Langjährigen Leser:innen des Blogs ist wahrscheinlich nicht entgangen, dass ich mich schon eine Weile durch das „Star Trek“-Universum schaue. Eine Mission … to boldly go where no Miss Booleana has gone before. Das ist schließlich Kult(ur), nicht? Aber es ist auch ein Auf und Ab. Nachdem ich mich an die Farbpalette und Stimmung in DS9 gewöhnt hatte, ging es recht bald mit der zweiten weiter.
Die Staffel beginnt mit einem starken Auftakt und einer gewaltigen Probe für Commander Benjamin Sisko (Avery Brooks) und sein Team. In den drei zusammenhängenden ersten Episoden sorgt eine fundamentalistische Gruppe namens „The Circle“ für Unruhe auf Bajor und der Raumstation. Am Ende sieht sich die Federation gar gezwungen die Station zu evakuieren. Zu Allem Übel wird Kira Nerys (Nana Visitor) ihres Amtes enthoben. Wie es noch so einige Male in dieser Staffel der Fall sein wird, steckt eine ganz bestimmte Person dahinter, die Höheres anstrebt und dafür zu unlauteren Mitteln greift.
Es wird also mitnichten ruhig auf der Deep Space Nine. Aber zumindest diese Krise wird gelöst. Zu den wiederkehrenden Themen der Staffel gehört aber natürlich der Konflikt zwischen Cardassia und Bajoran, die Wahl des oder der nächsten Kai auf Bajoran (d.h. des spirituellen Oberhaupts) und die/das ominöse Dominion. Letzteres tritt für meinen Geschmack noch zu zaghaft in Erscheinung.
Die Charaktere kommen natürlich nicht zu kurz und erhalten alle ihre persönlichen Charakterreisen. Für Jake (Cirroc Lofton), den Sohn des Commanders, stellt sich u.a. die Frage was er nach der Schule machen will. Sein Vater denkt sofort an Starfleet. Jake realisiert aber, dass die offensichtliche Wahl seines Vaters nicht seine ist. Das erinnert ein wenig an Wesley Crusher, wird hier aber dankbarerweise etwas früher in eine gewisse Bahn gelenkt und auch bodenständiger vorbereitet. Odo (René Auberjonois) erhält Profil und Background, indem wir erfahren wie er zu seinem Posten kam. Auf Odo-zentrierte Episoden freue ich mich immer am meisten. 😊 In der Episode 2×12 „The Alternate“ erhalten wir einen nicht so dezenten Hinweis darauf nach wessen Vorbild Odo sein humanoides Äußeres modelliert hat und erleben einen Eltern-Kind-Konflikt, der moralisch ganz schwierig ist.
Für Jadzia Dax (Terry Farrell) gibt es einige Episoden, in denen ihre Philosophie hinterfragt wird, aber auch ihr Leben in Gefahr schwebt. Es wird einem bewusster gemacht, was für eine Bedeutung es in ihrer Kultur hat einen Symbionten zu erhalten. Überraschenderweise ist am meisten die etwas schwierige Beziehung zwischen Dr. Julian Bashir (Alexander Siddig) und Miles O’Brien (Colm Meaney) Thema in der Staffel. Wer also immer fand, dass alles zu heititeiti innerhalb der Crews der diversen Raumschiffe läuft, bekommt hier den Gegenentwurf. Denn Bashir hat prinzipiell nichts gegen O’Brien, aber O’Brien kann Bashir nicht ab. Wenn der eine kumpelhaft die Nähe des anderen sucht und der lieber wegrennen will, dann hat das sicherlich Potential für Comic Relief. Für mich hat sich aber das Muster schon alleine in dieser Staffel abgenutzt.
Apropos wiederkehrende Muster: vielleicht ist O’Brien ja sowas wie ein Publikumsliebling? Sein Leben ist jedenfalls in mehreren aufeinanderfolgenden Episoden in Gefahr und er in vielen Episoden im Zentrum des Geschehens. Das finde ich schön, weil ich O’Brien mag und die Episoden sind wirklich sehr spannend (2×13, 2×14), aber es ist auch erneut zu musterhaft und erscheint schlecht getaktet. Ein gutes Timing hat für mich wiederum, dass in der Episode 2×07 „Rules Of Acquisition“ mal die Rolle der weiblichen Ferengi ausgebaut und herausgefordert wird. Ihre offensichtlich sexistischen Einstellungen und herben Geschlechterrollen haben mich schon immer zu einer Zuschauerin gemacht, die nicht gerade „juchhu“ schreit, wenn Ferengi auftauchen. Mit „dem“ Ferengi Pel an seiner Seite bekommt Quark (Armin Shimerman) aber ordentlich was zum Grübeln. Wieder ein komisches Timing: kaum gab es hier eine Andeutung von (ehrlicher) Zuneigung zwischen Quark und jemand anderem, schwups gibt es eine Wiederholung dessen in anderer Form nur wenige Episoden später. Ihr seht. Mit der zweiten Staffel werde ich nicht ganz warm.
Wobei ich es schon grundsätzlich sehr schön finde wie die Charaktere mehr Profil, mehr Reibung und mehr Backgroundgeschichte verliehen bekommen. Sei es das Rockstar-Verhalten von Jadzia Dax oder eben die schwierige Beziehung zwischen O’Brien und Bashir. Das birgt Comic Relief, Identifikation, Format. Dazu gehören auch Beziehungen. Die kommen definitiv nicht zu kurz. Besonders aufmerksam war ich sobald Vedek Bareil (Philip Anglim) irgendwo auftauchte und shippe wohl am meisten ihn und Kira Nerys. ♥ Große Gefühle gabs auch gegen Ende der Staffel, wo es mit der Wahl des oder der nächsten Kai eine große Entscheidung gibt, die schon länger wie ein Damoklesschwert über der Handlung hing. Emotional ergriffen hat mich am meisten die Episode 2×16 „Shadowplay“ über ein Dorf, in dem Leute verschwinden – Odo und Co. ermitteln. Die Auflösung hat mir mehr als nur ein Tränchen entlockt.
Punktemäßig bewegen wir uns langsam aufwärts dank der Entwicklung der Charaktere. Die vielen thematischen Wiederholungen wiederum tragen nicht dazu bei. Worin Star Trek schon immer gut war ist zeitgeistige und moralisch verzwickte Themen zu adressieren und durch Metaphern auf andere Völker einen Vergleich zu unserer Gesellschaft zuzulassen. Beispielsweise zum Thema Immigration bzw. Asyl in der Episode 2×10 „Sanctuary“. Dort unterstützt man zuerst Immigration, als man aber merkt, dass das ja Auswirkungen hat, ist man so „äh, moment, können wir darüber nochmal reden?“ und verletzt die Gefühle vieler. Kommt uns bekannt vor? Auch interessant: in 2×06 „Melora“ (uncharmant: der deutsche Episodentitel „Das Melora-Problem“) stößt eine neue Führungsoffizierin hinzu, die sich je nach Schwerkraft schwebend oder mit einem Rollstuhl fortbewegen muss. Es stellt die Frage nach unserem Umgang mit den individuellen Bedürfnissen der Einzelnen und wann wir etwas als „Behinderung“ wahrnehmen. Starke Episoden. Mit der Wahl des bzw. der Kai scheint nun auch ein großer Plot abgeschlossen. Vielleicht ist dann jetzt mehr Platz für die Erkundung was es mit Dominion auf sich hat? (7/10)
Im Moment freue ich mich trotz Allem mehr, wenn wir eine Staffel geschafft haben und weniger, wenn wir eine neue beginnen. Daher schreitet das Star-Trek-Schauen nur sehr langsam voran. Dagegen scheint zumindest vorerst der Lost-Rewatch gewonnen zu haben. Mein Mann (der beides mit mir schaut), nörgelt aber nach anfänglicher Begeisterung in den letzten Episoden dermaßen viel an „Lost“ herum, dass wir uns demnächst wohl doch mal an die dritte Staffel von DS9 wagen werden (müssen). Naja. Immerhin bin ich ja durch die Leser:innen des Blogs instruiert, dass es ab der dritten richtig spannend wird. Das macht mir Hoffnung. 😉
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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