#Japanuary 2024 – Besprechungen zu „Pompo: The Cinéphile“ & „Vital“

Nach Perfect Days und Der Junge und der Reiher ging es im Heimkino weiter mit einem Film über Filme (oder so) und meiner inoffiziellen Shinya Tsukamoto Werkschau. 😀

Pompo: The Cinéphile

Bei dem Animefilm handelt es sich um eine Adaption des seit 2017 laufenden Mangas, der eine fiktionalisierte Version Hollywoods zum Schauplatz macht. In „Nyallywood“ arbeitet Gene Fini als Assistent der jungen Film-Produzentin Joelle Davidovich „Pompo“ Pomponett, die ihm die Chance gibt bei einem ihrer nächsten großen Projekte erstmalig als Regisseur zu arbeiten. Gene ist dabei der Urtyp eines überarbeiteten, aufstrebenden Talents in der Filmindustrie, dessen großer Traum es ist mal Regie zu führen und der nun, da der Zeitpunkt gekommen ist, entsprechend nervös ist. Zumal man ihm auch noch als Hauptdarsteller einen (an Marlon Brando angelehnten?) Star vor die Nase setzt.

POMPO: The Cinéphile Trailer German Deutsch (2022), KinoCheck Heimkino, Youtube

Es macht echt Spaß Gene dabei zuzusehen wie er sich mehr und mehr über das Business und Handwerk erschließt. Wir bekommen kurze (und stark idealisiert ablaufende) Einblicke in das Handwerk von Schauspieler:innen, Producern, Regie und auch beispielsweise Cuttern. Der ganze Anime strotzt nur so vor Referenzen auf Filmklassiker – von Cinema Paradiso bis hin zu Terrence Malicks Hut. Wendet dabei auch die ganze Palette an Kniffen wie bestimmten Filmschnitten an und ist großartig und dynamisch animiert. Schwierig wird es mit der titelgebenden, flippigen und stets energiegeladenen Pompo als krassem Gegensatz zu Gene. Einerseits ist es toll, dass eine weibliche Produzentin Titelfigur ist. Doch Pompo ist eh schon allwissend, stets überlegen und dabei minderjährig, sodass ihre Funktion als Deus ex Machina zu sehr „drüber“ ist, zu sehr rausreißt. Auch das sehr idealistische „Verfolg deinen Traum und alles wird schon gelingen“ muss man am richtigen Tag gucken. Am besten nicht an einem zu zynischen. Dann ist Pompo … eine schöne Hommage an das Kino (und Business) wie es sein sollte. Anzunehmen, dass er Filmfans nochmal einen Tick mehr Spaß macht.

Pompo: The Cinéphile, Japan, 2021, Takayuki Hirao, 94 min, (6/10)

Sternchen-6

Vital

Hiroshi Takagi (Tadanobu Asano) wacht im Krankenhaus als Opfer eines schweren Verkehrsunfalls ohne Erinnerungen auf. Durch seinen Zustand und die Anatomie-Bücher in seinem Zimmer beschließt er ein Medizinstudium aufzunehmen. Dort angekommen trifft er einerseits die sehr zielstrebige Studentin Ikumi (Kiki) und beginnt sich an seine Ex-Freundin (Nami Tsukamoto ) zu erinnern. Sehr zum Leidwesen Ikumis hat die Vergangenheit offenbar die größere Anziehungskraft für den Mann ohne Gedächtnis. Damit mag Vital wie ein Beziehungsdrama klingen. Mit dem Label würde man dem Film aber Unrecht tun.

In erster Linie wird offensichtlich wie „leer“ Tadanobu Asano seinen Takagi spielt solange dieser kein Gedächtnis hat. Auch das Medizinstudium ist mehr eine Art sich einem scheinbaren Schicksal zu fügen, dass sein früheres Ich (als Sohn einer Medizinerfamilie) gar abgelehnt hat. Über weite Strecken ist der Film düster und lichtlos bis es zu einer Wendung kommt, ausgelöst durch einen morbiden Story Twist.

Vital Trailer, Anthony Dowell-Blakemore, Youtube

Man sollte einen festen Magen haben, denn ein großer Teil der Handlung spielt während eines Seminars zur Präparation/Obduktion. Das ist respektvoll gefilmt, bringt aber zwangsläufig eine bestimmte Geräuschkulisse und Assoziationen mit sich. Die Obduktion kann als Metapher zu Takagis Sinnsuche gelesen werden. Stückweise legt er Erinnerungen frei, die auch sehr zur Überraschung der Zuschauenden preisgeben wie lebensmüde er war. Zwangsläufig stellt sich die Frage: ist er noch dieser Takagi? Wenn nicht, welcher Takagi ist er jetzt? Vital hat damit nach hinten raus eine faszinierend komponierte Idee Shinya Tsukamotos, die wunderbare Metaphern für Selbsterkenntnis und gar Selbstentdeckung wie auch Trauerarbeit findet. Schwierig ist darin nur die Figur der Ikumi, die eigentlich eine wichtige Funktion hat. Sie demonstriert u.a. wie schwer man mit Nostalgie konkurrieren kann. ihr Wandel wird nach hinten raus aber vernachlässigt. Davon abgesehen: ein faszinierender und am Ende sehr lebensbejahender, metaphernreicher Film.

Vital (OT: ヴィタール), Japan, 2004, Shinya Tsukamoto, 86 min, (7/10)

Sternchen-7

Mal abgesehen von Filmen …

… habe ich natürlich Manga gelesen und auf den Roman 64 von Hideo Yokoyama angefangen. Allzu viel kann ich dazu noch nicht sagen, außer dass er sich gut wegliest und ein dichtes Gebilde aus Charakteren zeichnet. So langsam könnte es aber auch mit den Kriminalfällen weitergehen. 😉 (Ich bin erst bei ca. 10% des Romans.)

Zu den bisherigen Artikeln

Ankündigung
Besprechung zu Perfect Days

Header Image Photo Credits: Andre Benz

Wie läuft euer „Japanuary“ bis jetzt? Noch ist der Monat ja erst halb rum und es lohnt sich auf jeden Fall noch mitzumachen. Der Austausch in Social Media erscheint mir dieses Jahr auch ziemlich rege.

3 Antworten

  1. Du bist ja auch schon gut drin im Japanuary, ähnlich wie ich. 🙂
    „Pompo“ klingt nach einem Film für mich. Anspielungen auf andere Filme und die Filmgeschichte sind immer wie Rätselraten. Count me in. 😀

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Dann schaust du dir „Pompo the Cinephile“ im nächsten Japanuary an? 😉

  2. […] wissen aber weder seine Gang, noch seine rechte Hand Kakihara (Tadanobu Asano – eben noch in Vital gesehen). So nehmen sie erstmal an, dass Anjo abgehauen ist oder entführt wurde und lassen nichts […]

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