cool.

          1. Ja, klar, aber das war unter allen Pharaonen so, nicht nur unter Ramses. Wobei man heute glaube ich annimmt, dass z. B. die Pyramiden weniger von Sklaven als von qualifizierten Arbeitern errichtet wurden. Müsste ich jetzt aber nachlesen. Das war natürlich auch das Alte Reich.

  2. Oha, klingt ja erstaunlich gut. Ist wohl die positivste Kritik, die ich bisher zu dem Film gelesen habe. Ich mag ja Ridley Scott, doch Bibelverfilmung? Hmm, spricht mich so gar nicht an. Vermutlich hole ich ihn dann doch irgendwann mal auf Blu-ray nach… kenne mich doch… 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ich denke das viele an dem Film kritisieren, dass er auf Bibelstoff basiert und das Haar in der Suppe suchen. Die allgemeine Auffassung zu Bibelverfilmungen ist leider negativ. Alle wollen derzeit sehr tolerant sein, aber dass diese Geschichte sehr arg für Toleranz plädiert, wollen viele nicht sehen und wettern erstmal los. Eigentlich traurig sowas.

      Ein Bibelfilm ist es übrigens nicht wirklich. Der klassische Bibelfilm strotzt leider manchmal vor Pathos, ist übergenau und manchmal etwas öde inszeniert. (Mal abgesehen davon, dass die auch gute Eigenschaften haben wie die Werte, die sie vermitteln wollen.) Und der hier ist nicht sehr genau, aber sehr dramatisch und actionreich inszeniert.

      1. Avatar von Eskapist
        Eskapist

        Du kannst dem Film einiges Gutes abgewinnen und ihn schließlich als spannende Unterhaltung akzeptieren. Das ist völlig in Ordnung. Meine ganz subjektiven Probleme mit dem Film, den ich nicht gesehen habe, ist, dass mir die amerikanische Blockbustermentalität, in der alles letztlich in gewaltige Actionszenen münden muss, einfach inzwischen auf den Wecker geht. Deine Anmerkung zur Schauspielerproblematik passt da perfekt dazu. Ich bin es ein bißchen satt. Um mich etwas einzuordnen: ich liebe Game of Thrones wegen der Bilder, nicht wegen der Story, ich liebe aber vor allem gut erzählte Geschichten, von Schauspielern, die sie gern erzählen (House of Cards, Orange is the new Black, sogar Outlander ist schön anzuschauen, trotz etwas haarsträubender Geschichte, und der Geheimtipp, für alle, die ein bißchen im Kulturbetrieb tätig sind: „Mozart in the Jungle“ bei Amazon). Ich finde es sehr heikel, wenn ein Filmteam (Autor/Regisseur/Produzent) sich aus kommerziellen Gründen mit Religion beschäftigt. Das ergibt entweder eine gezielt bibeltreue Verfilmung für die Hardcore-Christen oder eine hochspekulative „Interpretation“, bei der es im wesentlichen darum geht, einen Superhelden zu kreieren, der mal nicht aus Comics stammt, in diesem Fall Moses. Gibt es auch Koran-Verfilmungen? Gibt es Kinofilme mit Konfuzius? Verfilmen die Inder die Upanishaden? Weiß hier jemand mehr darüber? Würde mich über Anregungen freuen.

        Ich nehme gern zur Kenntnis, dass es Ridley Scott gut gelungen ist, diesen Spagat aus Kommerz und ernsthafter Interpretation der Bibelvorlage hinzukriegen. Ist aber für mich immer noch nicht verlockend, eben weil ich auch immer den biblischen Hintergrund vor mir sehe (der mir unangenehm ist – das ist mein persönliches Problem) und auch sehe, wie aus christlichem Auge – das wir wohl oder übel auch akzeptieren müssen – hier das göttliche Wirken etwas reduziert wird, so wie es alle Versuche darstellen, die biblischen Ereignisse wissenschaftlich zu erklären: der brennende Dornbusch ist längst geklärt, das geteilte Meer ist noch ein bißchen unklar. Das ist moderner Umgang mit Religion: Wir haben kein Problem mit deinem Gott, aber dein religiöser Hokuspokus ist pure Fantasy basierend auf ein paar Naturereignissen. Ich bin nicht religiös, aber ich finde es nicht in Ordnung, es anderen ausreden zu wollen, noch dazu mit einem kommerziellen Hintergrund (ich weiß, auch die Missionare hatten einen kommerziellen Hintergrund, aber wir sollten dieses Spielchen einfach beenden). Mir persönlich ist Religion als Filmthema nicht geheuer, was aber nicht gegen einen Film in einer religiösen Gemeinschaft oder mit einem verbohrten religiösen Fanatiker spricht. Da geht es ja dann nicht um die Religion sondern um Leben mit Religion. Dazu gibt es wiederum viel zu erzählen.
        Wenn er „kein Bibelfilm“ ist – du meinst damit sicher, er ist nicht bibeltreu –, aber trotzdem eine biblische Legende interpretiert, so ist er für viele mit christlichem Hintergrund – betrifft auch mich – eben doch ein Bibelfilm, denn er bietet mir gewissermaßen den Ausstieg aus einer religiösen „Lüge“ an. Zugutehalten darf man dem Film lediglich, dass die Geschichte um Moses einen historisch verbürgten Hintergrund hat.
        Es geht nicht um Toleranz in Form von Stillsein und etwas zähneknirschend zu akzeptieren, sondern um einen ernsthaften, anteilnehmenden Umgang mit Religion, insbesondere durch Menschen, die nur Geld als ihre Religion betrachten. Ich werde den Koran nicht lesen und anschließend der islamischen Welt erklären, wo Mohammed sich irrt. Denn aus meiner nichtreligiösen Sicht irren natürlich alle Religionen, obwohl sie zumeist einen akzeptablen Kern haben (auch der Islam), der das menschliche Zusammenleben ganz ordentlich regelt. Eigentlich kann man sich nur über diesen Kern ernsthaft unterhalten, denn alles andere ist eben Glaube und irgendwie sehr privat. Oder wollen wir uns über den keltischen Fruchtbarkeits-Ritus unterhalten, den wir vor knapp vier Wochen alle gefeiert haben? Wollen wir diesen seltsamen Brauch zerpflücken und schließlich als Unsinn abtun und nächstes Jahr darauf verzichten?

        Um nochmal das aufgeblasene Blockbusterkino aufzugreifen (von dem ich mir durchaus manches auch gern anschaue): Ich habe kürzlich „Under the Skin“ (Jonathan Glazer) gesehen, und war von seiner Stille und Langsamkeit mit gleichzeitig sehr spannenden Bildern begeistert (diesen horrormäßigen Realismus, das muss man erst mal hinkriegen). Scarlett Johannson zeigt, dass sie mehr drauf hat, wenn sich ein Regisseur findet, der mehr aus ihr rausholt als rein sportliche Leistungen. Luc Besson ist das mit „Lucy“ leider nicht gelungen. Vor kurzem habe ich zufällig – die Filmkritiker reden leider nur noch über Blockbuster – „Only Lovers left Alive“ von Jim Jarmusch entdeckt und ihn seither noch zweimal gesehen: so langsam, so schön, so gute Musik, und doch auch soviel Inhalt, und alles ohne großes Getöse, und gerade in diesen Zeiten einen tollen Bogen vom sterbenden Detroit ins seit Jahrhunderten unveränderte Tanger gespannt. So geht’s auch. Und dass hier Swinton und Hiddelston als „Superstars“ dem Film etwas mehr Aufmerksamkeit verschaffen (dank ihrer geringen Gagen, finanziert von der ARD) ist nicht nur unter kommerziellen Aspekten völlig in Ordnung – Jarmusch kann das leider gut gebrauchen, denn die Kinobesitzer ziehen natürlich jedes Ridley Scott-Werk vor –, sondern auch in schauspielerischer: denn in diesem Film dürfen die beiden wirklich spielen, während das Blockbusterkino halt nur mit Stereotypen arbeitet und einfach nur ein spannendes Gesicht und einen zugkräftigen Namen verlangt.
        Letzter Punkt hält mich inzwischen weit mehr vom Kino fern, als die Überfrachtung mit Tricktechnik und Action. Es gibt so wenig wirklich spannende Stories und es gibt wenig wirklich spannende schauspielerische Leistung (subjektiv gesehen aus dem Blickwinkel eines langjährigen, „gesättigten“ Filmfans).
        Vergleicht die Golden Globes mit den Oscars. Da kommt der Unterschied auch schön zum Vorschein. Während das Kino nur noch selten eine wirklich große schauspielerische Leistung hervorbringt – und sie dann gern mit einem Oscar auszeichnet – stehen bei den Golden Globes (hier wird das Fernsehen nicht ausgeschlossen) ganz stark die Story und die Schauspieler im Mittelpunkt, obwohl Fernsehen inzwischen locker mit Kino konkurrieren kann (siehe Game of Thrones). Die Nominierten sind hier alle sehenswert, bei den Oscars ist das schon nicht mehr der Fall.
        Ich hoffe, ich war jetzt nicht zu pauschalisierend. Das Thema ist so groß, und der Platz so klein. Es gibt weiterhin exzellentes Kino (aber immer weniger), und ich freue mich auf Bladerunner 2 (wenn auch mit Bauchschmerzen).

        1. Avatar von Eskapist
          Eskapist

          Oh, Sh…! Der Text bezog sich eigentlich auf Miss Boleanas nächste Antwort. Gibt’s hier keine Korrekturmöglichkeiten? Hmmm ….

          1. Avatar von Miss Booleana
            Miss Booleana

            Nein, eine Editierfunktion gibt es für die Leser nicht, nur für Blog-Admins. (Und das ist auch so gewollt)

        2. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Zu deinem ersten Absatz: Gut. Denn ansonsten hätte ich deinen Kommentar nicht verstanden und mich weiterhin nur gefragt, ob du den Artikel gelesen hast oder nicht und wie ich den Kommentar interpretieren muss.
          Prinzipiell finde ich es nicht schlimm, wenn man sich eines solchen Stoffes für einen Blockbuster bedient. Letztendlich darf man eine Sache nicht vergessen: man öffnet den Stoff für viele Menschen und fördert vielleicht eher noch die Akzeptanz. Aber wie gesagt … ich bin zur Zeit sowieso sauer, weil mir für diesen Artikel eher Abweisung ggü Bibelfilmen entgegen schlägt, also funktioniert mein Gedanke da scheinbar nicht. (Enttäuscht!)
          Koran-Verfilmungen sind mir nicht bekannt und ich vermute, dass das auch eher etwas schwer wird wegen der Akzeptanz des Islams in der restlichen Welt. Eine Verfilmung würde sicher Aufsehen erregen. Und dann gibt es da ja noch das Problem mit dem Abbilden des Propheten beispielsweise.
          Was aber andere Religionen betrifft, gibt es da durchaus sehr viele Beispiele. Zum Beispiel gerade in Indien gibt es ausgesprochen viele Serien.
          http://www.aljazeera.com/indepth/features/2014/01/hindu-mythologies-rule-indian-television-20141179558915889.html
          http://www.wsj.de/nachrichten/SB10001424052702304751404580046750376822756
          http://en.wikipedia.org/wiki/Category:Indian_mythological_television_series

          Ich denke aber nicht, dass zu erwarten ist, dass sich US-Formate dieser Stoffe annehmen. Vermutlich bin ich da jetzt unfair, aber ich denke nicht, dass irgendetwas eine Chance hat, was nicht zum amerikanischen Kulturkreis gehört. Das ist wie Scotts Begründung für die weißen Schauspieler: kriegt man nicht finanziert, weil die Studios nicht sehen, dass sich das jemand anguckt.

          „gewis­ser­ma­ßen den Aus­stieg aus einer reli­giö­sen “Lüge” an“ – und hier sitze ich nun und bin zähneknirchend still, weil ich ja religiös bin, aber akzeptieren muss, dass andere das nicht sind und mir sagen dürfen, dass sie das alles blöd finden. Auch wenn du das versuchst umfassend zu erklären und diplomatisch zu sein.

          Blockbuster-Kino ist für mich akzeptabel und manchmal auch gewollt. Ich habe sehr große Lust am Kino und steige lediglich dann aus, wenn die Story zu einfach und substanzlos ist und in ein Michael-Bay-Kawumm-Szenario mündet. Sobald es eine Botschaft gibt und der Action-Mist dieser Botschaft dient (und nicht andersrum), dann bin ich gerne dabei und habe da in letzter Zeit auch wenige Pleiten erlebt. Eben weil ich u.A. Michael Bay und Konsorten aus dem Weg gehe. Die einzige Pleite in jüngerer Zeit war eben auch „Lucy“ – habe es mir gerade erst vor ein paar Wochen angeschaut, weil ich den Eindruck hatte, dass viele davon begeistert waren und ich den Film vielleicht unterschätzt habe. Der grundgedanke war gut: die Kapazität des Hirns erweitern usw. Aber die Umsetzung … mit Abstand das schlimmste, was ich seit langem gesehen habe.

          Genauso bin ich aber ein großer Fan von kleineren und stilleren Produktionen, bei denen die Handlung im Vordergrund steht. Da ist Only Lovers Left Alive ein ausgezeichnetes Beispiel. Dramen oder stille melodramatische Komödien oder Filme, die in gar kein Genre passen. Von daher kann ich deinen Standpunkt da gut verstehen, verteufele aber das Blockbuster-Kino nicht vollkommen. Das hat schon seine Daseinsberechtigung.

          1. Avatar von Eskapist
            Eskapist

            Herzlichen Dank für die umfassende Antwort – und die Recherchen zu Filmen in anderen Religionen.
            Deine Enttäuschung über die fehlende Begeisterung für „Exodus“ tut mir leid, allerdings will ich mich jetzt nicht auf dieses Thema einlassen, denn dann landen wir genau dort, wo man mit Argumenten nicht mehr weiterkommt und es sehr privat/persönlich/nicht auf andere übertragbar wird. Genau hier bist du auf den Kern meines Unbehagens mit religiösen Inhalten im Kino gestoßen.

            Warum sollte eine Koranverfilmung in der restlichen Welt nicht akzeptiert werden? Weil es die falsche Religion ist? Aber die restliche Welt muss doch auch die Bibelverfilmungen hinnehmen. Wer sie nicht mag, führt sie nicht auf – wäre interessant zu wissen, wie unsere Blockbuster in der islamischen/asiatischen Welt aufgenommen werden, große Proteste sind mir bisher nicht bekannt. Hollywood achtet inzwischen sehr darauf, dass seine Filme auch in Asien akzeptabel sind – dort sitzt das große Geld. Noah und Moses sind alttestamentarische Stoffe, sollten also auch in der arabischen Welt zumindest inhaltlich akzeptabel sein.
            Das Abbilden des Propheten Mohammed ist ein spannendes Argument, denn wir sollten das Problem doch gut kennen: das Bilderverbot wird seit altersher aus den 10 Geboten abgeleitet, ist also alttestamentarisch und wird von den Juden und Mohammedanern noch hochgehalten, während es bei den (sehr flexiblen) Katholiken geradezu ins Gegenteil verkehrt wurde (insbesondere von den Orthodoxen), bis es dann Martin Luther erneut wieder auf den Tisch gelegt hat. Der Islam bewegt sich hier also weit mehr in christlicher Tradition als der bildverliebte christliche Westen, der sogar Filme wie „Bruce Allmächtig“ hervorbringt, in den Gott leibhaftig auftritt. Aber was die richtige Tradition ist, ist ja auch schon wieder diskutierbar …
            Ich möchte das hier abbrechen, eben weil es zwangsläufig eine Diskussion über Religion wird. Nochmal: Genau weil es immer auf sowas rausläuft, sind mir Bibelfilme nicht geheuer. Und jetzt, wo ich ein Stück weit erkenne, mit wem ich mich unterhalte, tut mir meine „religiöse Lüge“ schon wieder leid, aber so ist das mit der Subjektivität, sie stößt an Grenzen, wenn man es mit einem anderen Subjekt zu tun hat.

            Danke für die Links, dafür liebe ich die moderne schriftliche Kommunikation.
            Und sofort stößt man auch in diesen Texten auf die Kommerzialisierung und Instrumentalisierung von Religion. Aus dem Wall Street Journal: „In ganz Indien werden hinduistische Überlieferungen umgeschrieben und neu bebildert. Befürworter des Trends argumentieren, die Legenden erhielten dadurch eine größere Bedeutung für die Jugend der sich herausbildenden indischen Mittelschicht.“ Geschäftemacher und Missionare (Volkserzieher) ziehen an einem Strang. Sorry, aber hier finde ich schon keine Religion mehr, hier geht es nur noch um Geld und Erziehung bzw. sogar Machterhalt und Indoktrination mit raffinierten modernen Mitteln – etwas, das ich Ridley Scott nicht unterstelle.
            Nochmals Danke für die Mühe, denn jetzt sehe ich unseren Superhelden-Wahnsinn in einem größeren Bild eingeordnet, z.B. dass unabhängig von den Religionen die Menschen im Prinzip überall das gleiche wollen. Ahnte ich zwar schon, aber den Glauben, der Westen sei irgendwie voraus oder habe was einzigartiges entwickelt, schleppt man ja doch immer mit sich rum.

            Und nein, ich finde Religion nicht blöd. Dann hätte ich es leichter, zu argumentieren. Religion ist was ernstes und zutiefst menschliches. Aber gerade deswegen möchte ich, dass sie sich im öffentlichen Raum zurücknimmt, außer wir finden wieder zu einheitlich religiösen Volksgemeinschaften zurück und machen Religion zu einem Produkt von Missionaren und Erziehern, dann kann jeder mit einem Riesenkreuz auf der Brust oder einem Kopftuch oder einer Kippa rumlaufen. Religion ist eine persönliche Angelegenheit, alles andere ist der Versuch zu missionieren („es besser zu wissen“, „den wahren Glauben zu haben“, „Seelen zu retten“ …) und das führt unweigerlich zu richtig viel Ärger.

            Ach, Luc Besson – ich mochte seine Versuche, dem amerikanischen Film etwas europäisches entgegenzusetzen. Seine Auswahl an europäischen Gesichtern für internationale Blockbuster fand ich immer prima. Aber dann hat er sich so für amerikanische Stoffe begeistert, verfilmt sie mit amerikanischen (oder in USA beliebten) Stars und hechelt eigentlich nur noch der Entwicklung hinterher (oder hat Scott recht, ist man nur so erfolgreich?). Er hatte noch nie viel Substanz in seinen Filmen, aber jetzt ist ihm auch noch der Humor abhanden gekommen. Vielleicht kommt er bald mit einem Euro-Man-Film. Ich bedaure das sehr. Blockbuster ist ja an sich schon ok, aber es muss halt trotzdem gut sein (Der Pate, Bladerunner, Star Wars, Star Trek, vieles von Spielberg, der erste Spiderman, das meiste von Scott, Nolan, die Coppolas …). Ich glaube, wir meinen schon das gleiche, aber im Detail gibt es Unterschiede, und das ist gut so.

            Herzliche Grüße

  3. Avatar von Eskapist
    Eskapist

    Klingt ja fast, wie ich befürchtet hatte. Ich bin ein Fan von Ridley Scott, aber kein Freund biblischer Inhalte (in diesen Zeiten? Mal ehrlich, gibt’s sonst keine Themen?). Mein Interesse den Film zu sehen, hält sich daher in Grenzen, habe auch „Noah“ bis heute noch nicht gesehen und seine Existenz schon fast vergessen – es gibt also auch ein Leben ohne. Spannend ist deine Frage nach Objektivität in Reviews. Ich halte sie nur schwer für möglich, habe aber mit Subjektivität an sich kein Problem, wenn der Reviewer nicht als Geisterfahrer auftritt. Bin andernorts schon wütend ausgestiegen, wenn eine Serie von erfahrenen Schreibern mit guter Begründung hochgelobt wurde und andere Foristen regelrecht gegen so ein Urteil protestierten, einzig mit der Begründung: „Mich langweilt die Serie“ oder „Ich verstehe das Zeug nicht“. Dass nicht jedem alles gefällt, dass jeder Vorlieben und Abneigungen hat, dass manches erst mit eigener Lebenserfahrung nachvollziehbar wird, versteht sich doch von selbst. Wenn ich gezwungen werde, eine Teenie-Romanze anzuschauen, kann ich zwar den Inhalt relativ sachlich wieder geben, aber zwischen den Zeilen wird man sicher erkennen, dass ich manche Handlungsweise der Protagonisten nicht verstehe bzw. es besser gemacht hätte (schon klar, heute kann ich leicht reden). Mein Fazit kann aber trotzdem lauten: Das war handwerklich gut gemacht, ohne billige Tricks und wenn ich 17 wäre, hätte mir vielleicht auch die Story gut gefallen.
    Wäre es wünschenswert, dass eine Review oder gar eine tiefergehende Kritik von einer Frau sich dank exzellenter Objektivität nicht von der eines Mannes unterscheidet? Ist es wirklich schlecht, wenn ein älterer Kritiker gelangweilt zum Ausdruck bringt, dass der Film Plots und Sujets aufwärmt, die man schon x-mal gesehen hat, auch wenn ein jugendlicher Zuschauer, der sie zum erstenmal sieht, erstaunt und begeistert ist? Wie wollen wir da objektiv sein?
    Meine Idee besteht eher darin, Kritiker zu finden, die ich im Laufe der Zeit kennenlerne und etwas verstehe, so dass ich irgendwann sagen kann, wenn X den Film für zu hektisch hält, wird mir das auch so gehen. Können wir schnelle Schnitte und rasante Handlung objektiv beurteilen? Wie geht das mit einem 20jährigen und einem 50jährigen Zuschauer? Solange mir jemand halbwegs plausibel erklären kann, warum er sich gelangweilt hat, kann ich was damit anfangen, wenn er aber nur sagt: „Braucht du nicht anschauen, ist total langweilig.“ nützt mir das wenig.
    So wie du auf Schwächen der Story hingewiesen hast, – oh ja, die Amerikaner in Ägypten, Abschweif: der Film „Baikonur“ mit echten Mongolen, oder Kasachen? gedreht und gerade deswegen soooo schön – ist das doch schon ganz gut. Wir alle gehen aber trotzdem in Filme mit solchen Schwächen, weil es noch anderes gibt, weswegen man einen Film schaut: Schauspieler/innen, beeindruckende Technik, wegen des Themas … manches muss man einfach selbst sehen. Aber eine Review gibt oft schon einen ersten Anhalt, aber ich muss den Reviewer schon etwas kennen oder die Review muss eben gut sein.

    Wünsche noch ein spannendes 2015 mit vielen guten Diskussionen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Klingt fast wie du befürchtest hast?
      Ich mochte den Film und habe dementsprechend eine überwiegen positive Kritik geschrieben. Hattest du das ‚befürchtet‘?

      Noah war ein komplett anderer Film. Mit einem Fantasy-Ansatz, der mit dem Gedanken spielt, dass bereits einmal eine industrialisierte Gesellschaft zu Grunde gerichtet wurde. Und die Interpretation von Engeln ist auch sehr sehr eigenwillig – aber ich hätte gerade gedacht, dass das der eine oder andere wieder modern, anders und mutig findet.
      Wer sich aber über Bibelstoffe lustig machen will, findet da durch die ganzen modernen Ansätze leider viel Futter.

      Was deine Kritik an unbegründeter Kritik betrifft, kann ich dir nur zustimmen und erlebe das auch sehr oft. Solche simplen, dumpfen Begründungen wie ‚ich fand den Film langweilig‘ sind enttäuschend und machen mich manchmal etwas ärgerlich. Wenn Leute nicht mit sich reden lassen und nichts begründen können, zeugt das ich nicht gerade von gesteigerter Intelligenz.

      In dem Sinne – danke für deinen Kommentar und die Diskussion! 🙂 Wünsche dir ebenfalls ein spannendes 2015

  4. Es kann doch gar keine objektiven Kritiken geben… ich will doch gerade deine Meinung lesen 😀

    Aber der Film reizt mich trotzdem so überhaupt nicht. Ich mag diese Bibel-Stories nicht so sehr. Fand Noah letztes Jahr schon recht anstrengend.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Haha, das wollte ich hören 😉 😀

      Ja, Noah war ziemlich … speziell. XD Während das eher ein Fantasyfilm war, ist Exodus wohl eher ein Actionfilm. Wenn man die erste Dreiviertelstunde durch hat (die eindeutig zu langsam inszeniert ist), wirds eigentlich ganz interessant. V.A: weil Christian Bale die ganze Gott-Sache nicht so ganz geheuer ist.

  5. Also gibt es dort keine Steinriesen? x)

    Eine objektive Review ist sehr schwierig, wenn sogar nicht machbar. Man müsste alle Aspekte beachten und immer wieder mit allem vergleichen, was ja unmöglich ist, da man nicht alles kennt.
    Selbst aus filmhistorischer Sicht, wo man für sich sagt, dass der Film originell und neu ist, aber objektiv gesehen gab es soetwas schon 40 Jahre zuvor.
    Ich bin für subjektive Reviews 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Neeeiiin, da gibt es keine Steinriesen 😉
      (hatte mich schon drauf gefreut)

      Ich bin auch für subjektive Reviews und denke, dass das mit der Objektivität so nicht gibt.
      Da würde dann das Herz fehlen – die Interpretation und am Ende redet man nur über Kameras und Schnitte und misst es am Ende am Durchschnitt. Das wäre schon schade …

  6. […] habe nichts zu meckern. Eine Kon­tro­verse wie­der­holt er aber immer und immer wie­der. Bei Exo­dus — Göt­ter und Könige musste er sich bereits den Kri­ti­kern stel­len und erklä­ren, warum er immer wie­der […]

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