Serien-Besprechung: „The Witcher“ Season 3

Ich will nicht prahlen, aber es ist nun mal so: es ist ein gewaltiger Vorteil weder Bücher, noch Spiele zu kennen. (Inzwischen mag ich den ersten Band gelesen haben, aber das ist schon ok 😉 ) Denn so kann man die Serie einfach mal ein bisschen genießen und offenbar ganz im Gegensatz zu allen anderen gut finden. Also größtenteils jedenfalls. Die erste Staffel war für mich schon keine 10/10, die zweite Staffel schnitt auch deutlich schlechter bei mir ab. Die dritte ist nun die letzte mit Henry Cavill in der Rolle Geralts von Rivia. Ist es eine selbsterfüllende Prophezeiung, dass sie alleine deswegen schon bei Cavill-Fans schlecht abschneidet? Ich vermute. Wie war nun die dritte Staffel (spoilerfrei)?

Nach den Geschehnissen in Kaer Morhen und dem Ausblick auf das Spektrum von Ciris (Freya Allan) Fähigkeiten, sind sie, Geralt (Henry Cavill) und Yennefer (Anya Chalotra) auf der Flucht. Ihre Verfolger sind vielzählig. Sowohl der Feuermagier Rience (Sam Woolf), als auch die Gesandten der weißen Flamme (Bart Edwards) und die Ränkeschmieder aus Redanien, namentlich „spy master“ Dijkstra (Graham McTavish) und Hofmagierin Philippa (Cassie Clare), sind ihnen auf den Fersen. Sicherlich mit unterschiedlich ausgefeilten, mal mehr, mal weniger gewalttätigen Ansätzen. Die aus Redanien versuchen selbst Jaskier (Joey Batey) mit der Aussicht auf Sicherheit für seine Freunde zu gewinnen. Mit Erfolg? Währenddessen versucht Yennefer Ciri alles über Magie zu lehren. Muss aber bald erkennen, dass sie ein sicheres Umfeld für die Ausbildung brauchen. Wird sie in Aretuza mit offenen Armen begrüßt? Und ist der Ort wirklich so sicher wie erhofft?


The Witcher: Season 3 | Official Trailer | Netflix, Youtube

Damit die Frage beantwortet werden kann, musste man etwas geduldig sein. Die dritte Staffel wurde recht cliffhanger-wirksam in zwei Teilen auf Netflix veröffentlicht. Die letzten drei Episoden versprachen ein großes Finale. Je nach Sehgewohnheit ging der Plan auf, oder auch nicht. Während die Geschehnisse in Aretuza wirklich spannend waren und epische Bilder versprachen, endete die letzte Episode mit furchtbar schlechtem Pacing und gehetztem Narrativ. Es werden Verletzungen als verheerend angedeutet, die gefühlt nach zwei Tagen verheilt sind. Hilfebringende Personen nehmen sich Zeit, machen irgendwas, nur um dann recht spät doch zur Stelle zu sein und alles zu fixen, was vorher nicht möglich schien. Die Serienschöpfer:innen sind nicht in der Lage Zeitgefühl zu vermitteln und reihen plot devices aneinander. Gut ist das leider nicht.

Was gut ist: dass sie andere Fehler und Muster vermeiden. Beispielsweise, dass sich Freunde nicht hintergehen und sich die Charaktere in ihren Grundfesten treu bleiben. Auch wenn das Gegenteil sicherlich viel mehr Drama erzeugen würde. Was das betrifft, respektiert die Serie in ihrem Fundament die Bücher – sicherlich aber nicht in den Details. So habe ich beispielsweise die kleine Lehrstunde über Neutralität vermisst.

Wie oben erwähnt ist es einfacher die Serie zu mögen, wenn man sie wenig mit ihrer Buchvorlage oder den Spielen vergleichen muss. So kann ich sehr die Kostüme und Kulissen schätzen. Auch die cinematografischen Entscheidungen. Manche finde ich zwar fragwürdig wie die übertriebenen Filter, die extrem hervorgehobenen und gesättigten Augenfarben. Aber andere Schlüsselszenen sind mitunter Augenweiden (z.B. alles in und um Aretuza). Ich mag den Humor, ich mag die Charaktere und v.A. mag ich, dass die Charaktere und ihre Geschichten ausgeglichener sind. Dass sowohl Yennefer als auch Ciri als auch Jaskier wie Geralt eine Rolle spielen, erscheint mir übrigens sehr vorlagengetreu. Daher wird für mich vermutlich der Ausstieg Henry Cavills ach keine große Nummer. Ich mag das diverse Casting und ich mochte sehr die Dynamik zwischen Prinz Radovid von Redanien (Hugh Skinner) und Jaskier. Es fixt zwar nicht das erhebliche Queerbaiting-Problem der ersten beiden Staffeln, aber es ist ein Zugeständnis, das zumindest ich annehmen kann. Es gibt also in der Tat noch eine Menge Argumente, um The Witcher zu mögen, auch wenn es bei Weitem keine perfekte Serie ist. (7/10)

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Zu welchem Lager gehört ihr? 🙂 „Guck ich nicht mehr, weil der Cavill geht“ oder „Ich kann die nächste Staffel kaum abwarten“? Ich vermute, dass es eine Menge Schattierungen dazwischen gibt. Aber auch eine hinreichend große Menge „Mimimi, ich will Henry Cavill“. Ich gestehe, dass ich seit den Berichten über sein toxisches Verhalten weiblichen Produktionsmitgliedern gegenüber und diversen Äußerungen im Zusammenhang mit #MeToo kein besonders großer Cavill-Fan mehr bin. Größtenteils finde ich es aber einfach schade, wenn wegen Personenkults und Besessenheit so nah wie möglich an Spielen (die auch „nur“ eine Adaption sind) zu bleiben, eine solide Serie mit soviel tollen Charakteren und guten Visuals zum Halt kommt.

4 Antworten

  1. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Ich fand die Staffel auch okay, insgesamt fand ich den Abschied von Cavill nur sehr enttäuschend. Wahrscheinlich weil ich mir selbst viel mehr vorgestellt habe bin echt mal gespannt, wie Staffel 4 dann später angenommen wird.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Oooh ja, darauf bin ich auch gespannt. V.A. weil es manchmal so wirkt als ob viele im Endeffekt die Serie nur mit Cavill verbinden bzw finden, dass er das „einzige gute“ an der Serie zu sein scheint. In all der Zeit habe ich nur eine Quelle gelesen, die sogar sehr vehement argumentiert, dass er überhaupt kein gutes Casting ist, wenn man die Bücher gelesen hast und erwartet, dass Geralt so dargestellt werden soll wie dort. Das fand ich ganz spannend.

      Meine Meinung zu der Persona Cavill ist in letzter Zeit eh sehr gespalten, sodass ich eigentlich überhaupt kein Problem mehr mit dem Wechsel habe…wer hätts gedacht.

      1. Avatar von donpozuelo
        donpozuelo

        Ich frage mich halt immer noch, was genau die Beweggründe für diesen Wechsel sind. Das ist ja wirklich alles sehr schwammig. Aber ich bin mal gespannt, wie es ohne ihn sein wird.

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Also wenn ich tippen müsste, würde ich sagen, dass Cavill keinen Bock mehr hatte, weil man ihn nicht mitreden ließ. Zumindest gab es dahingehend jede Menge Buschfunk auf amerikanischen Webseiten rund um „irgendwas-mit-Medien-und-so“.
          Und es gab ja einige Geschichten rund um sein von seiner Seite sehr forciertes Casting, Unzufriedenheit mit Story-Entscheidungen und toxischem Verhalten am Set.

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