Serien-Besprechung: „Channel Zero: Candle Cove“

Eigentlich war es die zweite Staffel der Serie „Channel Zero“, die mich in Besprechungen auf Film- und Serien-Webseiten neugierig gemacht hat. Die zweite Staffel trägt den Namen „No-End House“ und Screencaps der Serie sahen großartig bizarr und unheimlich aus. Ich mag Horror- und Mystery-Stoffe, hatte bis dahin nichts von der Serie gehört und war wie magisch angezogen. Dass es eine Anthologie-Serie ist, zeigte erst die Recherche. Aber meine innere Ordnungsfanatikerin wollte dennoch mit der ersten Staffel anfangen. Review ist spoilerfrei.

„Channel Zero: Candle Cove“

Candle Cove ist die erste Staffel der Horror-Anthologie-Serie Channel Zero. Ähnlich wie bei American Horror Story hat Channel Zero in jeder Staffel ein eigenes, abgeschlossenes Thema. Während der Genre-Kumpan sich beliebten Horror-Motiven widmet, ist der Ursprung der in Channel Zero gezeigten Geschichten ein anderer. Sie basieren auf creepypastas. Der Begriff leitet sich von copy und paste ab und bezeichnet Internetphänomene oder „web urban legends“. Das heißt im Internet gefundene Gruselgeschichten, die aus Forenbeiträgen, Reddits, Boards etc entstanden und manchmal echte Selbstläufer sind, weil immer mehr Menschen dazu Inhalte erstellen oder behaupten auch Zeuge des Grusels zu sein.

Die erste Staffel bezieht sich auf den Mythos Candle Cove und beginnt mit dem Kinderpsychologen Mike Painter (Paul Schneider), der nach einem nervlichen Zusammenbruch in seine Heimatstadt zurückkehrt. Nach den traumatischen Ereignissen seiner Kindheit hat er den Ort verlassen. Denn als er selber noch zur Schule ging, wurden vier andere Kinder tot und mit fehlenden Zähnen aufgefunden. Sein Zwillingsbruder Eddie (Luca Villacis) verschwand. Die Morde und auch Eddies Fall wurden nie aufgeklärt. Als Mike zurückkehrt, fängt auch das Verschwinden der Kinder wieder an und plötzlich wird auch die Puppen-Trickserie Candle Cove wieder gezeigt, die niemand außer den Kindern von damals und heute kennt und die die Erwachsenen angeblich nie gesehen haben.

„CHANNEL ZERO Season 1 TRAILER (2016) New SyFy Series“, via Series Trailer MP (Youtube)

Ich weiß was ihr jetzt denkt: Mike war es. Fall gelöst. Das denken auch die besorgten Bürger in Mikes Heimatstadt und rücken ihm ziemlich zuleibe. Ganz so einfach ist der Fall nicht. Aber was es mit Candle Cove auf sich hat und was damals vor fast 30 Jahren passiert ist, wird nach und nach aufgeklärt. Was dabei anfangs etwas zu kurz kommt ist der Horror. Channel Zeros erste Staffel mag es etwas subtiler. Erst in den finalen Folgen wird es wirklich gruselig. Zuvor gibt es maximal ein, zwei Szenen pro Folge, die Mystery- oder Horror-Potential haben. Der Rest fühlt sich über weite Strecken wie ein Krimidrama an und hat eine eher bedrückende Atmosphäre, der etwas comic relief nicht geschadet hätte. Die ein, zwei gruseligen Szenen, haben aber genug Stoff, sodass man sich unweigerlich umschaut, wenn man die Serie abends alleine im Dunkeln sieht. Falls man die Puppen aus der Serie Candle Cove gruselig findet, entwickelt das Thema natürlich für den Zuschauer mehr Horrorpotential. Dasselbe gilt für Kinder mit Messern, lose Zähne und Home Invasion, denn das sind einige der wiederkehrenden Motive. Alle anderen werden sich aber wie ich fragen, warum man nicht öfter die grausigen Gebilde wie den Skin-Taker in das Geschehen integriert hat. Diese Kreaturen mit erschreckender Maske und ihr Habitat sind nämlich wirklich gruselig, haben aber nur sehr wenige Auftritte und vor Allem erst gegen Ende. Der Anfang folgt der Serie folgt dem Schema „gemach gemach“. Man bekommt aber genug Brocken und Cliffhanger vorgeworfen, die machen, dass man dranbleibt. Dass man dranbleiben will.

Vermutlich versucht Channel Zero aber in seiner ersten Staffel gar nicht die allzu offensichtlichen Horrormechanismen zu fahren, sondern begeistert letzten Endes mit seiner Andersartigkeit und vor Allem mit dem was sein grausiges Ende impliziert, wenn man darüber nachdenkt. Einige Bestandteile der Handlung sind vorhersehbar, andere treffen einen überraschend. Zum Beispiel, wer der eigentlich Böse ist und einige Serientode, die fast so sehr weh tun wie bei Game of Thrones. Aber Achtung, Fans von Splatter und schneller Storyentwicklung werden hier eventuell nicht glücklich. Mikes Rückkehr und dass er sich anfangs über sich selber nicht im Klaren ist, machen insbesondere die ersten zwei bis drei Folgen träge. Channel Zeros erste Staffel schafft allerdings etwas, dass vielen Horrorformaten heute entgleitet. Etwas neues zu kreieren. Während American Horror Story beispielsweise in seinen jüngeren Staffeln v.A. bekannten Horror mit wenigen frischen Ideen paart, fühlt sich Channel Zero anders an. Es bedient sich keiner altbekannten Monster, sondern schafft neuen Horror mit einer feinen Note Realismus. Mikes Heimatort beispielsweise sieht aus als könnte es unser aller Nachbarort sein. Die Szenen seiner Kindheit dürften uns bekannt vorkommen. Und das Thema Mobbing wird ernster als anfangs erwartet und entfesselt mehr als die Mobber stemmen können.

(7/10)

Sternchen-7

„Once you let bad things out, you can never put them back“

Obwohl ich „Candle Cove“ etwas behäbig fand, haben mich die letzten Folgen gefesselt und ich kann es kaum erwarten die zweite Staffel zu schauen. Vielleicht liegt es an dem Indie-Feeling der Serie und der Mischung aus Drama und Horror, die ich in der Form noch nirgends gesehen habe. Besonders massentauglich kommt es mir nicht vor – und das ist gut so! Vermutlich schaue ich schon Staffel zwei während ihr das lest. Schade über mich, es gäbe noch genügen Serien, die ich 2017 gesehen und noch nicht besprochen habe, aber manchmal müssen die Gedanken eben raus. 😉 Habt ihr schon von „Channel Zero“ gehört oder gar Staffeln der Serie gesehen? In Deutschland ist es aktuell noch etwas schwierig an die Serie ranzukommen und irgendwie erwarte ich nicht, dass sie im Free-TV landen wird. Aber auf Amazon Instant Video kann man sie kaufen. In Kürze startet in den USA die dritte Staffel „Butchers Block“. Allerdings muss ich gestehen, dass ich keine der creepypastas kannte. Ihr? Zählt man Slender Man, dann das noch am ehesten.

4 Antworten

  1. Dein Review trifft es ganz gut. Anfangs war ich zum Teil sogar versucht, das Ganze abzubrechen. Aber durch die kleinen Puzzlestücke hat man mich dann doch bei der Stange gehalten. Zum Ende zog es ja dann auch an. Das Setting hat mir auch ziemlich gut gefallen, nur fand ich, dass man mit dem „Channel Zero“ selbst und der Puppenshow noch mehr hätte machen können. Vielleicht gibts da ja in den anderen Staffeln etwas mehr.

  2. Hmmm könnte was für ich sein, ich behalte es mal auf dem Radar 🙂

  3. […] sind Internetstorys, die sich ähnlich wie „urban legends“ stark verbreiten. Über die erste Staffel habe ich schon berichtet und sie war eher gegen Ende gruselig, aber immens interessant. Ist so […]

  4. Ich habe gerade Staffel 1 und 2 durch. Ich bin begeistert. Schöner, subtiler Grusel… das macht Spaß. Wer braucht da Splatter?
    Leider sind Staffel 3 + 4 bei Prime nicht mehr umsonst zu schauen. Ich hätte gerne weitergeschaut.

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