In letzter Zeit sind auf dem Blog die Serienreviews etwas zu kurz gekommen. Sprich: es hat sich was angesammelt. Um aber nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und überdimensioniert lange Artikel zu schreiben, gibts jetzt erstmal nur ein paar Reviews. Das ist gut. Das gibt mir noch Zeit mir nette Worte zu überlegen, damit meine Review zu Akte X nicht ganz so vernichtend klingt. Es gilt – wie immer – spoilerfrei für die Staffel, die ich reviewe. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln.
‚Rosemarys Baby‘
Die Serie ist eine erste Ausgeburt der Remake-Welle, in der bekannte Filme als Serie neu aufgelegt werden. Dabei schreit Rosemarys Baby förmlich danach als Fernseh-Mehrteiler ausgestrahlt zu werden, da die Staffel aus nur 2 Folgen zu je ca. 90 Minuten besteht. Die Handlung von Polańskis Klassiker wurde größtenteils übernommen, die Inszenierung modernisiert. Es geht um Rosemary Woodhouse (Zoe Saldana), deren Mann Guy (Patrick J. Adams) eine Stelle als Dozent in Paris annimmt. Der Tapetenwechsel soll beiden helfen über Rosemarys Fehlgeburt hinwegzukommen und ein Start in ein neues Leben sein. So richtet sich das junge Paar in einer winzigen Pariser Wohnung ein und versucht sich an die fremde Stadt zu gewöhnen. Das neue Leben ist aber nicht so mondän wie es sich beide erträumt hatten bis eine zufällige Begegnung mit der reichen Margaux Castevet (Carole Bouquet) sie beide in die feinere Gesellschaft einführt. Margaux und ihr Mann Roman (Jason Isaacs) nehmen die beiden von da an komplett für sich ein. Plötzlich scheint das junge Paar Glück ohne Ende zu haben, während um sie herum schreckliche Unfälle passieren. Als sie beschließen es nochmal zu probieren und wieder ein Baby wollen, bemerkt auch Rosemary, das ihr neues Leben einen Haken hat.
Die Handlung von New York nach Paris zu verlegen, dient der Geschichte anfangs ein wenig, da die Isolation des jungen Paares damit ganz gut dargestellt wird. Sie sprechen nicht die Sprache, finden sich schwer zurecht, finden keinen Zugang zu den Parisern. Das aber auch nur in den ersten Minuten. Danach dienen die Straßenzüge mehr als schicker Anstrich und Augenschmaus – was auch nicht ohne Wirkung ist, wenn man das Flair der Stadt mag. 🙂 Insgesamt ist die Verfilmung aufpoliert und modern und wird dadurch sicherlich einige Zuschauer begeistern. Die Handlung ist aber weniger atmosphärisch – insbesondere in der ersten Episode zieht es sich extrem und ist eher spannungsarm. Die Geschichte wurde mit unnötigen Details in die Länge gezogen, während der eigentlich spannende Teil der Handlung in die zweite Episode gequetscht wird. Leider wirken auf mich persönlich die Darsteller sehr aufgesetzt. Patrick J. Adams als Guy wirkt blass, während Zoe Saldanas Darstellung und die von Carole Bouquet unecht und manchmal übertrieben ist. Ursache dafür muss nicht zwingend das schauspielerische Talent sein, Schnitt und Regie machen viel aus. Schade ist es trotzdem. Dazu kommt, dass die meisten Charaktere sehr eindimensional sind. Insbesondere Guy müsste einige Facetten zur Schau tragen, in seinem Kopf müsste sich ein Gewissenskonflikt mit dem nächsten ablösen. Der großartige Jason Isaacs darf wieder einmal den Bösen mimen. Vielleicht der einzige glaubwürdige Charakter. Die Inszenierung vergeudet dann ihre Ernsthaftigkeit restlos als während einer rasanten Fahrt und dem nahenden Tod eines Charakters der französische Pop-Song „Tu es foutu“ von In-Grid eingespielt wird, was die Szene lachhaft macht, statt bedrohlich und die gruselige Atmosphäre ganz verpuffen lässt. Was soll das denn? Weil es im Musikvideo eine ähnliche Autofahrt gibt? Schräg.
Kurzum: Rosemarys Baby ist eine Miniserie, die v.A. diejenigen begeistern kann, die wissen wollen was an dem Stoff dran ist, aber keine Fans der Machart alter Filmklassiker sind. Und alle anderen greifen vielleicht doch lieber zu Polańskis Film 😉
(6/10)
‚The Fall‘ Season 2
Ich war selten soviel begeisterter von einer zweiten Staffel als von einer ersten Staffel als bei The Fall. Nachdem sich Paul Spector (Jamie Dornan) am Ende der ersten Staffel mitsamt Familie abgesetzt hat, versucht Stella Gibson (Gillian Anderson) Hinweise auf den Täter durch zwei Opfer Spectors zusammeln, die überlebt haben. In der zweiten Staffel gibt es aber einen Zeitsprung und der Zuschauer erfährt, dass für Spectors Frau Sally (Bronagh Waugh) der Neuanfang nicht funktioniert hat. Pauls Alibis drohen aufzufliegen und er reist von Schottland zurück nach Belfast, was ihn wieder in Gibsons Reichweite bringt. Langsam verdichten sich die Beweise bis Spector Gibson gefährlich nahe kommt. Tatsächlich ist in dieser Staffel endlich das versprochene Katz- und Maus-Spiel da und die Serie überrascht mit einer sehr realistisch wirkenden Polizeiarbeit. Schrittweise wird versucht Spector zu überführen und Beweise zu sammeln, anstatt ihn einfach festzunehmen wie es manchmal in anderen Krimis anmutet, die in Folge dessen bei der Verhandlung eigentlich alle kläglich scheitern müssten aufgrund einer löchrigen Beweiskette. Für das zusätzliche schlechte Bauchgefühl sorgt Spectors Beziehung (oder Erziehung) der minderjährigen Katie (Aisling Franciosi), die sich in ihn verknallt hat, ihn sogar erpresst und ganz erwachsen sein will. Und auf die Fresse fliegt? Möglicherweise. Das und Spectors Angewohnheit in das Privatleben seiner Opfer einzudringen, ihre Tagebücher zu lesen, wie ein Geist in ihren Wohnungen zu wandeln, sind unheimlich wie eh und je. So schnell werde ich auch die Szene nicht vergessen in der Spector im Zug eine Frau anspricht und sie fragt ob das Fahndungsfoto ihm ähnlich sieht. Tut es, undzwar sehr. Aber die Handlung kommt maßgeblich voran und macht damit vieles wieder gut, was in der ersten Staffel schief gelaufen ist.
Wo es die erste Staffel nämlich noch mit der Langatmigkeit und dem Realismus übertrieben hat, findet die zweite Staffel den richtigen Mittelweg. Während in der ersten Spectors Gewohnheiten und sein Vorgehen im Vordergrund standen, muss Stella Gibson diesmal den ungewollten Seelenstriptease ertragen, da Spector Gefallen an ihrem Tagebuch findet. Und so bekommt auch der Zuschauer mal ein, zwei Sachen über die kühle Ermittlerin raus. Alle Darsteller sind dabei ausgesprochen authentisch. Wie bewertet oder empfiehlt man aber eine Serie, die einen so durchwachsenen, langatmigen und schmerzhaft-düsteren Start hat? Ist es eine Empfehlung? Ich für meinen Teil würde sagen: die zweite Staffel war es wert die erste gesehen zu haben. Das kommt auf den einzelnen an. Wer es schafft eine düster-deprimierende, langsame Staffel zu schauen und realitätsnahe Serie mag, kann der Serie eine Chance geben.
(8/10)
‚Der Tatortreiniger‘ Staffel 1
„Mein Name ist Schotte und meine Arbeit fängt da an, wo andere sich vor Entsetzen übergeben.“ Den Satz von Heiko „Schotty“ Schotte (Bjarne Mädel) bekommen wir mehr als einmal zu hören. Der Gebäudereiniger ist spezialisiert auf Tatorte. Eine Sonderqualifikation, dank der er die Spuren von Mordfällen beseitigen darf. Wie es der Zufall so will, trifft er dort immer jemanden an und es kommt zu vielen schrägen Situationen und Gesprächen voller Situationskomik. So wenn er beispielsweise einen Schriftsteller antrifft, der nicht gestört werden möchte oder jemand in die Szene platzt. Oder überführt Schotty am Ende sogar noch den Täter? Alles möglich.
Viele lieben die Serie, aber ich habe mich bisher immer dagegen gewehrt. Hauptsächlich weil ich Bjarne Mädel lange mit Stromberg assoziiert habe und der Serie und dessen Humor gar nichts abgewinnen konnte. Aber es lohnt sich über den Tellerrand zu schauen – Der Tatortreiniger kann mehr. Bjarne Mädel wird einem als Schotty in jeder Folge ein Stück sympathischer, wenn er sich mit seiner schnoddrigen Art durch abwegige Situationen navigiert. Die Vielseitigkeit der Episoden ist der zweite große Trumpf. Die spielen ausschließlich an den Tatorten und haben somit ein kammerspielartiges Setup. Jede Folge: neue Orte, neue Menschen. Manch eine Episode ist vor Allem witzig, eine andere grotesk und in der nächsten muss Schotty sogar sich selber hinterfragen und macht ein bisschen Entwicklung durch. Gerade das ist ziemlich schwer in eine Staffel mit 4 Folgen á 26 Minuten einzubauen, aber es ist gelungen. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass mir noch ein übergreifendes Element fehlt. Eine Person in Schottys Leben, irgendwas das auf Schotty und sein Leben abseits der Arbeit zeigt. So oder so ist die Serie ein frisches Format, das zeigt, dass deutsche Serien was können.
(9/10)
Schotty hat’s nicht leicht … eine Szene aus 1×03. (Keine Spoiler)
Welche guten deutschen Serien habe ich bisher noch zu Unrecht ignoriert? Was empfehlt ihr? Kennt ihr eine der oben genannten Serien? Und wenn ja, wie hat sie euch gefallen? Kennt ihr insbesondere den Film und die Serie ‚Rosemarys Baby‘ und wie bewertet ihr die Neuauflage? Wann wurde zuletzt eine Serie eurer Meinung nach zunehmend besser im Gegensatz zu den meisten Serien, die eher schlechter werden?
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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