Als sich die erste, kühle Herbstluft andeutete, fragte ich auf Bluesky wer Tipps für Filme hat, die den Sommer festhalten. Thomas von SchönerDenken antwortete, dass In der Hitze der Nacht eine spezielle Weise hat die im Titel versprochene Sommerwärme darzustellen. Und das stimmt. Darüber hinaus habe ich den nicht ganz zufällig heute als Fantastischen Film ausgewählt, wo ich doch gerade über Everetts Die Bäume schrieb. Beide Medien teilen einige Motive: Im Zentrum der Handlung steht Mord, schwarze Ermittler, der US-Bundesstaat Mississippi und Rassismus.
In der Hitze der Nacht beginnt damit, dass in Sparta, Mississippi eine reicher Investor tot aufgefunden wird. Als Polizist Sam Wood (Warren Oates) durch den Ort fährt, hat er den (seiner Ansicht nach) Schuldigen aber schnell gefunden. Es reicht ihm vollkommen, dass der Mann (Sidney Poitier), der am Bahnhof auf einen Zug wartet, schwarz ist, um ihn unter Generalverdacht zu stellen und festzunehmen. Der Fremde gibt gegenüber Polizeichef William Gillespie (Rod Steiger) an, selber Detective zu sein und dass sie sich das nochmal überlegen sollen. Gillespie prüft das nach – und sie haben tatsächlich Detective Virgil Tibbs von der Mordkommission in Philadelphia festgenommen, der auf der Durchreise war. Der kann es nach all dem Racial Profiling gar nicht erwarten Sparta zu verlassen, da wird er von seiner Führungskraft angewiesen in Sparta bei der Lösung des Falls mitzuwirken. Nach dem Anfang kann das nur gut werden, oder?
❗Achtung: Ich empfehle den nachfolgenden Trailer bis max. 1:00 zu schauen, da er Spoiler enthält
Man könnte jetzt in Frage stellen, was Det. Tibbs eigentlich für eine Führungskraft hat? Aber gut, lassen wir das. Natürlich ist die Zusammenarbeit von gegenseitigem Misstrauen durchwirkt. Für die Sache reißen sich aber alle in entscheidenden Momenten am Riemen. Tibbs bringt eine Expertise und Professionalität mit, die die Polizisten in Sparta in den Schatten stellt, was diese sich natürlich möglichst wenig anmerken lassen wollen. Zum wichtigsten Sparringspartner für Tibbs wird Polizeichef Gillespie, der ihn in einer starken Szene des Films ein wenig hinter seine harte Schale schauen und erkennen lässt, dass sie in ihrem Job Hautfarbe hin oder her sehr ähnliches Trauma teilen. Im Laufe dessen wird aber auch klar, dass der Film immer noch in den 60er Jahren in den Südstaaten spielt und da scheinen Lynchmobs, die Schwarzen auflauern noch nicht Vergangenheit zu sein.
In der Hitze der Nacht ist ein spannender Krimi und gleichzeitig gesellschaftlicher Wachrüttler. Obwohl es meine Erstsichtung war, ist „Detective Tibbs“ schon Teil meiner Kindheit gewesen. Mein Vater kennt den Film schon etwas länger und nennt so alle Leute, die andere überraschend outsmarten. Ich konnte früher damit nicht so viel anfangen, aber jetzt mag ich das umso mehr. In einer Doku über schwarze Schauspieler:innen und schwarzes Kino hörte ich viel über Sidney Poitier. Wie er den Weg ebnete, eine Vorreiterrolle in Hollywood einnahm und durch seine Leistung und seinen Aktivismus mit Vorurteilen aufräumte. Ich hörte dort aber auch, dass er für manche „der eine schwarze Schauspieler“ war, der gefühlt „alle“ Rollen ergatterte. Der nach dem Erfolg von In der Hitze der Nacht und Rat mal, wer zum Essen kommt für alle so einen festen Platz in Hollywood einnahm, dass niemand mehr auf Hautfarbe und den langen Kampf um gleiche Chancen nachdachte.
Ich finde leider die Doku nicht mehr, aber ich weiß, dass ich mich lieber darauf konzentrieren möchte, was er erreicht hat und wie er half Belange von BIPoCs auf die von vielen betrachtete Leinwand zu bringen. Dafür ist In der Hitze der Nacht ein exzellentes Beispiel. Und da hier heute die ersten Schneeflocken runterkamen, sei an besagte Hitze erinnert. Es mag so wirken als würde der Film eher in einer anderen Jahreszeit gedreht sein. Aber die Schweißperlen, die omnipräsenten Ventilatoren und so manche nachts lieber nackt rumlaufende Person erweckt den Eindruck, dass es tatsächlich in der Hitze der Nacht spielt.
In der Hitze der Nacht (OT: In the Heat of the Night), USA, 1967, Norman Jewison, 109 min
Header image uses a Photo by Kilyan Sockalingum on Unsplash
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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