Vergangene Woche hat das „Academy’s board of governors“ einige Veränderungen an den Academy Awards, d.h. der Verleihung der Oscars verkündet und mit denen ab der nächsten Verleihung im Februar 2019 gerechnet werden darf. Darunter befinden sich einige Veränderungen, die Vor- wie auch Nachteile mit sich bringen und viel Stirnrunzeln. So soll die Verleihung auf eine Laufzeit von drei Stunden eingedampft werden (ggf Werbung nicht mit eingerechnet). Die Zeitersparnis soll dadurch entstehen, dass die Preise einiger Kategorien vergeben werden, während im Fernsehen die Werbung übertragen wird. Diese Kategorien wird es dann lediglich in einem Zusammenschnitt zu bewundern geben. Das hinterlässt einen negativen Beigeschmack und man kann sich schon vorstellen, dass Kategorien wie der beste Kurzfilm o.ä. vor den Augen der Masse verschwinden. Keine fünf Minuten Ruhm mehr für Ausnahmekünstler abseits des großen Publikums, keine Würdigung der Jobs mehr die Filme zu dem machen, was sie sind wie bestes Kostüm? (Spekulationen!) Ein weiterer Aufreger ist aber wohl die Einführung einer neuen Kategorie, die da heißt „Best Popular Film.“
„Populär“
Schaut man mal im Duden das Wort populär nach (Stand 11.08.2018), dann findet man dort die Definition
1. beim Volk, bei der großen Masse, bei sehr vielen bekannt und beliebt; volkstümlich
2. beim Volk, bei der Masse Anklang, Beifall und Zustimmung findend
gemeinverständlich, volksnah
Aha. Aber was bedeutet das jetzt genau? Wann ist ein Film populär? Wie bestimmt man, was die große Masse ist?
Sinn und Unsinn
Es ist sehr offensichtlich, was sich die Academy von der Einführung der Kategorie (und auch der Laufzeitreduzierung) erhofft. Die Änderungen adressieren zum Einen den häufig genannten Kritikpunkt, dass die Oscars einfach eine unglaublich lange, zeitraubende, redundant wirkende Beweihräucherung sind. Aber ist es hier wirklich hilfreich an der Ausstrahlung der Kategorien zu sparen? An Werbung sparen wäre hilfreicher, wohl aber nicht wirtschaftlich genug. Das Einführen der Kategorie des populären Films soll sehr deutlich den Oscar als Filmpreis wieder in das Bewusstsein der Leute rücken und das Gefühl vermitteln, dass dort auch Filme geehrt werden, die sie kennen. Und weil man sich als Zuschauer die breite Masse erhofft, muss man wohl aufgreifen, was die breite Masse schaut. Die Academy Awards befinden sich seit Jahren in einer Image-Krise. Popcornkino-Fans sehen die Academy Awards als elitär und verknöchert, während die Indie-Filmfans, Hobby-Cineasten und Freunde von Nischenkino und anspruchsvollen Filmen die nominierten Filme meist zu prestige-trächtig, amerikanisch und zu weiß empfinden. So richtig scheinen die Awards nicht mehr in die heutige Welt zu passen.
Aber in einer Welt, die Diversität fordert, ist es auch nicht hilfreich Labels zu schaffen. Beispielsweise Filme als populär zu labeln, andere als best film. Was soll man sich nun wünschen als Filmemacher? Oder Filmzuschauer? Zu welcher Sparte will man gehören? Wird es belächelt, wenn man nur in popular film nominiert ist? Und wenn die Möglichkeit eingeräumt wird, dass ein Film in beiden nominiert werden kann, konkurriert er dann nicht mit sich selber und nimmt Plätze unter den Nominierten weg? Wann ist überhaupt ein Film populär? Noch hat sich die Academy nicht dazu geäußert, woran das festgemacht wird. Sind es Einspielergebnisse; ist es der Filmverleih, der am lautesten schreien kann oder die Sternchen, die auf IMDB oder dem renomierten Filmblog Miss Booleana vergeben wurden?? ( 😉 gönnt mir den kleinen Scherz) Zumindest die Autorin dieses Artikels schaut die Oscars jedenfalls nicht, um dort Transformers oder Avengers: Infinity War zu sehen.
Labels machen selten glücklich …
Die Nominierten und Gewinner der Academy Awards waren für mich stets Filme, die durch ihre Merkmale herausstechen. Besondere Filme. Geschichten, die in dieser Form noch nicht erzählt wurden. Krasse Leistungen und Aufwände, die betrieben wurden. Leider wurde das oftmals bierernst umgesetzt und es zogen v.A. Dramen, Kriegsfilme und Biografien mit den Bester-Film-Goldjungen von dannen. In den letzten Jahren hat die Academy versucht immerhin das Problem mit der Diversität zu kitten – wir erinnern uns an #OscarsSoWhite. Zuletzt wurden die Listen der Nominierten immer mal wieder von Filmen durchzogen, die zumindest für mein Empfinden ganz gut in die Kategorie populärer Film passen würden wie beispielsweise Get Out und The Shape of Water. Das sind schöne oder spannende Filme, keine Frage. Aber haben sie das bisschen Mehr? Für meinen (sicherlich biased) Blickwinkel nicht. Deswegen dachte ich schon bei ihrer Nominierung, dass sie bewusst gewählt wurden, um populäre Filme ins Rampenlicht zu bringen und ihre Zuschauer vor den Fernseher während die Oscars laufen. Aber auch wenn die populären Filme für mich (oftmals) nichts sind und meiner Meinung nach diese Auszeichnung (oft) nicht verdienen, empfinde ich es als viel schädlicher zu labeln.
Wenn sie der Meinung sind, dass der Film outstanding ist, dann müssen sie ihm eben den Preis für den besten Film geben. Aber wem hilft es, wenn man zwischen besten Filmen und populären Filmen unterscheidet? Ich glaube weder Filmschaffenden, noch Fans, noch irgendwem. Es schafft Fronten und grenzt Filme auf das eine oder andere ein. Auch wenn ein Film in beiden Kategorien nominiert sein kann, dann gibt es eventuell saure Minen. Wieviel ist ein Film wert, der populär ist, aber kein bester Film? Wieviel ist ein bester Film wert, der nicht auch den Preis für den populären Film erhalten hat? Usw. Und was ist mit Filmen, bei denen die Grenzen sowieso verschwimmen? Wo wäre La La Land nominiert gewesen? Und Herr der Ringe? Ist es in einer Welt, die diskutiert, ob die Unterscheidung zwischen bester männlicher Hauptdarsteller und beste weibliche Hauptdarstellerin fair ist, nicht unsinnig noch mehr Labels zu schaffen?
Ihr seht ich bin kein Freund von diesen angekündigten Änderungen und denke, dass sie versuchen die Kritikpunkte an den Academy Awards auf die falsche Art zu lösen. Aber vielleicht werfe ich jetzt auch zu früh mit Steinen, denn was das alles genau bedeutet, steht noch nicht fest. Wie seht ihr das? Empfindet ihr das als valide, attraktive Änderungen? Wie definiert ihr für euch „populäre Filme“? Und würdet ihr diese Academy Awards lieber sehen als die alten? Wenn ihr etwas an dieser Veranstaltung und diesem Filmpreis verändern könntet, was wäre es? Was man allerdings nicht aus den Augen verlieren darf: es ist ein amerikanischer Filmpreis, der vorrangig, die US-Filmindustrie adressiert.
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