Irgendwann konnte und wollte ich als Serienfan mir nicht mehr die Blöße geben, sagen zu müssen „Ich habe noch nie Star Trek“ geschaut. Und dann fing ich 2017 eben doch an – undzwar ganz von vorn, mit den „alten“ Folgen mit Kirk und Spock beginnend im Jahr 1966. Retro-Feeling pur. Meine Eindrücke habe ich hier festgehalten unter „Impressionen eines Star-Trek-Newbie“ (Teil I und Teil II). Trotz anfänglich nicht so großer Begeisterung kam ich dann zu dem Schluss, dass die Serie doch ganz cool und kultig ist und ich weiterschauen werde. Schon alleine, weil ich mich auf Picard und die weiteren Staffeln freue. 😉 Scheinheilig, ich weiß. Jetzt ist es Mitte 2019 und ich habe die zweite Staffel immer noch nicht beendet. Wie ist das denn jetzt passiert? Als Ankerpunkt für etwaige Spoiler: Die zuletzt geschaute Folge ist Raumschiff Enterprise/Star Trek 2×16 „Meister der Sklaven (The Gamesters Of Triskelion)“
Spock is fame
Anfangs war noch alles gut. Irgendwann 2018 habe ich sogar mit viel Enthusiasmus angefangen die zweite Staffel zu schauen. Spock stand da besonders im Fokus, was mir sehr gefiel, da ich in Staffel eins ein großer Fan von ihm wurde. Der berühmte Gruß der Vulkanier taucht übrigens das erste Mal in Episode 2×01 „Weltraumfieber (Amok Time)“ auf. Zeitgleich eine von mehreren Episoden, die Spock zentriert und mal mehr Einblick in das Leben auf Vulkan gibt. Kurz zusammengefasst geht es dort um die Brunftzeit der Vulkanier – kein Scherz. Aber auch die einen oder anderen Family Affairs spielen eine Rolle, denn Spock und sein Vater haben da gewissen Ballast. Die Rationalität der Vulkanier ist oft Thema und in Spock gibt es das eine oder andere Mal einen angedeuteten Konflikt seiner menschlichen Natur und der Erziehung der Vulkanier, die er genossen hat. Meist handelt er deutlich nach der vulkanischen Rationalität. Manchmal meint man da aber in einer durch ihn durchaus gut begründeten Handlung Emotionen zu erkennen. Oder nicht? 🙂 Der Zwiespalt ist immer wieder gut.
Interessante Ideen … und ein bisschen Fremdschämen
Gleich in der zweiten Folge „Der Tempel des Apoll (Who Mourns For Adonais?)“ legt die Staffel eine ganz spannende Idee vor. Nämlich, dass die griechische Götter Aliens waren. Genauer gesagt eine sehr mächtige Rasse, was die Fähigkeiten und Übermacht erklärt, die Göttern zugeschrieben wird. Der Gedanke, dass der Glaube an Götter eine Interpretation früher Zivilisationen ist, die auf Aliens getroffen ist, ist eigentlich ganz smart und interessant. Aber wie Apoll hier in Szene gesetzt wird, ist leider auch zum Fremdschämen. Er versucht ein Crewmitglied zu verführen und wirkt doch eher etwas verblendet und launisch. Dann noch die Kostüme XD Weitere interessante Ideen folgen: Künstliche Intelligenz ist ein großes Thema in der ersten Hälfte der zweiten Staffel. Die Episode 2×03 mit Nomad hat mich ziemlich geflasht. Nomand ist eine KI, die ursprünglich in den 2000er Jahren als Drohne hochgeschossen und vergessen wurde. Durch einen technischen Defekt vernichtet sie alles „unvollkommene“ Leben und hat schon einige Zivilisationen auf dem Gewissen. Kirk und die Crew müssen nun Nomad austricksen, möglichst ohne dabei als „unvollkommen“ gelabelt zu werden. Scotty findet für Nomad so seine eigenen Worte: „That mechanical beastie is up here“. Fremdschämen gab es hier nicht, dafür in anderen Folgen zuhauf, wo Kirk und Teile der Crew beispielsweise in 2×16 „Meister der Sklaven (The Gamesters Of Triskelion) gefangen genommen und zu Sklaven bzw. Gladiatoren ausgebildet werden. Die Sklaventreiber haben dabei schon Kreaturen verschiedener Spezies gesammelt, die Kirk & Co. als Ausbilder dienen. Deren Kostüme sind schon albern, aber als Kirk versucht sich an seine Ausbilderin ranzumachen und einen Ausweg zu finden und ihr erklärt was Liebe ist, dann möchte man schon instinktiv ausschalten. Als er um zu entkommen mit ihr rummacht, nur um sie direkt danach bewusstlos zu schlagen, ist klar, warum das ein Meme geworden ist … dämliche Szene. Ihr ahnt schon, dass ich immer noch kein Kirk-Fan bin. Und das Frauenbild ist immer noch ziemlicher Käse.
„How to kiss a woman by Captain Kirk“, via rickyr0ma (Youtube)
Woher kenne ich das nur?
Was es mir aber wirklich sehr schwierig gemacht hat die Serie weiterzugucken und bei großer Langeweile alle paar Monate oder Wochen eine Folge drin ist, liegt an den wiederkehrenden Wiederholungen. Wenn man krampfhaft 26 Episoden einer Staffel füllen muss, dann wiederholen sich die Themen doch plötzlich recht stark. Während anfangs Spock und die Vulkanier Lieblingsthema der Drehbuchschreiber waren, so war kurze Zeit darauf KI (in Form aggressiver Planetenkiller – mindestens zwei Mal) in, dann waren es Wolken (d.h. genauer Spezies, die in Wolkenform auftauchen und nicht gerade gut animiert sind und ja, auch das war mindestens zwei Mal) und Kirk, der aufgrund äußerer Umstände quasi kurz davor steht des Kommandos enthoben zu werden. Einmal beispielsweise weil er unnatürlich schnell altert. Ganz schön bewegtes Leben an Bord der Enterprise. Aber ehrlich: diese wiederkehrenden Motive nerven und rauben mir arg die Lust daran weiterzuschauen.
Es ist schwierig mit uns
Verglichen zur ersten Staffel wirken die Witze und die Handlung aber deutlich weniger gestelzt und bringen schön zum schmunzeln. Oder gewöhnt man sich einfach an den Stil der Serie? 😉 Auch die Themen sind interessant und bringen wieder das eine oder andere moralische Dilemma mit sich. Wenn auch meinem Empfinden nach schwächer als in der ersten Staffel. Auch kommen mal andere Charaktere zu Wort. Beispielsweise der von Walter Koenig gespielte Pavel Chekov. Der ist sogar ein ziemlicher Witzbold, der immer alles herausragende als russische Erfindung abstempelt. Der Garten Eden wäre beispielsweise in Moskau gewesen. ^^ Auch Scotty (James Doohan) wird mehr charakterisiert als ein Ingenieur, der seinen Technikschnickschnack und die Enterprise über alles liebt. Während in der ersten Staffel nicht nur die Redshirts dran glauben müssen, ist es in der zweiten aber sehr eindeutig, dass v.A. sie bei den berüchtigten Außeneinsätzen ins Gras beißen. Ich habe also weniger Grund zu sagen „Ich weiß was passiert!“. Weil alle wissen, was gleich passiert … . Nach wie vor kann ich auch die technischen Gadgets nur so semi ernst nehmen. Beispielsweise die witzigen Kopfhörer, die aussehen wie Küchenhelfer und Spock und Uhura in einem Ohr tragen. Das wirkliche Problem sind aber die Wiederholungen der Motive und in dieser Staffel leider auch die albernen Kostüme, denen ich weniger Retro-Charme abgewinnen kann. Es kann eben nicht jede Folge wie die mit Nomad oder den Tribbles sein! Ehrlich – ich habe vorher von der Folge mit den Tribbles gehört und fand die wirklich sehr sehr witzig und ganz cool. 🙂 Aber 26 Episoden-Folgen und dabei nur zwei, die man wirklich gut fand, ist recht wenig. Ich kann mich noch nicht entscheiden, ob ich mich durchringe und weiterschaue. Vielleicht war „to boldly go where no Miss Booleana has gone before“ ein kürzerer Ausflug. Ich spiele echt mit dem Gedanken zu Staffeln zu überspringen und bei Picard weiterzumachen. Was verpasse ich aber? Irgendwie tut es mir auch etwas leid um die Charaktere, die ich ins Herz geschlossen habe. Was sagt ihr Veteranen da draußen dazu? Hattet ihr schon mal ein ähnliches Dilemma mit einer anderen Serie?
„Star Trek – Are You Running A Nursery?“, via CBS (Youtube)
Zu den bisherigen Artikeln der Reihe:
Impressionen, Teil I (1. Hälfte Staffel 1)
Impressionen, Teil II (Staffel 1 Review)
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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