Serien-Besprechung: „She-Hulk: Die Anwältin“ & „Ms. Marvel“

Das ist nun endlich mein letzter Artikel zum #MCUAufholen. Ist das Aufholen nun schon beendet, obwohl die hier besprochenen noch Phase4 sind, aber Phase 5 („Quantumania“, Guardians Vol. 3,  „Secret Invasion“) gerade im Kino und Streaming läuft? Leider schon. Mein #MCUAufholen diente v.A. dazu die von mir lange ignorierte Phase 4 aufzuholen, damit ich die ein, zwei Helden und Heldinnen verfolgen kann, auf die ich gespannt bin und mir die Option offenhalte zur Phase 5 vielleicht auch wieder „auf dem Stand“ zu sein. Wie man den langen Pausen zwischen meinen Phase-4-Artikeln angemerkt hat, habe ich einfach absolut das Interesse verloren. Wie war das dann aber auf der Zielgeraden? Die Besprechungen sind spoilerfrei.

She-Hulk: Die Anwältin

Jennifer Walters (Tatiana Maslany) ist eine erfolgreiche Anwältin und eigenständige Frau. Dass ihr Cousin Bruce Banner (Mark Ruffalo) ist, hängt sie nicht an die große Glocke. Ihre Beziehung zueinander ist aber gut und sie sind auch gerade zusammen unterwegs als etwas passiert, dass Jennifers Leben umkrempelt: ein Autounfall. Dabei kommt sie mit Banners Blut in Kontakt und verwandelt sich von nun an ebenso in einen Hulk. Zwar hat Jennifer die Verwandlung viel besser im Griff, aber ihre professionelle Karriere als Anwältin ist quasi über Nacht Geschichte. Entsetzt ihrer Lebensgrundlage und den Ergebnissen ihrer harten Arbeit beraubt zu sein, erfindet sich Jen neu. Sie wird Anwältin für Superhumans, denn nun kennt sie offenbar deren Herausforderungen und rechtliche Grauzonen. Neben der neuen Identität muss sie auch moralische Konflikte wuppen und letzten Endes ist auch auf ihrem Kopf eine Zielscheibe.


„Official Trailer | She-Hulk: Attorney at Law | Disney+“, Youtube

Es liegt nicht an She Hulk, aber ich hatte ganz wenig Bock auf die Serie. Inzwischen das #MCU müde, war mir nichts ferner als weitere MCU-Serien und -Filme zu schauen. Ich tat es aus Solidarität mit der Heldin und weil die Spielzeit so angenehm ist. Die meisten Episoden haben schließlich nur eine Spieldauer von 30 Minuten, was ich sehr angenehm finde. Was dann aber doch She Hulk (und den Drehbuchautor:innen und der Crew) zu verdanken ist: ich fand die ersten Folgen so angenehm witzig, dass ich mit Begeisterung weitergeschaut habe. She-Hulk bringt die Herausforderungen von Frauen in der Öffentlichkeit, innerhalb der Geschlechterrollen und im Beruf auf den Punkt. Als beispielsweise ihre Identität bekannt wird, sind zahlreiche Männer entsetzt, fühlen sich bedroht oder als ob ihnen jemand etwas wegnimmt. Die Bros plädieren und skandieren: „Women should go find their own thing. Superpowers are a symbol of masculinity“. Die Serie nimmt sich weiterhin des Sexismus an, mit dem sie sich als Jennifer wie auch als She-Hulk konfrontiert sieht, abwechselnd bedroht, sexualisiert oder unterschätzt wird. Dating-Horror, Mansplaining, Queen Bee Verhalten und gar INCELs sind mit von der Partie. Das auf der Mattscheibe respektiert zu sehen und als Problem wahrgenommen zu wissen, fühlt sich für mich als Zuschauerin unheimlich gut an. Zu erleben wie sich Jennifer dort manchmal mit Muskeln, manchmal mit verbalen Argumenten durchhebelt, ist ein starker Bonus. Muskeln lösen längst nicht alles.

Dass sich das alles nicht hält, ist einzig und allein dem bemühten Einhalten von ungeschrieben MCU-Regeln zu verdanken. Im Speziellen: die super bemühten Cameos, von denen einige besser angekommen (Hinweis: er trägt ein gelbes Kostüm) und andere schlechter (Hulk und Abomination). Die Dinge, die man einfach hinnehmen muss: Wo kommen denn plötzlich all die Superhumans her? Und weil man ja ach so viele Serien machen muss, ist das CGI ab der Mitte der Serie deutlich billiger und schlechter als noch in den ersten Folgen. Leider viel zu offensichtlich ist auch die Anleihe bei anderen Serien-Protagonistinnen der letzten Jahre. Zwar haben die She-Hulk-Comics auch die vierte Wand durchbrochen, aber die Parallelen zu Fleabag hätte man durch eine andere Note in der Umsetzung durchaus vermeiden können. Es ist sehr offensichtlich, dass die Serie außerdem versucht zu beweisen, dass diese Heldin ihre eigene Geschichte schreibt, statt die nochmal zu erzählen, die schon x Männern auf den Leib geschrieben wurde. Die hehren Ziele sind aber gegen Ende wenig gut gelöst, relativ inkonsistent und etwas zu cartoonhaft für eine Serie, die so einen guten Anfang gemacht hat reale Belange von Frauen abzubilden. (6/10)

Sternchen-6

Ms. Marvel

Dream big – wenn es aber nach Kamala Khans (Iman Vellani) Eltern geht, dann sollte sie etwas weniger träumen und sich mehr auf die Schule konzentrieren. Dabei ist Kamala ein großer Fan von Superheld:innen, insbesondere von Captain Marvel. Konfrontiert mit der Realität, sieht sie es nüchtern und fragt ihren besten Freund Bruno (Matt Lintz), ob er jemanden mit Superheldenkräften kennt, der oder die people of color ist und aus Jersey stammt. Als Kamala aber einen mysteriösen Armreif aus dem Besitz ihrer Urgroßmutter findet, hat auch sie Fähigkeiten, die es gilt zu bändigen. Und zu erfahren, was das mit ihrer Familie zutun hat.


„Marvel Studios’ Ms. Marvel | Official Trailer | Disney+“, Youtube

Worin Ms. Marvel fabelhaft ist: die Lebensrealität von BIPoC abzubilden. Kamala gehört zu der Generation, die Helden bewundert, aber auch sehr wohl sieht, dass 90% von denen weiß sind. Wie schon bereits der Comic macht auch die Serie einen guten Job Kamalas Doppelrolle als Amerikanerin abzubilden, wie auch als Mädchen, das in einer muslimischen Gemeinschaft mit pakistanischen Eltern aufwächst. Noch viel mehr Facetten von Kamalas Charakter und Leben bekommen Platz: dass sie gern zeichnet, dass sie es nicht so mit dem Autofahren hat, dass sie Cosplay mag. Die Intersektionalität, mit der sich sicherlich viele identifizieren können, macht die Serie so sympathisch, dass sie nur den Aspekt betrachtet 10 von 10 Punkten verdient hätte. Hinzu kommt, dass an Kamalas Familie die Geschichte Pakistans und von Flucht erzählt wird und zwar auf eine Weise, die es vielen vielleicht das erste Mal verdeutlicht, was Flucht bedeutet: Trennungsschmerz, Lebensgefahr, Hoffnung, Geduld und erforderliche Resilienz, neu anfangen müssen, Verlust und Trauma.

Wie schon bei She Hulk aber sind es die typischen Superheldenschnittmuster, die die Serie leider stellenweise beliebig und langweilig werden lassen. Die Hintergrundgeschichte der Bedrohung für Kamalas Familie wirkt wie ein Lückenfüller vom Storyboard-Reißbrett. Es sind einfach schon zu viele kosmische Bedrohungen mit schwer greifbaren Beweggründen aus dem Nichts aufgetaucht. Genauso oft wie es einen stillschweigenden Love Interest gibt, Fähigkeiten geübt werden sollen und (quasi) gesichtslose Bundesagent:innen meinen den Laden aufräumen zu müssen. Es ist einfach eine Menge des üblichen, die zu schnell das außergewöhnliche vergessen macht. (6/10)

Sternchen-6

Header image uses a photo by Marek Studzinski on Unsplash

Zum #MCUAufholen wird es hier in den nächsten Tagen noch eine kleine Phase 4 Zusammenfassung geben, weswegen ich es an dieser Stelle kurz halte. Wie haben euch die beiden Serien gefallen? Ich selber bin etwas schockiert, dass viele Film- und Serien-Bros aus meinem entfernteren Umfeld schon prinzipiell das #MCU schauen, zum Startdatum ins Kino rennen, die frauenlastigeren Serien wie die beiden hier aber einfach ausgelassen haben: „Kein Interesse.“ Ich habe dazu viele Meinungen, die ihr euch denken könnt. Neben dem auf Bias und Geschlechterrollen basierenden Argumenten ist es auch für Comic-Bros (und -Sisters) sicherlich sehr verwunderlich, wo sich doch gerade auch die Ms. Marvel-Comics großer Beliebtheit erfreuten. Die steigende Repräsentation von BIPoC in Comics als Helden und Heldinnen, die ihre eigene Geschichte schreiben, hat eine starke Botschaft und war für viele denke ich ein Game Changer. Offenbar nicht für alle. Vieles ist sicherlich auch auf Ermüdung mit dem MCU zurückzuführen. Wie haben euch die Serien gefallen? Wie man hoffentlich aus den Reviews rausliest, fallen sie bei mir eher deswegen durch, weil ich sie einfach irgendwann so bemüht finde, in dem Bestreben typischen MCU-Formeln zu genügen. Cameos hier, dramatische Origins-Story da.

5 Antworten

  1. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Ms Marvel mochte ich. Iman Vellani ist super. Leider verschießt die Serie ihr ganzes kreatives Pulver in der ersten Folge. Wenn alles mehr so wie in Folge 1 gewesen wäre, hätte das echt super werden können.

    She-Hulk war so gar nicht meins. Ich hatte auf „Ally McBeal“ mit Superkräften gehofft.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Kann sein, dass ich mich nicht mehr so gut an Ally McBeal erinnern kann, aber war She-Hulk nicht quasi so? 🙂

      Dagegen fand ich Ms. Marvel höchst öde und eintönig wie in anderen Serien am Anfang. Die Geschichte mit Pakistan und in Pakistan fand ich dagegen super, aber eben leider auch nicht alles besonders „neu“. Ich fürchte das MCU ist an einem Punkt, wo es das aber auch nicht mehr gibt ohne sich aus der Komfortzone familientauglicher Unterhaltung zu wagen.

  2. Avatar von BoomHoschi
    BoomHoschi

    Ich habe beide Serien gesehen und Ms. Marvel ist mir kaum im Gedächtnis geblieben.
    Vielleicht hätte man die Serie mehr in Richtung wie bei „Noch nie in meinem Leben“ aufbauen sollen. Hätte mir persönlich mehr Spaß gebracht.
    Ich bin She-Hulk Fan der ersten Stunde und … ja, die Cameos waren deutlich zu viel, Trotzdem hätte ich gerne noch eine 2. Staffel gesehen, die eventuell mehr im Gericht spielt als in dem Sektenlager von Abomination (der Teil war nervig).

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja, Abomination hat definitiv zuviel Aufmerksamkeit bekommen. „Noch nie in meinem Leben“ habe ich leider noch nicht gesehen. Empfehlenswert?

      1. Avatar von BoomHoschi
        BoomHoschi

        Wenn man sich für eine Coming of Age Geschichte interessiert, die über ein indisches Mädchen geht, daß aber in der amerikanischen Kultur aufgewachsen ist und nichts gegen zwischen zeitlichen derben Humor hat…..jaaa!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert