Das gehörte Wort … „Necronomicon – Horrorgeschichten von H.P. Lovecraft“ Hörbuch-Besprechung

It’s a deal. Als ich relativ zufällig bei durchsuchen der Audible-Bibliothek auf ‚H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens‘ stieß, eine Hörbuch-Reihe lovecraftscher Erzählungen, dachte ich mir: jepp! Ich wollte schon immer mal was über das von Lovecraft erdachte Universum wissen und das kommt mir sehr gelegen. Meine Reise in ‚zyklopische Landschaften monströsen Ausmaßes‘ setze ich also fort …

Nachdem mich das Hörbuch Der Cthulhu-Mythos so überzeugt hat, entschied ich mich die Reise in den düsteren Tälern der Lovecraftschen Geschichten fortzusetzen. Dabei fiel meine Wahl auf das allerdings bereits achte Hörbuch der Reihe von LPL Records, dass sich in mehreren Kurzgeschichten des Necronomicons widmet. Die Neugier trieb mich dazu, denn im Cthulhu-Mythos (erster Teil der Hörbuch-Reihe) wurde das Necronomicon einige Male erwähnt und wie erwartet entstehen einem keine Nachteile, wenn man der Chronologie der Hörbücher nicht folgt – zumindest ist das bis jetzt mein Eindruck. Das Hörbuch umfasst dabei sieben in sich abgeschlossene Geschichten, die aufs Allgemeinste heruntergebrochen Okkultismus behandeln. Der vom Cthulhu-Mythos bekannte überirdisch-kosmische Creature Horror ist weniger stark präsent. Und wie bereits vom letzten Hörbuch bekannt, ist es manchen Geschichten nicht anzumerken, ob sie etwas mit dem Titelthema (hier: Necronomicon) zutun haben. Das kann, je nach Einstellung des Zuhörers, Kritikpunkt und Plus-Punkt zugleich sein. Zum Einen kann man hineininterpretieren, dass die okkulten Vorgänge auf das Necronomicon zurückzuführen sind, aber für einige könnte die Verbindung zu vage sein: das liegt im Auge des Betrachters. Die enthaltenen Geschichten sind

  • Das Fest
  • Stadt ohne Namen
  • Die Katzen von Ulthar
  • Der Alchemist
  • Geschichte des Necronomicons
  • Das gemiedene Haus
  • Gefangen bei den Pharaonen

Die ersten drei Geschichten sind tatsächlich auch meine Lieblingsgeschichten des Hörbuchs, da sie eine sehr dichte und unheimliche Atmosphäre aufbauen. Das Fest handelt von einem Mann, der um die Weihnachtszeit herum Verwandte in einer entlegenden Gegend besuchen will. Allerdings bereiten sich diese scheinbar auf einen anderen Brauch vor, der grauenerrende Züge annimmt. Die Spannung baut sich schön unterschwellig auf und enthält Hinweise auf das Necronomicon und auf den Cthulhu-Mythos. Stadt ohne Namen ist eine wahre Oddyssee an einen Ort, den Lovecraft mehrmals als zyklopisch beschreibt. Zwar eine Metapher, die ich etwas konstruiert und sprachlich ein bisschen exotisch finde, aber insgesamt eine spannende Geschichte. Die Katzen von Ulthar ist für Katzen-Fans anfangs wahrscheinlich schwer zu ertragen, hat aber dafür einen ordentlichen Twist. Der Alchemist ist eine Schauergeschichte um einen Mann, dessen Ahnenlinie verflucht ist. Die Geschichte ist spannend, aber gemäßigt schaurig auch hier ist die Verbindung zum Necronomicon eher etwas vage. Die Geschichte des Necronomicons ist eine von Lovecraft erdachte Chronologie der Ereignisse des fiktiven Necronomicons, das in Form eines Essays festgehalten wurde. Gemäß des Chronologie-Charakters wird es relativ sachlich gelesen. Das gemiedene Haus ist eine starke Body-Horror-Geschichte, die eine wunderbar gruselige Atmosphäre aufbaut, wenn auch sehr langsam. Das Finale lässt einem die Nackenhaare zu Berge stehen. Eine direkte Verbindung zum Necronomicon ist auch hier nicht zu erkennen und vermutlich bei allen Geschichten am schleierhaftesten. Mit Gefangen bei den Pharaonen ist es ähnlich. Interessanterweise schrieb Lovecraft die Geschichte als Ghost-Writer für niemand geringeres als Harry Houdini. Der ist auch der Protagonist der Geschichte und erlebt etwas grausiges während eines Ägypten-Aufenthalts. Auch diese Geschichte hat keinen direkten Bezug zu dem Necronomicon und auch die großen Alten werden nicht direkt erwähnt, aber man kann den Bezug zum Stoff hineinintepretieren. Leider empfand ich die Geschichte als etwas langatmig, wobei der Grundgedanke interessant ist: Standen evtl. ganz andere Kreaturen für die Darstellung der ägyptischen Götter und die Sphinx Pate?

Obwohl auch hier wieder nicht alle Geschichte das gewählte Thema bedienen oder das nur sehr unetrschwellig tun, finde ich die Auswahl homogener und spannender als beim Cthulhu-Mythos. Einige beinhalten keine wirklichen Hinweise auf das Necronomicon wie beispielsweise Die Katzen von Ulthar, aber man erkennt den Bezug zum Okkulten und erahnt, dass das Necronimcon der Ursprung des Übels sein könnte. Für mich liegt aber tatsächlich der Reiz des lovecraftschen Universums darin, dass es lose aufeinander basiert. Dass das Necronimocon und die Großen Alten sowas wie MacGuffins sind, die überall aufpoppen und verschiedensten Wahnsinn verursachen, ist eigentlich ziemlich schlau. So wird eine ganz eigene Welt gebaut, aber man kann auf zuviele erklärende Elemente verzichten. Und die Faszination ist scheinbar über viele Jahrzehnte übergesprungen, schließlich haben sich zahlreiche Quellen des Begriffs Necronomicons bedient und manch einer erwartete gar, dass es das Buch wirklich gibt. David Nathan ist auch hier wieder Sprecher und verleiht den zahlreichen vom Wahnsinn befallenen Helden eine Stimme – wie immer sehr gut. Alles in Allem empfinde ich das Hörbuch mit seinen 5 Stunden Laufzeit als gelungenen Querschnitt durch den Mythos des Necronomicons und die Konsequenzen, die es mit sich bringt. Die gesamte Liste der Hörbücher und wie die Reihenfolge ist, findet man übrigens auf der Webseite von LPL Records

Inzwischen höre ich übrigens ‚Der Schatten über Innsmouth‘, was tatsächlich thematisch besser zum Cthulhu-Mythos passt. Aber es ist so oder so okay der Neugier mal nachzugeben. Ansonsten hätte ich die Erwähnungen des Necronomicons noch vergessen. Kennt ihr die Hörbuch-Reihe? Habt ihr Lovecraft schon gelesen und/oder gehört? Und falls beides: was fiel euch leichter? Wie gefallen euch die einzelnen Geschichten? Und habt ihr auch den Eindruck, dass die Geschichten, die H.P. Lovecraft als Auftragsarbeit geschrieben hat (oder als Ghostwriter, sofern bekannt), etwas langatmiger und uninspirierter sind?

9 Antworten

  1. Yay, mehr Lovecraft. Über dieses Hörbuch hatten wir ja schon einmal kurz gesprochen, vor allem „Das Fest“ die und „Die Stadt ohne Namen“ gehören definitiv auch zu meinen liebsten Lovecraft-Geschichten. In Anbetracht des Titels finde ich die Auswahl der Geschichten aber hinten raus etwas fragwürdig, da es ein paar in meinen Augen bessere Kandidaten für ein Hörbuch gibt, das den Titel „Necronomicon“ trägt. Die beiden erwähnten passen wunderbar, vor allem, weil „Die Stadt ohne Namen“ die erste Geschichte ist, in der Abdul Alhazred namentlich erwähnt wird und „Das Fest“ eine der beiden Erzählungen ist, in denen ein längerer Abschnitt aus dem „Necronomicon“ zitiert wird. „Der Alchimist“ ist dahingehend interessant, weil es sich dabei um eine der frühesten Lovecraft-Geschichten handelt, er schrieb sie 1908 und machte dann eine neunjährige Pause, bevor er seine nächste Erzählung, „Die Gruft“ verfasste (die befindet sich übrigens im dritten Lovecraft-Kurzgeschichten-Hörbuch von LPL, „Jäger der Finsternis“). Ein paar Ideen aus „Der Alchimist“ hat Lovecraft später in „Der Fall Charles Decter Ward“ wieder aufgegriffen.
    Zwei Geschichten, die man statt „Der Alchimist“ oder „Gefangen bei den Pharaonen“ in dieses Hörbuch hätte aufnehmen können, damit es thematisch besser passt, sind „Der Hund“ und „Das Grauen von Dunwich“. In Ersterer kommt das Necronomicon zum ersten Mal vor und Letztere ist die andere Geschichte, in der eine längere Passage zitiert wird.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Jaaaa, dass es was das Necronomicon betrifft besser passende Geschichten gibt, habe ich schon fast befürchtet. Das gemiedene Haus fand ich irre spannend un atmosphärisch und kann nicht wirklich bereuen, dass es in der Sammlung mit drin ist. Dass es aber keinen Bezug zum Necronomicon gibt, ist wohl leider klar. Das suggeriert dem Zuhörer auch so ein bisschen, dass man sich den Bezug denken muss. Und ein kreativer Zuhörer wird das unweigerlich tun, auch wenn es gar nicht angedacht war. So richtig toll ist das nicht, v.A. wenn es Kandidaten gibt, die offensichtlich besser in die Sammlung an Kurzgeschichten passen würden! In dem Sinne danke fürs Aufschlauen. Habe im Juli irgendwann noch „Der Schatten über Innsmouth“ gehört und jetzt gerade „Das Ding an der Schwelle“ – da schließt sich irgendwie wieder der Kreis.

      1. Ja, „Innmouth“ und „Das Ding auf der Schwelle“ passen ziemlich gut zusamme, das „Ding“ ist ja quasi eine indirekte Fortsetzung von „Innsmouth“ – wenn man das kennt und liest (bzw. hört), dass Asenath Waite aus Innsmouth stammt, kann man sich seinen Teil denken, ohne dass HPL weiter elaborieren müsste. Bei „Das Ding auf der Schwelle“ finde ich tatsächlich viele der Andeutungen und Implikationen weitaus unheimlicher und grausiger als das, was in der Geschichte tatsächlich passiert. Aber auch das ist ja so eine Lovecraft’sche Tendenz. In diesem Kontext gibt es eine Comicserie von Alan Moore, die gerade mit den Implikationen dieser und vieler andere Lovecraft-Geschichten arbeitet – werde ich demnächst bei „Lovecrafts Vermächtnis“ rezensieren 😉

  2. Wollte Lovecraft auch unbedingt mal lesen, bin aber noch nicht auf die Idee gekommen, nach den Hörbüchern zu suchen. Mal sehen, was Audible so an Originalfassungen zu bieten hat 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Aaaach ja. An Originalfassungen habe ich noch nicht gedacht. Das wäre bestimmt auch ganz spannend. 🙂 Bist du fündig geworden?

      1. Hab noch nicht geschaut. Hab im Moment ziemlich viele Hörbücher geplant wegen des Man Booker Prize des Erscheinens von The Book of Dust von Philipp Pullman im Herbst (will daher die His-Dark-Materials-Reihe noch mal hören). Kennst du die?

      2. „und des Erscheinens“ 😉

  3. […] da ich kein Fan der Sprache der vergangenen Jahrhunderte bin. Nachdem ich das letzte Mal mit Necronomicon – Horrorgeschichten von H.P. Lovecraft, dem achten Buch der Hörbuch-Reihe aus dem Hause LPL Records, einen Sprung gemacht habe, wollte […]

  4. […] andere Überraschung. Klingt seltsam? Nicht so sehr, wenn ihr die H.P. Lovecraft-Geschichte „Die Katzen von Ulthar“ kennt. Auch der Hype um „After the Rain“ schwappt bis zu uns und v.A. bis zu gewissen […]

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