Filmbesprechung „The Yin Yang Master Zero“ (Nippon Connection 2024)

Sollte es wirklich wahr sein? Ja ist es! Mit „The Yin Yang Master Zero“ bespreche ich nun den neunten und letzten Film, den ich während des Nippon Connection Filmfestivals gesehen habe. Zu später Stunde ging es in den Mousonturm in Frankfurt am Main und es hieß für dieses Jahr ein letztes Mal „Nippon Connection – japanisches Filmfestival in Frankfurt am Main“. Festivalkenner:innen haben jetzt hoffentlich den Jingle im Kopf. 😉🎼 (Hört man auch unten am Ende des Trailers.) Die Besprechung ist spoilerfrei, der Film lief zur „Nippon Connection“ als Deutschlandpremiere.

Onmyōji waren im Japan zur Heian-Zeit in wissenschaftlichen Themen geschult, aber auch in spirituellen. In einer Zeit, in der Menschen an Geister und Dämonen glaubten, wurden sie oft zu Rate gezogen, selbst vom Kaiser. Abe no Seimei (Kento Yamazaki) wird noch zum Onmyōji ausgebildet und gilt als aussichtsreichster Kandidat. Während viele andere sich vorrangig Illusionen zunutze machen, heißt es von ihm, dass er wirklich Magie und Flüche beherrschen könnte. Tatsächlich sinnt er auf Rache für den Tod seiner Eltern und sucht deren Mörder:in. Seine Erinnerung: lediglich ein Schatten. Als er den unbedarften Minamoto no Hiromasa (Shota Sometani) kennenlernt und der ihn um Hilfe bei der Auflösung eines Mordfalls bittet, wird Abe no Seimei in ein Ränkespiel hineingezogen, der beide das Leben kosten könnte.

The Yin Yang Master Zero『陰陽師0』Official Film Trailer | Nippon Connection, Youtube

Wer hier ein bisschen mitliest, weiß, dass ich mir keinen Film, der mit dem Yin-Yang-Master-Franchise bzw. Onmyōji assoziiert ist, entgehen lassen kann. Dabei ist es schon etwas schade, dass sich alle mir bekannten Verfilmungen der letzten Jahre auf eine Origin- bzw. Kennenlernstory zwischen Abe no Senmei und Hiromasa konzentrieren. Es wäre auch ganz ok gewesen mal was anderes zu sehen. Aber natürlich hat die Dynamik zwischen den Beiden in so ziemlich jeder Inkarnation was. Ein bisschen Buddy Comedy, ein bisschen Queerbaiting und ein dramatisches Fantasy-Spektakel – auch in dieser Version alles da. Nur beim Queerbaiting – da gibt man sich hier echt Mühe bloß nicht zu viel zu baiten und Hiromasa eine Liebesgeschichte zu einer hübschen jungen Frau aufzudichten. Auch wenn Hiromasa hier deutlich weniger gut wegkommt und fast ohne hilfreiche Eigenschaften (sorry), funktioniert ihre Dynamik natürlich wie immer gut. Der selbstsichere Abe no Seimei lernt durch Hiromasa andere Menschen zu schätzen und gewinnt mit der Zeit einen echten Freund.

Der eigentliche Mordfall ist spannend. Besonders an dem Film schätze ich aber, dass er zu Beginn erst einmal einen mega Gag wagt und sich damit nicht zu ernst nimmt, aber auch Risiken und Action nie beschneidet. Kurzum: er ist ein richtig guter Popcorn-Kinofilm. Anders als so ziemlich alle anderen Filme über Onmyōji oder Quasi-Adaptionen von Baku Yumemakuras Onmyōji-Buchreihe erklärt er auch mal den Gedanken zwischen der Fünf-Elemente-Theorie, Yin und Yang und erweckt somit ein Gefühl für das, was ich an all dem so faszinierend finde: den Gedanken, dass alles in der Welt eine Balance finden muss.

Auch zeigt er anfangs, dass was Magie genannt wird, häufig Suggestion und Illusion ist. Was die Gerüchte um Abe no Seimeis angebliche Fähigkeiten nochmal spannender macht. Gegen Ende des Films muss man sich etwas anstrengen, um die ganzen Twists zu verstehen und ja, an manchen Stellen zündet es besser als anderen, was hier Illusion und was Wirklichkeit war. Auch entpuppt sich die eigentliche Geschichte am Ende als um einiges banaler und so manche Vermutung wird bestätigt. Wofür man „The Yin Yang Master Zero“ schauen kann ist Farbenvielfalt und Bildgewalt. Es ist schon ein Fantasy-Spektakel wie hier mit kontrastreichen Hintergründen und an die Elemente angelehnten Effekten gearbeitet wird. Das täuscht über einiges hinweg und lässt den derben Kitsch in ebendiesen Motiven an vielen Stellen verschmerzen. Nicht an allen… .

The Yin Yang Master Zero (OT: 陰陽師0 „Onmyoji 0“), Japan, 2024, Shimako Sato, Dauer, (7/10)

Sternchen-7
Falls ihr euch fragt: ein kurzer Vergleich der jüngsten Yin-Yang-Master-Adaptionen. Denn das scheint in den letzten Jahren wieder populärer geworden zu sein.

The Yin Yang Master Zero hat einen ziemlich guten Krimi-Aspekt und gibt als so ziemlich einziger eine Einführung, was Yin und Yang eigentlich aussagen soll. Der chinesische und öffentlich wegen angeblichen Plagiats verschmähte, chinesische The Yin-Yang Master: Dream Of Eternity hat das deutlich „bessere“ Queerbaiting, bessere Kostüme und folklore-artigere, interessantere Geisterwesen, fühlt sich aber auch zu sehr nach Video Game an. Der andere, relativ neue chinesische The Yin Yang Master hat ein spannendes Charakterdesign bei seinen Gegenspieler:innen, nimmt es aber mit den Regeln seiner Welt nicht so genau und hat quasi keine nennenswerte Abe-Hiromasa-Atmosphäre. Der jüngst auf Netflix erschienene Anime Onmyoji gibt uns eine langsamer, aber dafür glaubwürdiger entwickelte Beziehung zwischen Abe no Seimei und Hiromasa, hat dafür aber, naja, unterschiedlich interessante Episoden und ein Charakterdesign, das auch nur bei den Hauptpersonen stark ist.

Der letzte Festivalfilm hat es mir leider nicht leid gemacht. Sehr stark schnupfende Menschen, blinkende SmartWatches und Leute, die sich außergewöhnlich offensiv Luft zufächern (? ich habe Fragen ?), haben meine Nerven etwas strapaziert und zu viel vom Film abgelenkt. Dem zu folgen war sowieso recht schwer, da es doch etwas anstrengend war zu so später Stunde die vielen Twists gegen Ende des Films zu sortieren. Unter dem Strich war es aber mein erstes und einziges negatives Festivalerlebnis und das ja auch mehr mit den anderen Besucher:innen als dem Festival selbst. Vielleicht zeugt das auch davon, dass es an der Zeit war nach Hause zu fahren. Aber ich habe die die „Nippon Connection“ schon sehr bald wieder vermisst. Es waren coole vier Tage. Sehr gern bald wieder.

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