Serien-Besprechung: „Star Trek: Deep Space Nine“ Season 5

Langjährigen Leser:innen des Blogs ist wahrscheinlich nicht entgangen, dass ich mich schon eine Weile durch das „Star Trek“-Universum schaue. Eine Mission … to boldly go where no „Miss Booleana“ has gone before. Wobei ich Science-Fiction keinesfalls abgeneigt bin, eher das Gegenteil. Aber es ist ein Auf und Ab. TNG ist bisher mein Lieblingsableger im Star-Trek-Kosmos. DS9 kam für mich bisher nicht ran. Ändert das die fünfte Staffel? Die Besprechung ist spoilerfrei, setzt aber Wissen über die früheren Staffel voraus.

Zu Staffel vier schrieb ich noch: „So recht scheint DS9 für mich nicht über die 7/10 hinauszukommen“ und begründete das hauptsächlich mit den für mein Empfinden oftmals langweiligen oder durchwachsenen Cases of the Week. Insbesondere was die vierte Staffel betrifft, war ich sehr unzufrieden über zwei Entwicklungen in der Handlung, die bestenfalls hanebüchen und wie Plot Devices wirkten. Überraschenderweise ist in der fünften Staffel alles anders und sie wurde meine Lieblingsstaffel. Und das obwohl oder gerade weil sie die unehrenhafte Aufgabe hat nun all diese Baustellen mit einem Mal aufzuräumen.

DS9 Season 5 out of context, ItsPengWin, Youtube

Dabei ist der Beginn denkbar unspektakulär. Die große Offenbarung aus dem Finale, dass das Dominion die klingonische Führungsriege infiltriert hat, wird in nur einer Episode aufgelöst. Die Klingonen bleiben immerhin – war ihr Einführen in DS9 doch auch sicherlich ein Kniff, um die Popularität des Franchise-Ablegers zu steigern. Es geht für einige Charaktere mit denkwürdigen Storylines weiter, bei anderen weniger, manchmal nur mit einer Episode, manchmal mit mehreren. Benjamin Sisko (Avery Brooks) wird in seiner Doppelrolle als „Emissary“ und Commander der Sternenflotte auf Deep Space Nine vor eine weitere Herausforderung gestellt, die dieses Mal geradezu bewusstseinserweiternd ist. Odo (René Auberjonois) versucht sich an sein Dasein als „Solid“ zu gewöhnen und Kira Nerys (Nana Visitor) an die Verantwortung, die sie mit der Leihmutterschaft für die O’Briens eingegangen ist. Derweil fragt man sich, ob sich zwischen Jadzia Dax (Terry Farrell) und Worf (Michael Dorn) etwas anbahnt?

Wie die fünfte Staffel beweist, braucht es manchmal nur eine Episode, um einem Charakter ein ganz anderes Format zu geben. In 5×16 „Doctor Bashir, I Presume?“ wird ein Detail über Dr. Julian Bashir (Alexander Siddig) bekannt, das überrascht. Und doch wieder nicht. Die große Offenbarung über „Dr. Bashirs Geheimnis“ (so der deutsche Episodentitel) hat tatsächlich weitreichende Konsequenzen und lässt ihn in einem anderen Licht dastehen. Man kann sich die Frage stellen, ob diese Wendung lange geplant war oder später dazu diente seinen Charakter sympathischer und facettenreicher zu machen? Bashir war sicherlich nicht der Lieblingscharakter der Fangemeinde, da er in der ersten und zweiten Staffel noch eher arrogant und übermütig gezeichnet wurde. Zwar tippe ich darauf, dass die Freundschaft zu Miles O’Brien (Colm Meaney) und das Herunterregeln seiner anfänglichen Arroganz schon Maßnahmen waren, um ihn beliebter zu machen, aber die Episode setzt dem die Krone auf und stellt zudem einige spannende Fragen über die Rolle der Wissenschaft und gesellschaftliche, moralische Auswirkungen. Andererseits: war es doch länger geplant? Ich erinnere mich noch an eine Episode in der Bashir mit plötzlicher Popularität hadert, was hierzu passen würde.

Wo wir gerade bei Character Arcs sind: ich kritisierte sehr stark die von Odo und Kira in der vierten Staffel. Was Kira betrifft, habe ich einen Hinweis erhalten, warum es zu der Storyline kam. (Danke nochmal 😉) Aber ich denke immer noch, dass das stimmiger hätte gelöst werden können. So oder so werden beide Storylines in der fünften aufgelöst und spannen eine interessante Parallele zwischen Kira und Odo auf. Denn auch Odo bekommt es in 5×12 „The Begotten“ mit Nachwuchs zutun als er quasi Ziehvater wird. Sie wurde zu einer meiner Lieblingsepisoden der Staffel. Betrachtet man allerdings die Möglichkeit, dass Odo und Kira je zueinander finden und mehr als Freunde werden, dann wird deutlich, dass die Serienmacher hier das volle „Will-they-won’t-they“-Potential ausschöpfen. Es gibt immer wieder etwas, das zwischen ihnen steht. Noch funktioniert das Beziehungsdilemma ganz wunderbar bei mir und lässt mich fleißig weitergucken. Aber ein bisschen nervt es schon.

So spannend wie die erwähnten Character Arcs finde ich die der anderen Crew Mitglieder dann leider nicht. Sehr erwähnenswert ist aber, dass die Episode 5×05 „The Assignment“ ausnahmsweise mal Keiko O’Brien (Rosalind Chao) Arbeit gibt. Längst überfällig. Ich bin kein großer Fan, dass sie so selten in Erscheinung tritt und wenn, dann häufig als „die Ehefrau von“. Eine meiner anderen Lieblingsepisoden und purer Spaß für Star-Trek-Fans, die auch TOS gesehen haben ist 5×06 „Trials And Tribble-ations“. Man möchte erstmal seufzen, wenn man den Episodentitel liest. Nicht doch Tribbles! Aber gerade das ist der Comic Relief. 😁 Die Episode mit Kirk und Spock wird recycelt, Siskos Crew smart in den Look von TOS zurückversetzt und in die alte Episode reingeschnitten. Denn man reist (natürlich) durch die Zeit, um hier (natürlich) eine folgenschwere Anomalie zu verhindern. Jadzia und andere sind total gehyped Kirk zu sehen, andere kämpfen mit der alten Technologie von damals und die Frage, warum „Klingonen damals noch so aussahen, Worf?“ wird smart umschifft. Die Episode ist pures Augenzwinkern, fabelhaft meta und herrlich selbstironisch.

Those are Klingons?, Mike Johnson, Youtube

Mal abgesehen davon ist wohl das beste Argument der Serie, dass sie erneut etwas mehr von der Bremse steigt und den Konflikt Bajor-Cardassia-Dominion-Klingonen-Federation einige Episoden widmet, auch in Doppelfolge. Die Konsequenzen sind dieses Mal so weitreichend ausgespielt, dass man weiterschauen möchte. Ja sogar muss und auch in der darauffolgenden sechsten Staffel mit nicht nur Doppelfolgen, sondern sieben aufeinanderfolgenden überrascht wird. Das war das, was ich mir erhofft hatte, wenn man schon eine solche übergreifende Handlung innerhalb einer Serie schafft. Diese richtig zu zelebrieren.

Wenn das soviel besser ist, warum stehen hier dann nicht endlich (10/10), sondern (8/10)? Naja, nach einer langen Durststrecke mit (7/10) muss man sagen „immerhin (8/10)“. Warum DS9 wohl nicht weiter darüber kommen wird ist die langsame Weiterentwicklung der Character Arcs, was einfach auch an der Masse an Personen liegt, die hier bedient werden möchte. Rechnet man auf all die noch Comic Relief und ernste Episoden in Star Trek Manier, dann haben Drehbuchautor:innen schon alle Hände voll zutun und es ist vielleicht (gerade in der Ära) vorprogrammiert, dass es nicht gelingt alle Storylines bedeutungsvoll zu machen. Man meint manchmal eine Formel zu erkennen: nicht mehr als eine Entwicklung pro Episode. Darüber hinaus ist es vor Allem auch ein Kind seiner Zeit. Kampfszenen gab es viel und sie sehen leider cringe aus. Über die Effekte habe ich sicherlich mindestens seit Staffel 1 nicht gesprochen, aber sie bleiben natürlich wie sie sind. CGI, das natürlicherweise schlecht altert. Genauso wie das Sci-Fi-Gebabble, das immer eine inhaltsleere Erklärung für den Episodenaufhänger hergibt. Neben dieser konstanten Kritik ist die Serie aber bisher für mich auf ihrem Höhepunkt angekommen.

Sternchen-8

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Übersicht der Reviews zu „Star Trek: Deep Space Nine“: Season 1 | Season 2 | Season 3 | Season 4 | Season 5 | Season 6 | Season 7

Selbstredend, dass ich gleich weiterschauen musste. Was die liebe Blogbubble ♥️ hier vorhergesagt hat, stimmt also – ab der dritten Staffel zieht DS9 an. Man muss sich natürlich fragen, wer solange mit heutigen Sehgewohnheiten dran bleibt? Statt der dritten oder vierten ist hingegen die fünfte meine bisherige Lieblingsstaffel. Wo ordnet ihr euch da ein? Eine Frage, die mir während des Schauens der Staffel das erste Mal kam: gab es eigentlich mal einen Nicht-humanoiden Captain? Oder zumindest einen, der nicht von der Erde stammt?

3 Antworten

  1. Worfs Antwort auf die Frage, was mit den Klingonen passiert sei, ist einer meiner Star Trek-Lieblingsmomente 😉 Die Tribbles-Folge ist legendär, auch bei DS9.
    Was die „Cases of the week“ angeht, finde ich die ehrlich gesagt bei DS9 insgesamt deutlich besser als bei TNG, vor allem, wenn ich die TNG-Folgen heute wieder sehe. Aber das ist halt Geschmackssache. Ich bin ja wie schon gesagt auch nicht über alles bei DS9 begeistert. Ich bin anders als die meisten beispielsweise kein großer Fan der Kira-Odo-Storyline. Bashir habe ich daher von Anfang an gemocht, irgendwie. 😉

    1. sollte „dagegen“ heißen, nicht „daher“

  2. Die Tribbles-Folge ist natürlich klasse und war damals der DS9-Beitrag zum 30jährigen Star Trek Jubiläum. Ich meine aber, dass mir Staffel 4 etwas besser gefallen hatte. Ich war auch kein großer Fan von diesem Bashir-Twist. Staffel 6 hat dann noch einmal einige herausragende Episoden zu bieten!

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