Das wäre ja kein Horrorctober, wenn ich nicht Manga lese, die sich irgendwo zwischen den Genreschubladen „Horror“ und „Mystery“ aufhalten, oder? 😉 Ein bisschen „Whodunit“ habe ich auch mitgebracht. Zwei sind erste Bände und daher per se spoilerfrei in der Review. Bei einem der Manga handelt es sich um einen dritten Band, den ich tunlichst versuche nicht zu spoilern, ihn aber zur Sicherheit auch ans Ende des Artikels setze, damit ihr ihn leicht überspringen könnt.
„PTSD Radio“ Bd. 1, Masaaki Nakayama, Tokyopop
PTSD Radio geisterte schon etwas länger durch meinen Feed, weil die Mangareihe offenbar an Beliebtheit in Kreisen von Horrorfans gewann. Der Name klingt jedenfalls so, als ob man sich auf eben das bereit machen kann – etwas traumatisierendes. Der erste Band widmet sich dem Thema Haare und präsentiert verschiedene Geschichten, die mal sehr plastischen, mal eher psychologischen Horror beinhalten und teilweise zusammenhängen. Hier ist aber auch der Knackpunkt: die Snippets sind so kurz, dass Zusammenhänge erst nach und nach klar werden oder sich auch durch einmaliges lesen nicht voll erschließen. Mir fiel es auch einige Male schwer zu sagen, ob die Charaktere aus Geschichte A dieselben sind wie in Geschichte B, da sich einige Personen optisch ähneln. Band 1 könnte durch das fragmentarische abgeschlossen sein und sich Band 2 eines anderen Motivs widmen – hierzu konnte ich (noch) nichts hilfreiches finden.
So ganz überwältigt bin ich also nicht, obwohl der Horror seine Wirkung nicht verfehlt. In einem der Fragmente scheint beispielsweise „etwas“ einer Frau an den Haaren zu ziehen. Anfangs sind die Situationen nur unangenehm und erschreckend – später lebensgefährlich. PTSD Radio verfehlt nicht seine Wirkung. Die Bilder schaffen sogar Jump Scares. 😉 Oftmals wird die Reihe mit Junji Itōs Werken verglichen, was naheliegend ist. Auch hier liegt das Schauderhafte oftmals im alltäglichen und gleitet überraschend schnell in Bodyhorror ab. Auch der Zeichenstil Masaaki Nakayamas ist routiniert, professionell und „klassisch schnörkellos“. Vom Konzept her soll PTSD Radio wohl den Eindruck erwecken, dass man einer Art creepy Radiosender lauscht, der die schaurigen Einzelgeschichten auf einer abseitigen Frequenz erzählt. Die Idee ist cool, aber erklärt noch nicht so ganz, warum dann alle Fragmente durcheinander sind und nun ja, Manga sind eben immer noch nicht zum Hören da. Ein bisschen Statik bzw. Rauschen aus der Leitung muss man sich also hinzudenken.
„Mord im Dekagon“ Bd. 1, Yukito Ayatsuji/Hiro Kiyohara, Carlsen Manga
Ein Hochschul-Detektiv-Club (für was gibt es eigentlich alles Clubs?) plant ein Wochenende auf einer verlassenen Insel zu verbringen, auf der vor Kurzem ein Mehrfachmord begangen wurde. Eines der Mordopfer war ein Architekt, der auf der Insel u.a. ein zehneckiges Gebäude (Dekagon) errichtet hat, in dem sie übernachten und über den Fall fachsimpeln. Hohe Immersion? Check. Sie sind ein Krimiclub, sie mögen Rätsel und können das Schaurige sicherlich ab. Auch als sie keinen Handy-Empfang mehr haben? Einige ihrer Mitglieder sind auf dem Festland geblieben und erhalten merkwürdige Nachrichten und wie es der Titel vermuten lässt gibt es vielleicht bald einen Mord im Dekagon!?
Ich habe schon lange kein gutes Whodunit mehr gelesen und wurde von Mord im Dekagon nicht enttäuscht, auch wenn bisher wenig passiert ist. Der erste Band beginnt fast schon mustergültig mit der Einführung der Charaktere, namentlich unserer studentischen Hobby-Detektive, ihrer Reibereien untereinander und der Ankunft auf der Insel. Ein schönes Gimmick ist, dass sie sich alle mit Codenamen anreden, die berühmten Krimi-Autor:innen entliehen sind, von denen ich die meisten, aber nicht alle, kannte. Die Schilderungen des Mordes an dem Architekten, seiner Frau und ihren Angestellten gibt schon so ein paar Rätsel auf und zumindest auf dem Festland beginnt die Spurensuche. Die Geschichte stammt von Yukito Ayatsuji und erschien zuerst als Roman, wurde danach als Manga adaptiert und von Hiro Kiyohara illustriert. Und das sehr routiniert und in einem schönen, krimigerechten Stil mit düsteren Elementen und Foreshadowing. Es kommt Atmosphäre auf, hat den zu erwartenden Cliffhanger und macht neugierig auf den zweiten Band.
„#DRCL – Midnight Children“ Bd. 3, Shin’ichi Sakamoto, Hayabusa
Ich habe nicht in die Tat umgesetzt, was ich in der Besprechung von Band 2 schrieb und nicht nochmal Bände 1-2 gelesen, bevor ich mir den dritten gebe. Mein Gedächtnis war dann doch noch gut genug. Die Handlung setzt sich nahtlos fort mit der drohenden Ankunft eines erstarkten Draculas in der Schule. Van Helsing und unsere jungen Freunde versuchen dem alles entgegenzusetzen, was das Fachwissen hergibt und Luke/Lucy zu schützen. Dieser Band wird überraschend und vor Allem überraschend brutal. Nachdem ich den Fortschritt in Band 2 eher etwas mau fand, macht Band 3 gefühlt große Sprünge. Auch was die Emanzipation Minas betrifft. Was ihre Rolle in der Gruppe und der Schule betrifft, gibt es ein wenig Aufklärung und auch Dracula bekommt ein Gesicht – wer hat nicht darauf gewartet? Zu meiner Überraschung erinnert Dracula an einen sehr bekannten und bereits verstorbenen Popsänger. 👀 Es gibt nur einen Disclaimer zu Beginn des Mangas, dass Ähnlichkeiten zu lebenden Personen nicht beabsichtigt sind. Oha.
Ansonsten ist #DRCL wieder in vielerlei Hinsicht voller Kunstgriffe. Wie auch schon die Vorgängerbände ist der Stil atemberaubend schön und detailverliebt. Zu den wünschenswerten Modernisierungen zählt, dass es Erfindungen der damaligen Zeit einbindet – und hier auch erklärt. Beispielsweise wie es zum Titel #DRCL kommt. Dass dies mit dem auf der Schreibmaschine neu eingeführten „#“ zutun hat, ahnten wir ja vorher schon. Auch gibt es einen kleinen Exkurs in die Sagenwelt über Vampire und warum man sich vielleicht nicht zu sehr auf dieses Wissen (bzw. diesen Aberglauben) verlassen sollte. Stichwort: Evolution. Macht neugierig? Zu recht. Es ist sehr sehr spannend in Band 3 und eines ist nach diesem Band sicher: wir werden noch einige Überraschungen im Vergleich zu Bram Stokers Dracula-Version erleben.
Die Mangareihe, die ich eh schon lese (#DRCL) hat mich offensichtlich am Haken, „Mord im Dekagon“ Band 2 liegt auch schon hier, aber mit „PTSD Radio“ Band 2 hadere ich noch etwas. Wenn jeder Band so durcheinander ist, bin ich mir noch unschlüssig, ob ich dranbleibe. Kennt ihr die Bände und wie habt ihr sie empfunden?
In „angelesen“ sammle ich die Eindrücke von Buchreihen, die ich lese. D.h. insbesondere von Manga und Comics, die ich noch nicht abgeschlossen habe und deswegen nur als Teil eines Ganzen betrachten kann. Wer andere Literatur sucht und die Meinung zu abgeschlossenen Reihen, findet die in ausgelesen, einer weiteren Rubrik hier im Blog. 🙂
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