„GLOW“ und „Mad Men“ sind Serien, die augenscheinlich nicht soviel miteinander zutun haben. Außer, dass ich sie vor Kurzem gesehen habe. Die eine geht eher in die Richtung Comedy, die andere würde sich eher dem Genre Drama zuordnen lassen. Die eine hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel, während „GLOW“ Season 2 vor Kurzem erst auf Netflix erschienen ist. Aber beide Serien adressieren die Situation und das Lebensgefühl von Frauen, vor Allem auch die allgemeine Erwartungshaltung und Bilder, die die Gesellschaft innerhalb einer bestimmten Epoche vorgibt. Sie haben einen mehr oder weniger deutlichen feministischen Ton. Und abgesehen davon sicherlich noch eine Menge Motive mehr. Reviews sind spoilerfrei für die besprochene Staffel, spoilern aber ggf. frühere Staffeln.
„GLOW“ Season 2
Nachdem Sam (Marc Maron) und die Frauen die erste Staffel von GLOW (Gorgeous Ladies of Wrestling) abgedreht haben, geht es in die zweite. Und dieses Mal mit mehr Budget. Sie bekommen eine Kulisse, eine Crew und Verträge. (Hört, hört.) Sie haben ein Publikum und eine Fanbase, was die einen Wrestlerinnen feiern, während sich andere noch an den Gedanken gewöhnen müssen. Die Lebensumstände einiger haben sich geändert, oftmals ist schwer zu erkennen ob zum positiven oder negativen. So versucht Ruth (Alison Brie) weiterhin Debbie (Betty Gilpin) als Freundin zurückzugewinnen. Ein verlorenes Unterfangen, da Debbie nicht mal mit ansehen kann wie Ruths Leben weitergeht, die mit dem Kameramann Russell (Victor Quinaz) einen Verehrer gewonnen hat, während sie sich gerade scheiden lässt. Daher nutzt Debbie die Gelegenheit und erschleicht sich aufgrund ihrer Rolle als Aushängeschild „Liberrty Bell“ eine Position als Produzentin. Sam hingegen hat jetzt eine Mitbewohnerin. Justine (Britt Baron) ist bei ihm eingezogen und ob er sich eingestehen will oder nicht, macht er seine Vaterrolle gar nicht mal so schlecht, auch wenn er in punkto Mitarbeitermotivation noch einiges zu lernen hat. So haben alle größer angelegten Rollen und teilweise auch einige der Nebencharaktere in GLOW eine Storyline, die sich sehen lassen kann und die Identifikationspotential hat. Selbst Bashs (Chris Lowell) anfängliches Rumgeweine, dass sein „Butler“ Florian nach einem geplatzten Scheck getürmt ist und seine anhaltenden finanziellen Probleme und Abhängigkeit von seiner wohlhabenden Mutter entwickelt im Laufe der Staffel Tiefe dank eines doppelten Boden.
„GLOW: Season 2 | Main Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix (Youtube)
Besonders stark ist GLOW, wenn es relativ aktuelle Debatten wie #MeToo in die Serie einwebt. Wir wissen, dass sexuelle Ausbeutung im Showbusiness nicht eine Erfindung der 2010er Jahre und Harvey Weinstein ist. Als Ruth nicht auf die (sehr offensichtlichen) Avancen bzw. Belästigung des Präsidenten des Fernsehsenders auf dem GLOW ausgestrahlt wird, eingeht, wird die Show auf einen üblen Sendeplatz verlegt, der quasi der Absetzung gleicht. Kurz vorher geht Ruth an das Telefon und sagt in einem Dialog „Yeah, Me too!“ Pun intended. Verblüffend ist wie die Menschen in ihrem Umfeld reagieren. Debbie, die als Frau Solidarität zeigen und Verständnis haben sollte, beschuldigt Ruth die Show ruiniert zu haben und ist der Meinung sie hätte mit ihm schlafen sollen. Sam hingegen fasst es erfrischend anders auf. Eines der Hauptthemen der Staffel wird wie die Crew damit umgeht und ob sie GLOW retten können. Neben der anhaltenden Aktualität der Themen, dem kultigen Look and Feel und dem Mix aus Drama und Witz macht die Serie alles richtig, in dem sie lang schwelende Konflikte ausspricht (Ruth und Debbie) und Diversität lebt. Neben Rollen und Schauspielern mit noch mehr ethnischer Vielfalt, gibt sie auch unterschiedlichen Tonarten zu Homosexualität Raum. Coming-Out (ich verrate nicht wer), offensichtlich große Angst vor dem Bekenntnis (verrate ich auch nicht) und offen gelebte und glückliche Einstellung (neu im Cast: Shakira Barrera). GLOW Season 2 ist verdammt nah dran an einer perfekten Staffel. (10/10)
„GLOW Season 2 Official Teaser Trailer (HD) Alison Brie Netflix Comedy Series“, via JoBlo TV Show Trailers (Youtube)
„Mad Men“ Season 3
Einmal bitte wie immer, nur dieses Mal alles anders. Nachdem in der letzten Staffel zumindest Don Drapers (Jon Hamm) Leben und das von der Agentur einmal umgekrempelt wurde und zurück auf Anfang ging, geht alles erstmal rückblickend gewohnten Gang. Don und Betty (January Jones) leben wieder unter einem Dach, Betty bringt ihren gemeinsamen Sohn zur Welt und auch Dons Affären laufen wie gewohnt. So als ob es das zwischenzeitliche Aus mit Betty nie gegeben hätte. In der Agentur verschiebt sich der Fokus der allgemeinen Sticheleien, des Buckelns und Schmeichelns auf andere Personen wie Lane Pryce (Jared Harris), der zum britischen Stab gehört, der Sterling & Cooper gekauft hat. Die amerikanischen Kollegen haben selbstverständlich das Gefühl, das an ihren Stühlen gesägt wird und es scheint bei jedem Job um alles zu gehen. Das ist dem vorherigen Leben in der Firma allerdings nicht so wahnsinnig unähnlich, schraubt sich aber zu einer dramatischen Wendung hinauf während auch Dons Privatleben auf der Kippe steht. Das Einziehen des Schwiegervaters, eine Affäre mit der Lehrerin seiner Tochter, Bettys Emanzipation (wenn man das so nennen will) als sie sich politisch engagiert und den Politiker Henry Francis (Christopher Stanley) kennenlernt und eine Entdeckung macht. Als John F. Kennedy erschossen wird, sehen sich alle der Verwundbarkeit ihres Staates und vielleicht ihrer selbst gegenüber und treffen konsequente Entscheidungen die zu einem wuchtigen Staffelfinale führen, das diesmal wirklich neue Entwicklungen mit sich bringt.
„Mad Men Season 3 Teaser | AT&T AUDIENCE Network“, via Audience Network (Youtube)
Das ist ein großes Pro der letzten Episoden, aber leider hatten die davor einiges an Contra. So fehlt es der Staffel mal abgesehen von Betty ein bisschen an Lerneffekt. Insbesondere, wenn man Don beobachtet, der seinen altes Spiel wieder und wieder spielt, obwohl Betty ihn schon einmal verlassen hat, muss man sich wundern. Wie er konsequent annimmt mit allem durchzukommen ist sicherlich in seiner Kindheit und Jugend und dem Identitätsdiebstahl begründet mit dem er (noch) davonkommt. Das verblüffende ist: man weiß es nicht genau. Selten sprechen die Charaktere aus, was sie denken oder wie sie sich fühlen. Daher passen Don und Betty auch augenscheinlich gut zusammen. Baut sie sich wirklich eiskalt nebenbei ein zweites Standbein bzw. Nest um ihre Schäfchen unbemerkt ins trockene zu bringen? Ist sie eine schlechte Mutter, hasst sie ihre Kinder oder will sie einfach mit strenger Hand erziehen? Man weiß es nicht. So weiß man leider auch nicht was aus Salvatore Romano (Bryan Batt) wird, der nach zwei kurzen Auftritten mit viel Spannungspotential einfach verschwindet. Ein glanzloser Abgang für eine einst vielversprechende Storyline. Vielleicht ist Peggy (Elisabeth Moss) wie immer so ein erfrischender Charakter. Die Serie lässt es so aussehen als wäre sie die Naive in diesem Haifischbecken, aber irgendwie ist ihr Charakter auch einer der einen aufatmen lässt, weil sie sich weiterentwickelt und durchboxt. Was in der ersten Staffel noch unmöglich gewesen wäre, wird in der dritten Realität, wenn sie Don Draper beispielsweise einfach mal um mehr Geld bittet. Zusammenfassend: Menschen mit scheinbar undurchsichtiger Agenda und Leute, die einfach plötzlich weg sind? Ein bisschen ist es im echten Leben schon so. Leider. Trotz einer konsequenten Staffel, die Potential für große Veränderungen hat, schwingt also auch ein bisschen Bitterkeit mit.
(8/10)
So richtig schnell bewege ich mich beim Mad Men aufholen ja nicht voran. Jedes halbe Jahr schaue ich mal eine Staffel. ^^‘ Obwohl ich die Serie sehr gut finde, ist für mich kein Stoff zum bingen. Meistens möchte ich danach eine Abwechslung. „GLOW“ hingegen war Liebe auf den ersten Blick. Ich habe die Staffel durchgesuchtet und freue mich sehr, dass sie bereits um eine dritte Staffel verlängert wurde. Mir ist übrigens erst in dieser Staffel von „GLOW“ aufgefallen, dass Alison Brie (neben einem weiteren Co-Star) auch in „Mad Men“ mitspielt. Sie mimt dort Trudy und ist scheinbar ein echtes Verwandlungstalent, denn ihre Stimme und ihr Auftreten sind wirklich komplett unterschiedlich. Beide Serien stehen auf Netflix zum Abruf bereit. Habt ihr eine oder beide geschaut und wie haben sie euch gefallen? Was sagt ihr zu den überraschenden Abgängen in Mad Men allen voran Salvatore Romanos?
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