So wie es aussieht, werde ich dieses Jahr nicht mehr fertig die bisher geschauten Serien zu reviewen. Aber von zweien muss ich unbedingt noch berichten. Der gemeinsame Nenner der Beiden ist, dass sie sich dem Mystery- bzw. Horror-Genre zuordnen lassen. Und sie sind beide auf Netflix verfügbar. Reviews sind spoilerfrei.
„Stranger Things“ Season 1
Es gibt kaum etwas, dass man über Stranger Things schreiben kann, dass nicht bereits irgendwo von irgendwem niedergeschrieben oder gesagt wurde. Matt und Ross Duffer konzipierten eine Serie, die in den 90er Jahren spielt und das Lebensgefühl der damaligen Zeit perfekt einfängt. Von den Songs, den Frisuren und Klamotten, der Musik und damaligen Filme – Kassetten, Walkie Talkie, Star Wars, Breakfast Club und Nerdkram. Und damit holen sie eine ganze Generation ab, die sich an die Abenteuer der Goonies, E.T. und Stephen King Romane erinnert fühlt. Denn die Serie handelt von dem Verschwinden des Schülers Will Byers (Noah Schnapp), das anfangs als eine einfache Ausreißergeschichte abgetan wird. Seine Freunde Mike (Finn Wolfhard), Dustin (Gaten Matarazzo) und Lucas (Caleb McLaughlin) und auch seine Mutter Joyce (Winona Ryder) und sein Bruder Jonathan (Charlie Heaton) wollen das nicht wahr haben und forschen auf eigene Faust nach, was mit Will passiert sein könnte. Während die Kinder bei ihrer Suche auf ein mysteriöses Mädchen (Millie Bobby Brown) treffen, denkt Joyce, dass sie Botschaften ihres Sohnes durch Lichter erhält und Jonathan hat vielleicht den Täter fotografiert. Hier kommt das Beste vom Besten zusammen: eine seltsame Organisation, die über Leichen geht. Kinder mit paranormalen Fähigkeiten und ein Monster. Was will man mehr?
In manchen Situationen fühlt sich Stranger Things etwas zu vorhersehbar an, wenn es die normalen Alltagsgeschichten erzählt. Das Mädchen, das alleine zurückbleibt, während die anderen Party machen und natürlich ein weiteres Opfer wird und verschwindet. Oder auch die Geschichten der üblichen Middleschool-Bullies, die andere schikanieren, aber dafür noch büßen müssen. Oder dann ist da noch der Sheriff, dem etwas schlimmes in der Vergangenheit widerfahren ist – ein Trauma, dass er nicht abschütteln kann. Ja, da gibt es schon einige beliebte sogenannte TV-Tropes. Stranger Things erzählt Geschichten, die wir schon in zahlreichen Filmen so oder so ähnlich gesehen haben, aber die Serie tut das sehr charmant. Ausschlaggebend dafür sind die Charaktere – die sind nämlich eine Wucht und außerordentlich liebenswert. Man identifiziert sich gerne mit den Kids, wenn sie mit ihren Fahrrädern durch die Gegend düsen, ein Rätsel lösen wollen und das Herz doch am rechten Fleck haben. Sie leben schöne Werte vor und nehmen Freundschaft wie einen Schatz wahr. Dann tut sich Stranger Things einen Gefallen und offenbart nach und nach wie die mysteriöse Firma, das Mädchen (Eleven) und das Monster zusammenhängen und beherrscht die Kunst des „Fragen offen lassens“ ziemlich gut. Es sind die richtigen Dosen in denen die Serie Spannung und Witz mixt. Im Prinzip ist es zusammen mit dem Retro-Charme die perfekte Serie, obwohl man hier gerne auf eine zweite Staffel hätte verzichten können. Manche Dinge sind gut so wie sie eben sind. Punkt.
(9/10)
„Stranger Things | Trailer 1 [HD] | Netflix“, via Netflix US & Canada (Youtube-Channel)
https://www.youtube.com/watch?v=XWxyRG_tckY
„American Horror Story“ Season 5 (Hotel)
Die fünfte Staffel der Horror-Anthologie-Serie widmet sich dem Thema Hotel und ist damit eine Hommage an Filme wie The Shining oder auch an reale Verbrechen wie dem Winchester Haus oder dem Mörderhaus des H. H. Holmes, um nur einige Beispiele zu nennen. Schauplatz ist das Cortez in L.A., ein etwas in die Jahre gekommenes Hotel im Stil der späten Roaring Twenties, dessen Erbauer James March (Evan Peters) es als Mörderhaus konzipiert hat. Mit versteckten Räumen und Gängen. Sein Geist sitzt dort fest wie genauso wie die Seelen der Menschen, die in dem Hotel umgekommen sind. Es ist wie eine Asyl für gequälte Seelen und selbst für den Zuschauer ist es nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, womit man es jetzt gerade zutun hat. Da lebt in einem Penthouse-Apartment die von allen nur Countess (Lady Gaga) genannte Diva, die über Leichen geht und selbst scheinbar nahezu unsterblich ist. Wer kann, geht ihr lieber aus dem Weg wie die Angestellten des Hotels Iris (Kathy Bates) und „Liz Taylor“ (Denis O’Hare) – eine Transsexuelle. Allerdings wird auch der Polizist Detective John Lowe (Wes Bentley) auf das Hotel aufmerksam auf der Suche nach einem Serienkiller, der sich nach den 10 Geboten richtet und begegnet in dem Gemäuer niemand geringerem als seinem seit Jahren verschwundenen Sohn, der um keinen Tag gealtert zu sein scheint.
Was wie eine spannende Mischung klingt, wird in den ersten Episoden gnadenlos überzogen dargestellt. Da checken Touristinnen in das Hotel ein und werden bestialisch abgeschlachtet, ein Drogenabhängiger wird von einer Inkarnation der Sucht aufs Übelste gefoltert und ein Monster taucht in einer Matratze eingenäht auf. Sex, Drogen, Glamour und Wahnsinn sind die eigentliche Motive der Staffel und geben einen besseren Titel ab als Hotel, denn das ist nur die Hülle für die menschlichen Abgründe, die sich hier auftun. Ein Menschenleben ist nichts Wert im Cortez, deswegen sterben sie auch wie die Fliegen, was ein Jammer ist. Die Serie huldigt einerseits in Rückblicken den Glamour des Kino-Booms, auf der anderen Seite kritisiert es den Selfmade-Ruhm rund um Instagramer, Youtuber, Models und TV-Sternchen. Das merkt man aber erst später, am Anfangs sieht man einfach mächtig viel Rumgevögel und Heroinspritzen. Undzwar auf die Art, die nicht besonders sexy ist. Leider fühlt sich die von den Medien hochgelobte Staffel wie ein lauer Aufguss der ersten Staffel an, denn auch hier bleiben die Seelen der Verstorbenen länger als ihnen lieb ist in dem Hotel. Auch die Hommage an bekannte Stoffe gelingt nur halb. So sollen wahrscheinlich Lady Gagas Charakter und ihre verschiedenen Liebhaber eine Hommage an den Film The Hunger (dt.: Begierde, 1983) sein. Allerdings wirkt der ganze Pomp und Prunk und die Krokodilstränen der „Countess“ wie ein billiger Abklatsch des Originals, das stil- und gefühlvoller war. Nichts gegen die Einzelleistungen – Lady Gaga hat ihren Golden Globe schon zu Recht bekommen. Genauso wie die umwerfenden Kostüme und Masken preisverdächtig sind. Aber im Prinzip verfehlt die Staffel ihren Zweck und irritiert über lange Strecken mit Wiederholungen aus der ersten Staffel, einer Handvoll Logiklücken (was ist aus Bartholomew geworden?) und versucht zu stark die Zuschauer auf relativ billige Weise mit Sex und Drugs und Blut zu ködern. Was aber mehr beeindruckt sind die Charaktere am Rand wie beispielsweise „Liz Taylor“ oder Angela Bassetts ‚Ramona Royale‘, deren Geschichten aber eher später erzählt werden und über die unausgegorenen ersten Episoden nicht weghelfen.
(7/10)
„American Horror Story: Hotel Season 5 Trailer/Promo/Preview/Teaser Collection 1-8 (HD)“, via OfficialTVPromos (Youtube-Channel)
https://www.youtube.com/watch?v=6l_HeQyKEOU
Warum genau wurde die fünfte Staffel von AHS so gelobt? Ich weiß es nicht. Zwar ist es ein schöner Abgesang auf das Showbiz und fügt der guten, alten Vampirismus-Geschichte interessante Details hinzu, aber die sie wirkt so vollgepumpt mit bait für Fans von Gore und Sex, das ich mich doch wundern muss. Der Spagat zwischen Charakterdrama und Gore gelingt nur mäßig gut und wenn man weiß, auf welche Filme und Stoffe die Staffel anspielt, dann ist man leicht pikiert wieviel schlechter das gelungen ist und wieviel schwächer die Botschaft der Hommage. Wie habt ihr die Staffel erlebt? Und gibt es eigentlich noch irgendjemanden da draußen, der ‚Stranger Things‘ noch nicht gesehen hat? Bitte mal in den Kommentaren melden 😉
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