Um ehrlich zu sein, war ich etwas skeptisch, als ich hörte, dass sich Damien Chazelle nach seinem großartigen (und von mir sehr geliebten) Film Whiplash einem Film-Musical mit Ryan Gosling und Emma Stone widmet. Für mich schrie das zu sehr nach Romanze. Zu sehr nach Geschichten, die ich schon zig Mal im Film gesehen habe. Als der Titel bekannt wurde und dass sich der Film um zwei in der Traumfabrik L.A. Gestrandete drehen würde, da wurde ich auch langsam neugierig. Und als ich den ersten Trailer sah, dachte ich, dass sieht nach Spaß aus. Review ist spoilerfrei.
„La La Land (2016 Movie) Official Trailer – ‚Dreamers’“, via Lionsgate Movies (Youtube-Channel)
Spaß ist aber nicht unbedingt das, was Mia (Emma Stone) beim Vorsprechen für Rollen in Filmen und Serien begegnet. Wenn Menschen innerhalb von Sekunden entscheiden, dass sie irgendwas an dir nicht mögen oder dir gar keine Beachtung schenken, dann kann man schon den Mut verlieren. Nebenbei arbeitet sie als Kassiererin oder Kellnerin und hält noch an ihrem Traum von der Schauspielkarriere fest. Sie begegnet dem Pianisten Sebastian (Ryan Gosling), der sich mit Jobs in Clubs oder bei Retro-Cover-Bands seinen Lebensunterhalt verdient, aber eigentlich von seinem eigenen Jazz-Club träumt. Ihre erste Begegnung läuft nicht so besonders toll. Sie sieht zu wie er gefeuert wird, er rennt sie fast über den Haufen. Aber man sieht sich ja immer zwei Mal im Leben. Der Funke springt über, die Beiden haben sich gefunden und greifen zusammen nach den Sternen. Zumindest bis ihre Wege unweigerlich auseinanderdriften.
Liebe. Traum. Liebe. Traum. Liebe? Traum? Welchem Weg soll man folgen? Wenn man sich entscheiden muss für das eine oder das andere? Die Liebe, die man gefunden hat, als man seinen Traum verfolgte? Oder der Traum, der sich vielleicht erfüllt, wo man doch gerade erst seine Liebe gefunden hat? Damien Chazelle gibt beiden Themen viel Raum und sein Freund und Komponist Justin Hurwitz setzt genau das musikalisch um. Auf eine märchenhafte Art, die den Erfolg von Whiplash und La La Land (mit sieben gewonnenen Golden Globes wurde ein Rekord aufgestellt) so wirken lässt, als ob Chazelle uhnd Hurwitz in ihrem La La Land angekommen wären. Der Soundtrack bietet wunderbar nachdenkliche Nummern wie City of Stars, aber auch solche die zum Tanzen gemacht sind wie Someone in the Crowd. Und es wird getanzt! Vom Stil her weckt der Film Erinnerungen an Gene Kelly, an Voll-Orchester-Nummern, an Singin‘ in the Rain und an Filme, die (wie es der Werbespruch treffend sagt), Filme die so heute nicht mehr gedreht werden. Es ist ein Film, der sich mit Idealisten und Träumern auseinandersetzt. Solche wie Seb, die den guten alten Jazz retten wollen. Nicht die seelenlose Fahrstuhl-Musik. An Leute wie Mia, die ja nicht von allen Plakaten die Leute anstrahlen will, die aber eben ihre Zehen in die eiskalte Seine tauchen möchte.
„La La Land – „City of Stars“ Film Clip – In Theatres Now“, via La La Land (Youtube-Channel)
Die Kostüme und Kulissen unterstreichen diese nostalgische Note. Die Kleider wirken ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Ganz anders als das was die Instagram-Opfer und Youtube-Stars in ihren Musikvideos tragen. Alles hat Klasse. Alles ist elegant. Die Farben sind eine Komposition für sich. Wenn die Schauspielerfreundinnen in vier unterschiedlich farbigen Kleidern die Straße herunter tanzen und wenn der von Neonreklamen grün-gefärbte Vorhang das Licht auf Emma Stones rote Haare fallen lässt – man kann sagen, dass es perfekt komponiert ist. Alles ist stimmig. Bis auf das Ende an dem in einem Epilog etwas mehr Was-wäre-wenn präsentiert wird als nötig. Aber das ist Geschmackssache.
Was aber außer Frage steht ist die Chemie zwischen Emma Stone und Ryan Gosling. Die konnten sie ja schon früher mal vorführen. Und die funktioniert immer noch ganz gut. Sprich: trifft ins Herz. Auch wenn die Liebesgeschichte an sich nicht wirklich viel Neues präsentieren kann, so reißt es die Komposition in Form und Farben, in Noten und Nostalgie heraus. So gucke ich mir gern auch eine schon Mal gesehene Geschichte an. Mit ein bisschen Witz, mit ganz viel Charme, mit Misserfolgen und seltsamen Fotografen. Am liebsten habe ich es, wenn sich Ryan Gosling ein bisschen zum Affen machen darf. Ein wunderbarer Film. Ein Film, der macht, dass ich mich Frage: was wenn ich doch Comiczeichnerin geworden wäre? Aber dann denke ich mir: Dann hätte ich den Mann nicht getroffen mit dem ich im Kino saß.
La La Land, USA, 2016, Damien Chazelle, 128 min, (9/10)
Und was denkt ihr? Wird der Film seinem Ruf gerecht? Habt ihr eine Lieblingsnummer oder Lieblingsszene? Ich dachte ja ich wüsste, dass Jóhann Jóhannsson für Arrival Oscars abstauben wird … aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Lohnt es sich eurer Meinung nach den alten Zeit hinterherzuhängen oder seht ihr es wie John Legends Keith in ‚La La Land‘ – darf man dem Vergangenen nicht hinterherhängen um tollen Jazz oder tolle Filme zu schaffen?
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