Wenn man schon eine Werkschau eines Regiesseurs macht und es gibt Dokumentationen über ihn, kann man schon Mal zugreifen. Habe ich jetzt einen Eindruck gewonnen wie Nicolas Winding Refn ist, wie er arbeitet, was ihn beeinflusst? Das kann ich euch erzählen, aber das geht nur schwer ganz spoilerfrei.
Die ersten Minuten machen es einem schwer. Wenn Alejandro Jodorowsky (Regiesseur von surrealen Kunstfilmen, u.a. El Topo) Steven Spielberg und das aktuelle Kino als langweilig und überflüssig darstellt, hat man ein bisschen Angst und Bange was einen hier erwartet. Vierundsechzig Minuten Abgesang auf das gegenwärtige Kino? Aber das ist nur der Aufhänger von Laurent Duroches Doku über den dänischen Regiesseur Nicolas Winding Refn. Im Folgenden begleiten wir ihn auf seinen Terminen und erfahren von ihm selbst wie er aufgewachsen ist. Dass er erst mit 13 Lesen gelernt hat und dass Filme (v.A. die surrealen und überspitzt blutigen) für ihn der einzige Weg waren um gegen seine Eltern zu rebellieren. Die waren Hippies und irgendwie hat sie nichts anderes geschockt. Filme blieben eine Konstante in seinem Leben und eine deutliche Obsession. So groß, dass er sich entschied lieber seinen ersten Film zu drehen (Pusher) anstatt an der Dänischen Filmhochschule anzufangen. Somit wurde Nicolas Winding Refn ein Autodidakt, der auf die harte Tour gelernt hat Filme zu machen. Beinahe-Bankrott inklusive.
Die Doku geht auf die großen Höhen und Tiefen des Regiesseurs ein: im Streitgespräch mit seiner Frau wegen des millionenschweren Schuldenbergs, zeigt ihn aber auch im Siegestaumel in Cannes. Dabei lernt der Zuschauer Nicolas Winding Refn als sehr selbstbewusst und kritisch kennen. Seine Seitenhiebe auf bspw. Lars von Trier sind nicht ohne (schmunzeln muss man aber auch). Seine zynische, kritische Art erwartet man gar nicht, wenn man ihn manchmal so unbeholfen vor der Kamera sieht, aber bäm, haut er den nächsten Spruch raus. Selbstbewusst ist er. In einem sehr seltsamen Verhältnis zu Esoterik und seiner eigenen Unbeholfenheit. Diese Beobachtungen seines Werdegangs und einiger Etappen seines Schaffens (beispielsweise während der Dreharbeiten zu Only God Forgives) orientieren sich in etwa an einem Zeitstrahl, der alle seine Filme abdeckt. Wer hätte gedacht, dass er auf Pusher II keinen Bock hatte, ihn im Prinzip nur des Geldes wegen gedreht hat und letztendlich den Spaß am filmen dabei wiederentdeckt hat? Solche Anekdoten und Kontroversen machen die Doku interessanter und menschlicher als es die ersten Minuten erahnen lassen. Ein weiteres Plus sind die sehr realistischen und ungeschönten Interviews mit u.a. Mads Mikkelsen und Ryan Gosling. Das Gesamtpaket gibt einen gelungenen, interessanten und komprimierten Überblick über seinen Werdegang und die Person Nicolas Winding Refn. Fühlt sich auf eine positive Art nach mehr als 64 Minuten Spieldauer an.
Die Bildqualität der Dokumentation schwankt sehr, was aber mehr als verständlich ist. Interviews und Sequenzen aus dem Alltag von Winding Refn sind hochauflösend, während Einspieler und Szenen seiner Filme eine deutlich geringe Qualität haben. Das ergibt sich schon alleine daraus, dass seine Filme inzwischen auch schon einige Jahre auf dem Buckel haben und nicht mit dem Budget eines Hollywoodstreifens gedreht wurden. Die Ausstattung der DVD ist aber etwas schmächtig und das schmerzt. Die Extras belaufen sich auf Trailer von Winding Refns Filmen und sonst nichts. Auch bei einer Doku freut sich der Zuschauer über einen kleinen Bonus, der nicht zwingend einzig und allein aus Trailern besteht. Zum Zeitpunkt des Kaufs habe ich zwar weniger als 10€ für die BluRay berappen müssen, aber heute während ich den Artikel schreibe liegt der Preis bei 22,49€. Das ist der Preis des Arthouse. Für eine x-beliebige Doku oder einen Hollywood-Actioner erwartet niemand solche Preise bei einer Laufzeit von 64 Minuten. Bei einer Dokumentation über einen Ausnahmeregiesseur, der teilweise Indie-Kunstfilme fabriziert, muss man das wohl verknusen können. Leider. Wie bei jeder Doku über einen Künstler empfehle ich dringend, dass man sie schaut, wenn man zumindest ein, zwei Filme von ihm kennt, damit man weiß worauf man sich einlässt. Dann macht’s auch ziemlich viel Spaß.
NWR – Die Nicolas Winding Refn Doku, Frankreich, 2012, Laurent Duroche, 65 min, (8/10)
Kennt ihr die Doku zufällig? Und wie hat sie euch gefallen? Wie steht ihr eigentlich zum Thema DVD- und BluRay-Preise? Und zu Nicolas Winding Refn? Als Person und als Regiesseur?
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