Dieses Mal muss ich wahrscheinlich gar nicht erklären, was der gemeinsame Nenner der heute besprochenen Serien ist. Sowohl der „Punisher“ als auch „Jessica Jones“ sind Figuren der Netflix-Serien, die das Marvel Universum rund um die sogenannten Defenders bedienen. Da durfte der Punisher zwar noch nicht mitmischen, hat aber nach seinem Erscheinen in „Daredevil“ Season 2 seine eigene Serie bekommen. Und die, sowie Jessica Jones zweite Staffel, bespreche ich heute. Es gilt – wie immer: spoilerfrei für die Staffel, die ich reviewe. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln.
„The Punisher“ Season 1
Nach den Geschehnissen von „Daredevil“ Season 2 ist Frank Castle (Jon Bernthal) untergetaucht und arbeitet auf dem Bau. Seine Vergangenheit hat ihn nach wie vor fest im Griff, zuerst nur in seinen Albträumen. Später dann auch schmerzhaft real. Ein Typ namens Micro (Ebon Moss-Bachrach) kontaktiert ihn. Einer der eigentlich tot sein sollte, so wie Castle. Er hat Beweise für die Missetaten die Castles Militäreinheit aufgetragen wurden und will den Schuldigen das Handwerk legen. Zeitgleich beginnt die Homeland Security Agentin Dinah Madani (Amber Rose Revah) im selben Fall zu ermitteln im Glauben, dass Castles Einheit den Tod ihres Partners zu verantworten hat. Mit dieser Prämisse steigt „Marvel’s The Punisher“ in ein tiefes Geflecht aus Machtmissbrauch ein und geht trotz konventioneller Story einen spannenden und frischen Weg, indem es durch Castle selber und Nebencharaktere wie Lewis Wilson (Daniel Webber) und Curtis Hoyle (Jason R. Moore) das Leben als Kriegsveteranen einfängt inklusive Themen wie posttraumatisches Stresssyndrom oder auch den Mismatch zwischen Heldengefühl und Eindruck von Gesellschaft und Staat fallen gelassen zu werden.
„Marvel’s THE PUNISHER Trailer 2 German Deutsch (2017) Netflix“, via KinoCheck (Youtube)
Der Rest der Geschichte rund um Frank und Micros raue Bromance und Mission folgt alt-bewährten Formeln. Aber hey. Die sind gut. Gespickt mit ein oder zwei Twists macht sich die Serie trotz aller Einfachheit zu einer spannenden. Und liefert mit Micro und der Geschichte seiner Familie, die ihn für tot hält, zu einem Bestandteil, der den Zuschauer zum mitfiebern bringt. Im Gegensatz zu Castle, hat er eine Familie zum Zurückkehren und man will so sehr sehen wie sie sich wiedersehen. Lediglich die Gewaltorgie der Serie wirkt zuweilen heftig und heftig übertrieben. Abgesehen von der Anzahl an Headshots stellt sich auch die Frage wieviel kann ein Frank Castle aushalten und ab wann ist es offensiv übertrieben?
(8/10)
„Jessica Jones“ Season 2
Eigentlich ist es sehr wünschenswert, wenn eine Superheldenserie mit klassischen Mustern ihres Genres bricht. Beispielsweise präsentiert uns Jessia Jones‘ zweite Staffel keinen wirklichen Bösewicht – auch wenn das anfangs so klingt. Schließlich ist Aufhänger der Staffel, dass Jessica (Krysten Ritter) quasi in ihrem eigenen Fall ermittelt und in dem eines weiteren Typen (Jay Klaitz), der behauptet Fähigkeiten zu haben und letztendlich umgebracht wird. In Hells Kitchen geht der Superpower-Schrecken um. Irgendjemand ist so stark wie (oder stärker als) Jessica und hinterlässt eine Blutspur. Alles läuft irgendwie auf IGH hinaus, die Jessica ihre Fähigkeiten zu „verdanken“ hat. Spurensuche? Detektivarbeit? Check. Spannend? Erschreckend wenig.
„Marvel’s Jessica Jones – Season 2 | Official Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix (Youtube)
Es gibt zwei, drei große Überraschungen und die Auflösung über den Übeltäter gehört dazu. Aber tatsächlich gibt es statt eines Bösewichts sehr viele moralische Implikationen á la „Was ist richtig? Was ist falsch?“ Das klingt eigentlich nicht verkehrt, nur leider bringt keiner in der Serie genügend Mut zur Konsequenz auf, um diese moralischen Dilemmata zu lösenund mäandert von einer konstruierten Katastrophe in die nächste und es entsteht der Eindruck, dass sich die Schlange in den Schwanz beißt. Nicht umsonst wird die Serie in der Mehrzahl der Besprechungen als slow burner betrachtet. Das moralische Diskussionspotential in den Vordergrund zu rücken ist nicht schlecht. Aber bei all der Ambition dreht sich die Serien im Kreis und lässt Charaktere Fehler begehen, für die wir sie zu schlau hielten (Trish, Jeri). Staffel zwei ist eine voller Wachstumsschmerzen, Charakterentwicklung und Aufarbeitung. Das muss man abkönnen. Nebenbei hält sich die Serie auch noch sehr mit ihren Nebencharakteren auf, was ab und zu immerhin spannender ist als die Main-Storyline und ihnen dankbarerweise eine Bühne gibt. So werden wir beispielsweise Zeuge wie Jeri (Carrie-Anne Moss) ihren ganz eigenen Kampf kämpft und Trish (Rachael Taylor) sich selber auf den Abgrund zusteuert. Sie würde gern ihr Image als Lifestyle-Reporterin und Celebrity gegen ein seriöses tauschen und Menschen helfen. Auf dem Weg das zu erreichen, schlägt sie aber einen gefährlichen Weg ein. Das und die Wiederholungen (traumatisierte Jessica, trinkende Jessica) sorgen dafür, dass sich die Staffel leider stets wie eine Zwischenstation zu einer hoffentlich konsequenteren, prägnanteren Storyline anfühlt. Wenig smarte und neue Story, viel Charakterentwicklung. Schwierig.
(6/10)
Ein weiterer gemeinsamer Nenner der Serien ist leider auch mein abklingendes Interesse. Was erklärt, warum ich sie so spät geschaut und besprochen habe. Immerhin ist gerade die nächste Ausgeburt der netflixschen Superheldenserien erschienen – „Luke Cage“ Season 2. Es ist eigentlich sehr schade, dass das Interesse abklingt, da ich sie Serien in ihren jeweiligen ersten Staffeln mit Ausnahme von „Iron Fist“ eigentlich sehr gut fand. Dahinter steckte Power, Aussagekraft, viel Menschliches, gute Kampfchoreo. Aber inzwischen stellt sich eine gewisse Sättigung ein und v.A. hat mit Iron Fist die Serie an Rezeptur verloren. Bisher waren auch alle zweiten Staffeln eher etwas enttäuschend und sind hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben – nur „Luke Cage“ kann ich noch nicht beurteilen. Sie adressieren Thematiken, die zu klein gedacht sind. Wen interessiert bei „Iron Fist“ Dannys Rechtskampf? Wir wollen in seiner Origin-Story sehen wie er wurde, was er ist. Um nur ein Beispiel zu nennen. Aber selbst wenn die Netflix-Serien das Problem jetzt kitten, ist es eventuell schon zu spät. Desto größer die Masse an Folgen und Staffeln ist, die man idealerweise verfolgen sollte, desto größer ist wohl auch die Sättigung. Wie seht ihr das? Habt ihr die beiden Staffeln gesehen? Verfolgt ihr die Defenders-Serien noch?
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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