Durch den Jahreswechsel haben mich neben diesem Schmöker v.A. Manga und Comics begleitet. Vorrangig habe ich angefangene Reihen fortgesetzt. So fiel mir auf, dass ja bald der letzte Band der Neuauflage („Perfect Edition“ bzw. in Deutschland „Ultimative Edition“) von „20th Century Boys“ erscheint und ich die ruhig mal weiterlesen könnte. Scheinbar habe ich von „Siúil, a Rún“ doch noch nicht die Nase voll wie ich in meinem Beitrag zum zweiten Band befürchtet habe und „Gideon Falls“ bewegt sich straff auf’s Ende zu. Die Besprechungen sind weitestgehend spoilerfrei, größere sind deutlich gekennzeichnet und vermeidbar.
„20th Century Boys“ Perfect Edition Vol. 7, Naoki Urasawa (engl. Ausgabe, VIZ)
Es ist schwer etwas zu dem Band zu sagen ohne heftige Spoiler für Bände 1-6 zu droppen. Deswegen findet ihr im nächsten Absatz eine spoilerlastige Einschätzung zum Ausklappen, wenn ihr euch traut. Hier sage ich spoilerfrei nur soviel, dass in dem Band ein paar Fortschritte gemacht werden, es gibt ein Wiedersehen mit alten Bekannten und mindestens einen rührenden Charaktermoment. Während sich in Band 6 ja eigentlich angedeutet hat, dass das Ende in Sicht sein könnte, gibt es hier aber nochmal einen kleinen Twist und Turn der zeigt: nein, es geht noch weiter. Wer mal nachgeschaut hat, weiß eh, dass die Perfect Edition elf Bände umspannt und ist jetzt wohl weniger überrascht. 😉 Insgesamt ein sehr schöner abwechslungsreicher Band, der die Story nicht weitreichend vorantreibt, aber immerhin mit einigen Antworten daherkommt und einige kleinere Nebenhandlungen abschließt. V.A. aber meisterlich Spannung und Atmosphäre erzeugt und damit sehr neugierig auf weitere Bände macht.
Und hier nun der versprochene spoilerlastige Teil … (ausklappen auf eigene Gefahr)
Nachdem nun die Katze aus dem Sack ist, müssen unsere Freunde erstmal verkraften, dass Fukube der Freund ist und sie alle eiskalt getäuscht hat. Dementsprechend ist das Motto des Bandes auch Erinnerung und Erkenntnisse miteinander zu verneinen. Und natürlich sind Yukiji, Kanna, Yoshitsune und alle anderen erleichtert und wähnen sich in Sicherheit. Bald ist aber klar, dass Freund ein Vermächtnis hat. Es gibt die Partei und die Anhänger des Freundes – und das auf der ganzen Welt. Das Land versinkt in Staatstrauer und jemand entledigt sich nacheinander der Drahtzieher hinter Freunds Partei. Außerdem ist Schwindel ein Thema. Denn während Freund ganz am Anfang etwas mystisches hatte, ist jetzt nach und nach offensichtlich, dass er ein Betrüger ist und anhand von Erinnerungen werden wie schon im Band davor kleine Details über Fukubes Legenden- und Mythenbildung bekannt, was ganz spannend anzuschauen ist. Das wohl krasseste ist aber, dass sich ein neuer Virusausbruch andeutet – ein weiteres Indiz dafür, dass Freund noch lange nicht mit der Welt fertig ist. Was die Bilder von hustenden, möglicherweise erkrankten Personen, geplünderten Supermärkten, Ad-Hoc-ausgehobenen Friedhöfen und Atemschutzmaske tragenden Menschen in Zeiten der Covid-Pandemie mit Lesern macht, muss ich wohl nicht extra dazusagen. Wer im Kapitel das in einem Ort namens Heimatlicht in Deutschland spielt, genauer hinschaut, bekommt auch den Verdacht, dass das nicht im aktuellen Präsens der Handlung spielt, sondern in der Zukunft. Und soviel darf ich vielleicht verraten: uns steht ein weiterer Zeitsprung bevor und der kommt mit einem ähnlichen Paukenschlag wie der letzte. Ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe.
„Gideon Falls“ Vol. 5 „Wicked Words“; Jeff Lemire, Andrea Sorrentino, Dave Stewart (engl. Ausgabe, Image Comics)
In Band 4 habe ich etwas Kritik daran geübt, dass Gideon Falls ganz knapp an einem möglichen Ende vorbeischrammt und sich für den Weg entschied, doch nochmal das Mysterium zu vertiefen und Finale hinauszuzögern. Aber andererseits bezahlt man den Preis dafür gern. Band 4 war optisch herausragend und natürlich sehr stimmungsvoll. Wo befinden wir uns aber nach dem kryptischen Ende vom letzten Band!? Fatalerweise wurden unsere Helden alle in unterschiedliche Gideon Falls‘ in Parallelwelten geschleudert. Während der Pater sich in einem Blade-Runner-esquen Gideon Falls wiederfindet, verschlägt es den Sheriff in ein Western-Gideon-Falls. Und alle sind infiziert mit dem Virus, den der grinsende Mann inzwischen verbreitet und drohen einzustürzen. Auf einigen psychedelischen Seiten wird die Viele-Welten-Theorie rund um Gideon Falls nochmal ansatzweise erklärt und mit dem vereint, was wir vom Beginn der Reihe wissen. Ein schönes Gimmick um all die Eindrücke mal zusammenzubekommen. Nun wird die Reihe mit dem nächsten Sammelband enden, der im April erscheint und ich freue mich drauf. V.A. aber auch, dass es endet, solange es funktioniert und sich nicht totläuft.
„Siúil, a Rún – Das fremde Mädchen“ Bd.3, Nagabe (Tokyopop)
Leider muss ich sagen, dass es auch im dritten Band keine extrem großen Fortschritte in der Handlung gibt. Und genau dafür hatte ich etwas Angst und dachte, dass ich die Lust verlieren würde. Man kann beim Geschichtenerzählen nur bis zu einem bestimmten Grad das Mysterium vertiefen und geht ab dann das Risiko ein die Leser*innen zu verlieren die sich zu lange hingehalten fühlen. Es sei denn natürlich man legt genug Fährten und Wendungen aus. Noch geht die Methode hier auf – dieses Mal auf der emotionalen und moralischen Schiene. Shiva und der Doktor werden aus Gründen getrennt, die ich hier zur Spoilervermeidung auslasse. Das führt zu einigen herzzerreißenden Szenen in denen beide die Ereignisse und was sie glauben sollen rekapitulieren. Später nimmt der Band wegen dramatischer Ereignisse sehr an Fahrt auf und gibt dem Manga erneut einen moralischen und humanitären Unterbau. Auch wenn die auf dem Klappentext angedeuteten Wahrheiten und Erkenntnisse bei Weitem nicht so groß ausfallen, wird aber zumindest ein interessantes Detail fallen gelassen, was wieder dafür sorgt, dass man als Leser dranbleiben möchte. Inzwischen denke ich, dass wir uns hier sehr lange auf diesem Level bewegen. Aber die Charaktere und das Artwork sind schon wirklich sehr schön auf eine raue, melancholische Art. Also doch weiterlesen …? Vermutlich erstmal.
Witziger Zufall: in zwei Reihen geht es straff auf das Ende zu und in zweien bleiben Antworten aus. Und es sind nicht mal dieselben Zwei. Was habt ihr zuletzt an Manga und Comics gelesen? Könnt ihr Stoffe noch ab, die sehr lange mit großen Auflösungen und dem Finale auf sich warten lassen?
In „angelesen“ sammle ich die Eindrücke von Buchreihen, die ich lese. D.h. insbesondere von Manga und Comics, die ich noch nicht abgeschlossen habe und deswegen nur als Teil eines Ganzen betrachten kann. Wer andere Literatur sucht und die Meinung zu abgeschlossenen Reihen, findet die in ausgelesen, einer weiteren Rubrik hier im Blog. 🙂
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