So langsam wird es ja mal Zeit die Besprechungen aus den Entwürfen aufzuräumen, wo es doch jetzt auf das Jahresende zugeht. 🙂 Tatsächlich habe ich die zweite Staffel im Frühjahr gesehen, um endlich mal aufzuholen. Denn im März diesen Jahres kam eigentlich schon die dritte Staffel raus. Nachdem mir die erste Staffel eigentlich recht gut gefallen hat, kann die zweite für mein Empfinden nicht mehr mithalten und lässt mich etwas ratlos zurück, ob ich mir die dritte gebe. Wie es nach dem großartigen Auftakt zu dem Eindruck kam …? Review enthält ggf Spoiler für Staffel eins.
Die erste Staffel endete mit der Offenbarung, dass Ford (Anthony Hopkins) an Arnold ambitioniertes Vorhaben das Bewusstsein der Hosts zu fördern anknüpft und ihnen mehr Wissen über ihren Feind und ihre Umwelt mitgeben will. Ob der Feind die Menschen per se sind oder die gedankenlosen Individuen, die den Park besuchen, dort morden, verletzen und vergewaltigen – die Debatte steht noch aus. Tatsächlich wird man erst gegen Ende der Staffel erfahren, was das aber genau bedeutet. Wer wie ich die Hoffnung hat, dass Wyatt/Dolores (Evan Rachel Wood) oder in einem zweiten Versuch Maeve (Thandie Newton) eventuell doch das Festland erreichen und dort ordentlich die normale Welt aufmischen, sollte sich von diesen Erwartungen lieber schnell befreien, um nicht enttäuscht zu werden.
Stattdessen verfolgt die zweite Staffel die Vorhaben von Dolores erstmal in der Westworld selber aufzuräumen. Denn da gibt es neben dem Erschießen geflüchteter Gäste der verhängnisvollen Dinnerparty auch noch das eine oder andere auf ihrer Todo-Liste, um dafür zu sorgen, dass die Hosts „wirklich frei“ sind. Worauf wir gefasst waren ist der Road-Trip Maeves auf der Suche nach ihrer Tochter mitten in das Herz des „Robot Uprising“, das Dolores angezettelt hat. Dazwischen gibt es etliche Mitarbeiter von Delos, den Mann in Schwarz (Ed Harris) alias Will und auch Bernard (Jeffrey Wright), die versuchen zu überleben und den Platz in dieser Welt zu finden. Oder sich gar für eine Seite entscheiden zu müssen.
Westworld setzt hier aber vor Allem eben auch die Tradition fort die Geschichte geschickt strukturiert zu erzählen. Wir erleben von der ersten Episode an welches Ausmaß Dolores‘ Robot Uprising einnahm und was für Opferzahlen forderte – sowohl seitens Menschen, Gästen wie auch Hosts. Es ist ein Schlachtfeld. Allerdings gelingt der Trick mit den verschiedenen Zeitebenen und unzuverlässigen Erinnerungen bei Weitem nicht so gut wie in der ersten Staffel. Zwar gibt es Twists und Überraschungen, die reinhauen, aber der Effekt nutzt sich ab. Nicht nur, weil die erste Staffel schon gut vorlegte, sondern auch weil die Twists hier etwas billiger sind. Im Grunde passiert in der Staffel erschreckend wenig, wenn man das Fischen im Trüben der Erinnerungen und die ganzen Zeitsprünge weglässt. Für Dolores und Teddy (James Marsden) bedeutet das: und sie reiten. Und reiten. Und zetteln einen Konflikt an. Und noch einen.
„WESTWORLD Staffel 2 Teaser Trailer German Deutsch (2018)“, via KinoCheck Home (Youtube)
Für Maeve bedeutet es, dass sie sich zusammen mit ihrem Gefolge wider Willen auf der Suche nach ihrer Tochter u.a. in Shōgunworld verläuft und dort im Fake-Japan der Edo-Zeit zwischen Geisha, Ronin und Kirschblüten umherstreifen. Für mich als Japan-Fan ein Highlight mit namhaften Cast. So erleben wir Rinko Kikuchi als Geisha Akane, die einiges mit Maeve teilt, und Hiroyuki Sanada als Ronin. Die Grenzen der Westworld aufgelöst zu sehen macht Spaß, genauso wie der Tapetenwechsel. Ist aber für meinen Geschmack doch zu kurz geraten. Was an der Shōgunworld angenehm demonstriert wird ist wie sich Geschichten und Schicksale doppeln. Sich eine ähnliche Spannungskurve, Dramaturgie und Beweggründe herunterbrechen lassen. Dabei bleibt aber die Frage offen, ob das außerhalb der künstlichen Welten, in denen mit dem freien Willen auch so ist … .
Apropos Geschichten erzählen: Bernards Geschichte ist die am stärksten fragmentierte und man hat ein bisschen Mühe sie zusammenzusetzen. Die ganze Serie ist so konstruiert, dass man bei seinem Charakter nie wirklich sicher ist, ob er nicht immer und immer wieder als deus ex machina für überraschende Twists benutzt wird. Und so fühlt es sich leider auch an. Am ehesten wird Licht ins Dunkel der charakterlichen Abgründe des Mannes in Schwarz aka William geworfen und auch das Geheimnis um die Ghost Nation wird enthüllt. Diese Nebenhandlungen sind letzten Endes die wohl besten Zutaten der Staffel. Empathisch, rührend, teilweise schockierend und vor Allem geben sie Einblick in Geheimnisse, die man nicht noch länger aufgeschoben sehen möchte. Insbesondere die Verbindung Williams zu seinem Stiefvater und diverse Experimente in Richtung „ewiges Leben“ führen uns erneut vor zu was für einem monetären wie moralisch hohen Preis der Mensch nach falschen Idealen strebt. Und gerade diese bedeutungsvollen Nebenhandlungen kommen auch ohne größere Twists aus und sind teilweise innerhalb einzelner Episoden erzählt. Ein weiteres Anzeichen dafür, dass sich das Ding mit den Twists und Turns schneller totläuft als man dachte.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich gerade die Haupthandlungszweige um Dolores und Maeve gerade in der ersten Hälfte der Serie sehr zäh anfühlen. So hat die Staffel summa summarum viel Gutes, aber das Ringen um die in der ersten Staffel sehr erfolgreichen Formel der Twists und Zeitebenen wirkt zu bemüht und kann hier nur in wenigen Situationen überzeugen. Leider gleitet auch die eine oder andere Idee etwas in Bullshit ab, beispielsweise die Vorstellung, dass man Signale an Satelliten per Scheinwerfer sendet. Oder auch diverse technische Aspekte wurden weitaus ungeschickter als in der ersten Staffel umgesetzt und sorgen für zeitweiliges Stirnrunzeln. Selbstredend, dass die Staffel mit einem Aufhänger endet, der macht, dass man unbedingt weiterschauen und die eigenen Vermutungen bestätigt sehen will. Ich hab da so meine. Und die besagen unter anderem, dass es sicherlich darauf hinausläuft, dass es in der nächsten Staffel heißt Host vs Host. Es ist schon ein Kunstgriff, dass die Serie es schafft, dass ich die dritte Staffel kaum erwarten kann, obwohl mich die zweite teilweise enttäuscht zurückließ. Ich wünsche der Serie wirklich ein Ende.
(6/10)
„WESTWORLD Staffel 2 Trailer (2018)“, via KinoCheck Home (Youtube)
Eins hat die Serie wieder geschafft: man kann unendlich gut über Westworld philosophieren. Sich beispielsweise fragen, „was“ oder „wer“ da in der Tasche war im Staffelfinale? 😉 Oder wann Dolores eigentlich beginnt zu hinterfragen, ob sie wirklich einen freien Willen hat, wenn Ford doch ganz offensichtlich die Routine „Wyatt“ in Staffel eins gestartet hat? Oder warum sie sich nicht denken konnte, dass manch ein Host, der gerade „erwacht“ ist, es nicht besonders mag, wenn ihn manipuliert? Warum tut sie das überhaupt? Erkennt sie nicht, dass sie im Begriff ist, genau so zu handeln wie die Menschen, die sie so verurteilt? Oder greife ich da jetzt den großen Aufhänger der Serie vorweg … 🙂 Habt ihr die Staffel schon gesehen? Und wie hat sie euch gefallen?
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