Langjährigen Leser:innen des Blogs ist wahrscheinlich nicht entgangen, dass ich mich schon eine Weile durch das „Star Trek“-Universum schaue. Eine Mission … to boldly go where no Miss Booleana has gone before. Das ist schließlich Kult(ur), nicht? Aber es ist auch ein Auf und Ab. TOS (The Original Series – Kirk & Co.) war für mich ein Krampf. TNG (The Next Generation – Picard & Co.) hat hingegen Spaß gemacht. Nach angemessen langer Zeit, um TNG noch etwas hinterherzutrauern (und die Filme zu schauen), bin ich nun bei „Star Trek: Deep Space Nine“ angelangt…
… und das erforderte rein vom Format her eine Umgewöhnung. Während ich offenbar die digital remasterte Version von TNG sah, bekam Deep Space Nine (DS9) leider nicht diese Behandlung. Quadratisch, praktisch, gut und niedrig aufgelöst, bricht kurzzeitig mit der Sehgewohnheit. DS9 ist ein Spin-Off des Star Trek Franchises, das quasi seinen Kick-Off während TNG erlebte. Dementsprechend tauchte sowohl die Raumstation als auch einige der Charaktere dort kurz auf. Vice versa haben es Charaktere aus TNG permanent oder kurzzeitig in DS9 geschafft. Anders als in der „Mutterserie“ befinden wir uns nicht an Bord eines Raumschiffs, sondern einer Station. Es gibt keine Forschungsreisen oder diplomatische Außeneinsätze quer durch das Universum, sondern spielt auf der Deep Space Nine, die stets im Orbit des Planeten Bajor liegt. Das ist zumindest mal ein anderes Setting. und stellt die neue Crew vor ganz andere Herausforderungen als in den Vorgängern.
Die Handlung setzt schließlich nach dem Ende eines großen Konfliktes ein, der (gelinde gesagt) noch schwelt. Commander Benjamin Sisko (Avery Brooks) wird von Starfleet abgestellt, um Deep Space Nine zu leiten. Die Raumstation befindet sich in der Nähe des Planeten Planeten Bajors, dessen Bevölkerung bis vor Kurzem noch unter der Okkupation der Cardassianer litt. Auch die Raumstation wurde von ihnen lange Zeit eingenommen und betrieben. Was Sisko vorfindet ist ein runtergewirtschaftetes Loch.
Sisko bringt seinen Sohn Jake (Cirroc Lofton) mit und seinem Kommando unterstehen u.a. die bajoranische Offizierin Kira Nerys (Nana Visitor), der Sicherheitschef Odo (René Auberjonois), die Wissenschaftsoffizierin Jadzia Dax (Terry Farrell), der Arzt Dr. Julian Bashir (Alexander Siddig) und der aus TNG bekannte Ingenieur Miles O’Brien (Colm Meaney). Außerdem spielt von der ersten Episode an der Ferengi Quark (Armin Shimerman) eine große Rolle, der auf Deep Space Nine eine Bar betreibt, die häufig Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist. Sie alle machen im Laufe der Staffel mit ihren satten und für mich inzwischen ungewöhnlichen zwanzig Folgen aus der Raumstation einen Ort in der Galaxie, der wieder von verschiedenen Völkern angesteuert wird. Kurzum: sie polieren Deep Space Nine gewaltig auf.
Aufmöbeln hätte der Serie sicherlich auch gut getan. Sie hat scheinbar nicht ganz das Budget, was TNG zugute kam. Manche der Effekte sind gewöhnungsbedürftig, selbst wenn man sich dem 90er Jahre Charme öffnet. Als erstes Beispiel fällt mir immer die Formwandlung Odos ein, bei der ich mich immer frage, ob die in den 90ern cooler wirkte. Die Atmosphäre der Raumstation ist rein von der Farbpalette her auch dunkel und gedrungen, was zum Teil auch an dem Setting liegt. Sisko bekommt eben kein brandneues Starfleet Vessel, sondern eine Raumstation, die schon ein paar Tage auf dem Buckel hat. Dahinter steigt man relativ schnell, was natürlich die gedrungenen Farben und die mindere Auflösung über zwanzig Episoden hinweg nicht gerade zu einem Pluspunkt macht. Die Atmosphäre ist auch allein deswegen schon sehr anders als man es von TNG kennt, weil Sisko und seine Crew noch mit dem Konflikt zwischen Bajoranern und Cardassianern konfrontiert werden. Teile seiner Crew haben die Verbrechen der Cardassianer miterlebt und ernste Themen wie Folter, Verfolgung und Völkermord begleiten uns von der ersten Episode an. Keine leichte Kost? Waren ja auch im Grunde die anderen Star Trek Serien nicht. Aber DS9 hat unverkennbar einen eigenen, teils düsteren Ton.
Am Ende macht es die Diversifizierung aus Personen und Themen, warum man DS9 schaut. Seit TOS, viel deutlicher aber seit TNG, gehört eine vielseitige Crew zur Erfolgsformel von Star Trek. Damit einher geht die Inter-Spezies-Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis. Das schreibt auch DS9 groß. Waren die dreisten, gewinnorientierten Ferengi bisher nicht meine Lieblingscharaktere in Star Trek, sorgt Quark hier erfolgreich für Comic Relief. Er ist clever und spielt stets gekonnt seine Karten aus. Vor Allem aber hängt er manchmal eben doch mehr an der Crew als er zugeben will.
Commander Siskos alte Freundin Jadzia Dax ist zudem ein symbiotischer Organismus. Sisko kannte Dax bereits in seinem:ihrem letzten Wirt – einem männlichen Körper. Damals nahm Dax eine Mentorrolle für ihn ein. Inwiefern er Jadzia „Dax“ immer noch als dieselbe Person sieht, wird mehrmals Thema sein und bietet eine spannende Diskussionsgrundlage. Außerdem mag ich sehr gern den rauen Charme des Sicherheitschefs Odo, der ein Formwandler ist und eben durchaus mal die Situation aus dem Stillen heraus als Stuhl(!) beobachtet hat, bevor er eingreift. Ich mag, dass er eine so nebulöse Vergangenheit hat. Er erinnert sich nicht, woher er kommt. Als einer der wenigen im Star-Trek-Universum hat er zudem noch nie ein anderes Individuum seiner Spezies getroffen. Wenn das mal kein Versprechen auf mehr Story ist.
Die verschiedenen Spezies und Konflikte der Galaxie treffen wie gewohnt aufeinander. DS9 ist schließlich wie eine Art Weltraumhafen – hier treffen sich alle. Nicht zuletzt weil der Aufhänger der Pilotepisode ist, dass in unmittelbarer Nähe der Deep Space Nine ein permanentes, stabiles Wurmloch ist. Durch dieses können nun Passagiere aus einem weit entfernten Quadranten des Universums zur DS9 reisen – und umgekehrt. Das heißt wir müssen nicht ganz auf Forschungsreisen und Abenteuer verzichten. Noch geschieht das aber sehr forciert und eher selten durch das Personal der DS9 selber. Dadurch, dass wir meistens auf der Raumstation sind und auch den nahe gelegenen Planeten Bajor nur sehr selten sehen, fühlt sich DS9 hermetisch und verschlossen an. Die Konflikte der Serie außerdem einige Male eher forciert und künstlich, weil so viel darüber geredet, aber sie nie gezeigt werden. Nie gezeigt im Sinne von: es gibt sehr wenig der Kultur der Völker zu sehen. Die religiösen Leitfiguren der Bajoraner trifft man immerhin im Verlauf der Staffel und darf einige kurze Blicke auf Bajor werfen.
Ebenfalls sehr künstlich und ein klares Plot Device sind die ständigen Reparaturen, die O’Brien auf der Station ausführen muss. Fehlfunktionen kommen meist zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt und erschweren zusätzlich den „Case of the week“, was etwas zu offensichtlich ist und irgendwann sehr repetitiv wirkt. Trotz der Schwächen der Story und der Künstlichkeit durch das Umfeld der Raumstation, habe ich die Charaktere sehr ins Herz geschlossen und auch einige Lieblingsepisoden gesammelt. Beispielsweise Episode 1×09 „Chula – das Spiel“, in der ein Bluff Quarks dafür sorgt, dass die Crew ungewollt Teil eines sehr speziellen Spiels wird.
Meine bisher liebste Folge ist überraschenderweise 1×17 „Persönlichkeiten“. Obwohl ich kein so großer Fan Lwaxana Trois (Majel Barrett, Roddenberrys Witwe) in TNG war, wird es immer witzig, wenn sie da ist. 😀 Trifft jemand so aufgeschlossenes wie sie auf jemand so verschlossenes wie Odo, dann ist das ein Knaller. War es auch. Und am Ende überraschend empfindsam und rührend. In der zweiten Hälfte der Staffel geht es in vielerlei Hinsicht in die Vollen. In 1×19 „Der undurchschaubare Marritza“ bekommt der Konflikt zwischen Bajoraner:innen und Cardassianer:innen die erhofften Grauzonen. Denn im ersten Drittel der Staffel war alles sehr schwarz-weiß, Bajoran gut, Cardassianer:innen böse. Die letzte Episode der Staffel nimmt religiösen Fundamentalismus und Instrumentalisierung ins Visier und ist damit so aktuell und zeitgeistig wie ich Star Trek seit The Next Generation erlebt habe und es wieder sehen will. Wenn es so weitergeht, dann kann DS9 einiges. Die Staffel braucht nur, um in die Gänge zu kommen. (6/10)
Wenn ich mir übrigens noch eine Sache wünschen könnte, dann wäre es ein spannenderes Intro als dieses instrumental begleitete Umkreisen der Raumstation. Vielleicht vermisse ich einfach, dass ein Captain mit bedächtiger Stimme sagt „Space. The final frontiert …“ usw. Ich spreche das manchmal drüber, wenn ich das Intro nicht skippe. Stolpere dann aber über „these are the voyages …“. 😉 Wie habt ihr die erste Staffel von DS9 empfunden? Ich weiß da draußen sind einige Trekkies.
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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