Lovecraft und Sherlock Holmes‘ Kosmos im Crossover!? Scheint nicht zu gehen, klingt aber irgendwie interessant? Dann aufgepasst: Neil Gaimans A Study in Emerald erschien zuerst im Kurzgeschichtenband Fragile Things (Zerbrechliche Dinge), bevor es 2018 bei Dark Horse unter künstlerischer Umsetzung von Rafael Scavone, Rafael Albuquerque und Dave Stewart als Comic adaptiert wurde. In Deutschland ist A Study in Emerald im Dantes Verlag als Eine Studie in Smaragdgrün erhältlich. Dass ich zur englischen gegriffen habe, liegt daran, dass es zu dem Zeitpunkt des Kaufs noch nicht auf Deutsch veröffentlicht war. Der Titel ist schon ein erster Hinweis darauf was uns hier genau erwartet, denn er ist angelehnt an die bekannte Sherlock-Holmes-Geschichte Eine Studie in Scharlachrot. Das Smaragdgrün ist ein zarter Hinweis auf das Crossover – denn hier treffen sich das Sherlock-Holmes-Universum und das von H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos.
Kurz ist gut in dem Fall – alles was ich hier in der Besprechung verrate, könnte zuviel sein. Nur soviel: das bekannte Duo aus Detektiv und fachkundigem Assistent wird von der Polizei bei einem rätselhaften Mord zu Rate gezogen. Kosmischer Horror à la Lovecraft wird hier mit dem viktorianischen Setting der Welt von Sherlock Holmes gemischt und sorgt für die eine oder andere Überraschung. Monster, absonderliche Fähigkeiten und Mittelchen – die Dinge liegen etwas anders als in dem Kanon, den wir kennen. So weisen die schmucken Seiten zwischen den Kapiteln beispielsweise auf Dr. Jekylls revitalisierendes Puder hin, dass hier offenbar anders wirkt oder anders wahrgenommen wird als in der Version von Jekyll und Hyde, die wir kennen. 😉 Obwohl diese einzelnen Auszüge wenig mit der eigentlichen Handlung um Detektiv, Assistent und Mordfall zutun haben, lasse sie erahnen, dass die Dinge hier anders stehen. Autor Neil Gaiman beschrieb A Study in Emerald selber als „Lovecraft/Holmes fan fiction“ [1]. Aber eine hervorragende!
Meine Warnung nimmt es schon vorweg: Twists und Turns sind ein integraler Bestandteil der sehr schlau konstruierten Handlung. Das macht die Kürze der Geschichte für meinen Geschmack aber umso gravierender. Mit seinen zarten 92 Seiten ist der Band schnell zu Ende gelesen und es fühlt sich an, als ob man nur an der Oberfläche von etwas genialem gekratzt hätte. Was nicht heißt, dass es oberflächlich ist, sondern so gut, dass man mehr wissen will. Auch die Optik ist großartig. Die vollfarbigen Seiten sind in realistischem Look mit düsterer Wasserfarben-Optik gehalten und fangen immer wieder das titelgebende Smaragdgrün ein. Sowohl das Flair des viktorianischen Londons als auch die lässig nebenbei gehandelte Charakterisierung der auftretenden Personen gelingt wie ein Kinderspiel und schafft ein rundum gelungenes Gesamtbild. Warum nur muss es so kurz sein!? Große Empfehlung für alle Fans von kosmischem Horror und viktorianischen Settings und denen, die einen guten Twist zu schätzen wissen.
Fazit
Gelungenes Crossover aus Holmes- und Cthulhu-Universum, dessen einziger Makel ist, dass es so kurz ist!
Zum Weiterlesen
Wer keine Angst vor Spoilern hat, findet bei Andreas aka Hemator in der Reihe Lovecrafts Vermächtnis eine ausführlichere Besprechung des Comics.
Quellen
[1] Neil Gaimain Tumblr, zuletzt abgerufen am 17.09.20
Besprochene Ausgabe: ISBN 978-1-50670-393-0, Dark Horse Books
„ausgelesen“ ist eine Kategorie meines Blogs, in der ich immer zwischen dem 15. und 20. eines jeden Monats ein Buch unter die Lupe nehme. Der Begriff „ausgelesen“ ist sehr dehnbar. So wie die Themenvielfalt meines Blogs. Ein „Buch unter die Lupe nehmen“ schließt Belletristik, Sachbücher, Manga, Comics unvm mit ein. 🙂
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