Fantastischer Film: Die Feuerzangenbowle (1944)

Einer der Filme, die zuverlässig jedes Jahr irgendwann irgendwo in der Adventszeit liefen ist Die Feuerzangenbowle. Ein Film, der mit Weihnachten bis auf den Genuss eben jener hochprozentigen Bowle nicht viel gemein hat. Denn eigentlich handelt er von einer Gruppe Männer im besten Alter, die sich gegenseitig um eine Feuerzangenbowle versammelt einen Schwank aus ihrer Jugend erzählen. Und das nicht an Weihnachten, sondern einfach irgendwann. Vor Allem um die Schule, Streiche und ihre Lehrer geht es. Da outet sich der gefeierte Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer (Heinz Rühmann), dass er nie eine Schule besucht hätte. Er wurde privat zuhause unterrichtet und kennt keine Streiche an Lehrern, keine verschwörerischen Debatten auf dem Schulhof oder die Nostalgie, die mit dem Klassenzimmer und den Schulfreunden mitschwingt. Seine Freunde fordern ihn heraus das verpasste nachzuholen. Als Oberprimaner „Hans Pfeiffer“ verkleidet drückt er nochmal die Schulbank – und mischt den Laden ordentlich auf. Alkoholische Gärung, anyone? 🙂


„Trailer Die Feuerzangenbowle“, via Theater am Wall (Youtube)

Es kann einem schon ein bisschen die Laune verderben, wenn man darüber nachdenkt, dass Die Feuerzangenbowle ein Film der NS-Zeit ist. Ein Film, auf dem das Label „veröffentlicht im Deutschen Reich“ prangt. Schaut man ihn als Kind oder Teenager, dann bekommt man von dem seltsamen Beigeschmack nicht viel mit. Irgendwann merkt man dann, dass der als cool dargestellte Oberlehrer Dr. Brett (Lutz Götz) mit den ach so „modernen Methoden“, ein Freund seiner Schüler, der sie zu „schönem, geraden Wachstum“ erziehen will ein Nazi ist. Vielleicht schaut man die Die Feuerzangenbowle dann ein bisschen anders. Wenn man weiß, dass Rühmann selber bei Hitler und Göring vorstellig werden musste, um den Film doch noch durchzukriegen. Der sollte nämlich verboten werden, weil er den Lehrerberuf veralberte und ein aus damaliger Sicht zweifelhaftes Bild zeichnete.

Trotzdem wird Die Feuerzangenbowle seit Jahren mit Begeisterung v.A. in der Adventszeit gezeigt. Die Zeit, wo man beginnt auf das Jahr zurückzublicken, wo man gemütlich zusammensitzt – manchmal bei einer Feuerzangenbowle. Und wenn man zurückblickt, zum Beispiel in die Geschichte oder auf den Umstand wann dieser Film erschienen ist, dann findet man Details, die einem nicht schmecken. Aber letzten Endes gehört auch das dazu. Schließlich schauen wir einen Film, der in einem anderen Zeitalter und gefärbt von eben diesem entstanden ist. Das wichtige ist, die hier leicht durchscheinende Ideologie zu erkennen und dabei „BUUUH“ zu rufen. Und das was gut an dem Film ist zu schätzen. Heinz Rühmann selber und viele viele Zuschauer, die auch jetzt in der Gegenwart noch jedes Jahr Die Feuerzangenbowle sehen, sehen darin zu recht vor Allem eines: schelmische Erinnerungen an das Erwachsen werden. Die Charakterköpfe, Querdenker und alten Eisen mit denen man erwachsen geworden ist. Es ist diebisch und genial wie sich Pfeiffer mit drei f aus dem Musikunterricht herauslügt, indem er schief singt oder wenn er die Oberprima dazu anstiftet betrunken zu spielen und danach in die Rolle seines Lehrers schlüpfen muss. „Dieser Film ist ein Loblied auf die Schule, aber es ist möglich, daß die Schule es nicht merkt.“ Und wichtig ist, was uns vor Allem in Erinnerung kommt, wenn wir den Film schauen: nämlich unsere Streiche als wir Schüler waren. 🙂 Und das gelingt. Übrigens handelt es sich bei dem Film um ein Remake des 1934 veröffentlichten So ein Flegel.

Die Feuerzangenbowle, Deutsches Reich, 1944, Helmut Weiss, 94 min

Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆

6 Antworten

  1. Ich liebe diesen Film und der muss jedes Jahr mindestens einmal geschaut werden. Ich hab mir inzwischen abgewöhnt, zu viel in die Hintergründe zu lesen und zu denken – sicher, man kennt die historischen Zusammenhänge, aber zu viel hineininterpretieren verdirbt mir dann die Filme. Das hab ich vor einiger Zeit gemerkt und dann bewusst aufgehört, zu viele historische Kontexte in die diversen Filme reinzulesen und reinzusehen. Ich genieße einfach die Filme – und „Die Feuerzangenbowle“ gehört wie „Das schwarze Schaf“ oder „Er kanns nicht lassen“ zu den großen Filmen Heinz Rühmanns.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Glücklicherweise ist er ja auch kein Propaganda-Film und bietet mal abgesehen von der einen Bemerkung des Lehrers wenig Anlass ideologische Einflüsse zu vermuten. Und die eine Pickelhaube die man mal sieht verwundert wohl auch nicht mehr … ist halt ein „alter“ Film und spielt entsprechend in einer anderen Zeit.
      Also bin ich da generell bei dir und denke man sollte bei einem Film auch vorrangig Spaß haben, mitfühlen, sich fürchten, was auch immer und nicht zu sehr zaudern wegen der Zeit in der er gedreht wurde. Und man sollte den Film schätzen für das was er ist. Zumindest solange er sich von entsprechendem Gedankengut fern hält. Aber das würde dann eh keinen Spaß machen…

  2. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Dieser Film gehört zu den Schandflecken in meiner Filmografie… ich habe den immer noch nicht gesehen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Und wann wird er nachgeholt? 🙂 Ich empfehle zu einem Becker Heißgetränk – also die Jahreszeit dafür ist.
      Aber wenn du den nachholst, dann den und nicht eins seiner zweifelhaften Remakes … wobei ich gerade nicht im Kopf habe, ob es mehr als ein Remake gibt

      1. Avatar von donpozuelo
        donpozuelo

        Um Gottes Willen… da kommt mir kein Remake dazwischen. Wenn, dann erst einmal das Original. Ich denke, ich werde mir den für nächstes Jahr mal aufsparen

  3. Den Film habe ich auch oft und gerne gesehen. Vor einiger Zeit war ich bei einer Lesung, bei der die Romanvorlage vorgelesen wurde. Ich war sehr, sehr überrascht von dem jüdischen Lehrer. Wenn ich mich richtig erinnere, war er auch karikiert dargestellt, aber da war er.

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