Jüngst ging es hier im Blog um Hochzeitsfilme. Palm Springs ist der Nachzügler in diese Reihe, weil der Film etwas fundamental anders macht. Hochzeiten neigen dazu uns vergleichen zu lassen. Wie schreitet unser Leben voran? Was ist mein nächster, großer Schritt? Oder lösen die ganz großen Gedanken aus: was will ich eigentlich vom Leben und Partnerschaft? Palm Springs schafft es, das alles in ein Sommer-Feelgood-Movie zu verpacken, das entweder Hochzeitsfilme wieder cool macht oder uns gemeinsam drauf pfeifen lässt. Denn für Nyles (Andy Samberg) stellen sich all diese leidlichen Fragen nicht mehr. Er ist in einer Zeitschleife gefangen, verdammt dieselbe Hochzeit von Freunden tagaus, tagein nochmal zu erleben. Dann verbringt er die Nacht mit Sarah (Cristin Milioti), der Trauzeugin. Nyles hat eine Freundin, auch auf der Hochzeit. Aber hey … am nächsten Tag wird der Zeiger ja wieder zurückgedreht, nicht wahr? Dummerweise gerät auch Sarah in die Zeitschleife und erinnert sich an alles. Und hat wenig Lust gerade auf einer Hochzeit bis in alle Ewigkeit gefangen zu sein.
Eigentlich braucht es wenig um den Murmeltiertag-Effekt wieder cool zu machen. Es braucht nur das furchtbarste Szenario überhaupt. Wenn Hochzeiten eh schon für die Gäste anstrengend oder langweilig sind, wer will das schon wieder und wieder erleben? Noch dazu kommen die Päckchen, die sowohl Nyles als auch Sarah mit sich rumschleppen. Nyles wird jeden Tag wieder auf’s neue daran erinnert, dass seine Freundin ihn während der Hochzeit betrügt. In Palm Springs geht das Regisseur Max Barbakow in seinem Spielfilmdebut nach einem Drehbuch von Andy Siara auf charmanteste Weise an. Er lässt das dynamische Duo alles ausprobieren, was zu erwarten ist. Die Zeitschleife zu brechen, was Nyles mit lakonischem Humor a la „Hab ich schon probiert“ kommentiert. Plus des schicksalhaften „Vielleicht will das Universum, dass wir das Problem fixen!“ – was auch immer das Problem ist. Es gibt ein paar Kandidaten. Aber hey, gemeinsam ist alles leichter zu ertragen?
Palm Springs erzählt all das in eineinhalb Stunden und packt dankbarerweise auch ein paar unkonventionellere Ideen auf das Zeitschleifen-Trope drauf. Dank der Geschwindigkeit ist es der Film für alle, die dachten Zeitschleifenfilme müde geworden zu sein. Es hinterfragt das Trope und wirft charmante Fragen auf, die sich andere Filme des Subgenres noch nicht trauten zu fragen. Beispielsweise: wie lange ist Nyles wohl schon in der Schleife? Nach der Pflicht kommt die Kür – das ist die Kür. Zur Pflicht gehört aber auch Figurenzeichnung, nicht nur Humor. Selbst die wird uns serviert, denn Nyles und Sarah haben einiges aufzuarbeiten. Palm Springs macht zudem einen kleinen Pun auf Filme, die das Leben mit deutlich mehr Pathos und Gewichtigkeit zusammenfassen, indem es den Cabazon Dinosaurs einen Auftritt a la Tree of Life beschert. 😉
Palm Springs, USA, 2020, Max Barbakow, 90 min
Header image uses a Photo by Kilyan Sockalingum on Unsplash
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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