Juchu, ich habe wieder einmal an einer Blogparade teilgenommen und die Deadline verpasst ^^‘ Auf #blogswirken bin ich durch den Beitrag von Daniela auf ihrem Blog Verlorene Werke aufmerksam geworden. Während die Blogparade von Katrin Hilger adressiert, dass Blogs mehr sind als Influencer und dazu aufruft „Erfahrungsberichte […], Trendartikel oder was Bloggen für euch bedeutet“ zu teilen, erweitert Daniela den Aufruf dazu, aufzuzeigen, was Blogs können und sie wieder als Plattformen für kritische Auseinandersetzung hervorzuheben. Indem wir uns nicht selbst beweihräuchern, sondern zeigen, dass Blogs mehr sind als nette social media Profile mit adretten Kaffeetassen und Funkos, die anschaulich neben Büchern stehen. Sondern in dem wir diskutieren und tun wofür wir Blogs gestartet haben: schreiben. Uns eines Themas widmen und dieses diskutieren, statt einzig und allein Buchbesprechungen und netten Lifestyle-Beiträgen. Ich sage: jawoll! Mehr davon! Und berichte davon wie mir das Bloggen bei der Auseinandersetzung mit kulturellen Inhalten geholfen hat, den Blick für Analyse schult und warum es so wichtig ist über Bücher zu reden – auch abseits der Blogwelt.
Erfahrungen aus dem Bloggen …
Das Bedürfnis über das erlebte zu reden, war immer da. Ich weiß nicht warum. Bei vielen in meinem Bekanntenkreis ist das Gefühl über ein gelesenes Buch reden zu wollen gar nicht vorhanden. So gründete ich vor vielen Jahren diesen Blog. Nicht nur für das Fabulieren über Bücher, sondern auch Filme, Serien, Alltagserlebnisse. Vielleicht bin ich einfach mitteilungsbedürftig. So oder so habe ich durch das Bloggen einiges gewonnen. Gute Freunde – teilweise hunderte Kilometer weit entfernt. Die wenigen Treffen während oder auch mal abseits der Buchmesse sind immer wieder Highlights und Momente, in denen sich gleichgesinnte Seelen treffen. Ohne den Blog hätte ich diese Menschen nicht kennengelernt.
Dazu kommen die gleichen Interessen und Impulse, die ich durch die Blogs der anderen gewinne. Sowohl in dem, was wiederum sie besprechen, als auch in ihren Gedanken unter meinen Besprechungen und Beiträgen. Vor Allem in der Anfangsphase hat der Austausch mein Auge geschult. Nach einer gewissen Zeit habe ich Bücher angefangen anders zu lesen als vorher. Vielleicht kritischer, vor Allem aber mit mehr Durst nach dem „Warum“. Dem „Was willst du mir sagen“. Und oftmals auch nach dem „Wie“. Es ist beispielsweise Kathrin zu verdanken, dass ich überhaupt Hörbücher höre, die Frauen vom Comic-Klatsch 3 Frauen n Comics haben mich mal wieder mehr in Richtung Comics bzw Graphic Novels geschubst und unter meinen Beiträgen zum Russischen Herbst habe ich soviele Lese-Empfehlungen erhalten, dass ich nun schon seit acht Monaten russische Literatur lese und höre. Geplant waren eigentlich 3-4 Monate. Und Herbst ist ja schon lange nicht mehr. Die Sache ist die: das ist wunderbar! Hatte ich vor der Zeit des Blogs zu wenig Austausch und bekam deutlich weniger mit, ist es heute so als wäre Literatur um mich herum, sobald ich Beiträge veröffentliche, Kommentare erhalte und natürlich auch die der anderen lese. Letzten Endes lese ich sogar mehr. Viel mehr. Weil meine Neugier auf Stoffe stetig angefeuert wird.
… gemeinsam lesen
Aktionen gibt es in der Blogosphäre jede Menge. Es mag auch Gewinnspiele oder ähnliches geben, aber hier geht es mehr um gemeinsames Erleben von Themen. So wie Blogparaden, Stöckchen oder sogenannte Tags. Die gingen eine zeitlang inflationär um. So kann man zu einem bestimmten Thema Literatur (oder Filme oder oder oder) entdecken. Aber für mich sind es v.A. Aktionen wie Lesenächte oder das gemeinsame Lesen, indem man kooperativ liest und sich dazu austauscht. In meiner unmittelbaren Umgebung teilen die wenigsten meinen Lesegeschmack 1:1, aber oben erwähnte verwandte Seelen schon. 😀 So folgte ich vor einer gefühlten Ewigkeit dem Aufruf Kathrins für das gemeinsame Lesen von Harper Lees To Kill a Mockingbird. Das war 2015 und wenn ich mich recht erinnere das erste gemeinsame Lesen. Ich war etwas nervös und fragend – funktioniert das? Spoilern wir uns nicht? Haben wir ein ähnliches Tempo? Die Erkenntnis: es ist viel einfacher als gedacht, wir reißen uns alle zusammen und spoilern nicht und das Tempo spielt keine Rolle – das Internet ist auch nachher noch da.
Es folgten mindestens einmal im Jahr weitere. Der Austausch darüber via Twitter. Und immer mal mit wechselnden Mitlesern. Der Gewinn war aber immer derselbe: was ich nicht entdeckte, darauf wiesen die anderen hin. Ein Zitat, eine bedeutungsvolle Stelle, eine Interpretation, eine Inkonsistenz, etwas zum schmunzeln oder einfach Gedanken. Worauf sich einer von uns keinen Reim machen konnte, das nahmen wir gemeinsam auseinander und fanden heraus, was „der Autor uns damit sagen will“. Am stärksten ist der Eindruck bei unserem jüngsten gemeinsamen Lesen, zusammen mit Kathrin, Voidpointer und Jana von Wissenstagebuch. Wir lasen Dostojewskijs „Verbrechen und Strafe“. Das Buch war zäher als gedacht, mit dem Hauptcharakter konnte ich mich wenig identifizieren und die Langatmigkeit hätte wohl dafür gesorgt, dass ich viele Taten weitaus weniger hinterfragt hätte. Was ich bei diesem Buch am stärksten wahrgenommen habe ist wie wichtig es ist über Bücher zu reden und sich auszutauschen. Etwas als kompliziert oder ein Buch als „nicht so toll“ abzustempeln ginge schnell – man blättert einfach weiter. Geht drüber weg. Oder man spricht darüber und findet gemeinsam heraus, was es einem sagen will. Verbrechen und Strafe hätte ich ohne meine enthusiastischen Mitleser ganz anders gelesen. Und deutlich unmotivierter.
… und Gründung eines Buchclubs
Die Erkenntnis, dass über Bücher sprechen die Inhalte zugänglicher macht und man noch mehr aus dem Lesen gewinnt, lässt sich natürlich auch auf die nicht-digitale Welt übertragen. Hat man in seinem direkten Umfeld nicht so sehr viele Lesebegeisterte oder ist bereit seinen Horizont zu erweitern, verlangt vielleicht sogar danach, dann ist die Teilnahme an einem Buchclub eine gute Gelegenheit. Für mich ergab sich die Gelegenheit als in unserer Firma ein Buchclub gegründet werden sollte und man einen Buchwurm suchte, der das Ding starten und koordinieren kann. Für gemeinsames Lesen und die Themen der ersten Runden zog ich einige Ideen aus dem Blog. Und ohne viel Neuerscheinungs-Newsletter zu lesen kannte ich relativ natürlich die meisten Bücher und Autoren, die die Buchclub-Mitglieder mitbrachten, da ich halt viele Blogs lese. Und den Ruf hörten einige in meiner Firma!
So lernte ich nicht nur Kollegen kennen, die man projektbedingt nicht so oft trifft oder mit denen ich bis dahin gar keine Gelegenheit zu sprechen hatte und erkannte: es gibt auch ganz in meiner Nähe Leute die ganz ähnlich ticken wie ich, einen ähnlichen Geschmack und viele Tipps haben. Unseren Buchclub gibt es nun schon seit mehr als einem Jahr. Wir haben einiges gelesen, was nicht in mein übliches Beuteschema passt. Sicherlich passt auch mal was nicht, aber anderes überrascht. Es wurden Dinge interpretiert, die ich ganz anders gelesen habe, die aber ebenso Sinn machen. Es fielen auch bei den anderen Teilnehmern Sätze wie „Das habe ich nicht verstanden – warum war das so?“ und die zu Sätzen wurden wie „Ich gehe in den Buchclub, da weiß ich hinterher mehr über das Buch“. Und wir haben Leute, die alle 3 Jahre mal ein Buch anfassen zu steten Lesern gemacht (Der Langzeit-Versuch läuft noch 😉 ). Es ist bereichernd. Und ich meine auch etwas Stolz bei dem Kollegen erkannt zu haben, der nun deutlich öfter liest als früher. Kann man auch sein. Auseinandersetzung mit Literatur erweitert den Horizont, fördert das kritische Hinterfragen und macht Spaß. Und gemeinsam ist es wie so oft im Leben: noch viel schöner. 🙂
#blogswirken lief eigentlich „offiziell“ bis Ende März, aber wenn euch das Thema interessiert – nehmt doch einfach teil. 🙂 Daniela hat auf ihrem Blog sehr viele Denkanstöße zur Auseinandersetzung mit Literatur geliefert. Mein Beitragsthema entsteht aus dem Gedanken heraus inwiefern Blogs oder auch das Bloggen mein Leseverhalten beeinflusst haben. Mir gefällt der Ruf Danielas zur Rückbesinnung darauf, was Blogs können und was so schnell bei hübschen Bildchen auf social media Kanälen verloren geht: Inhalt. D.h. kritisch ein Thema zu diskutieren und sich damit auseinanderzusetzen. Das muss natürlich nicht nur Literatur betreffen, sondern was auch immer euch durch den Kopf geht. Wie hat das Bloggen vielleicht euer Leseverhalten beeinflusst? Und seid ihr Teil eines Buchclubs? Vielleicht auch eines digitalen über Plattformen wie Goodreads?
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