Seit 2016 bewirbt das Japanese Film Festival (JFF) die ganze Bandbreite des japanischen Films. Zuerst in Südostasien und Australien, dann in immer weiteren Ländern wie beispielsweise auch Teilen Europas. Im Februar 2022 fand nun die letzte Runde statt – dieses Mal als Online-Filmfestival, dessen Beiträge nach Anmeldung auf der Webseite von JFF zum kostenfreien Streamen zur Verfügung stand. Und weil ich den japanischen Film liebe, konnte ich nicht widerstehen und bespreche heute zwei Feeldgood-Movies, die ich online genießen durfte. Der eine entführt uns an den Südpol, der andere nach Hokkaidō. Und beide wecken den Verdacht, dass das heimliche Thema des JFF Online 2022 von Foodies inspiriert wurde. Die Besprechungen sind selbstverständlich spoilerfrei.
The Chef of South Polar
Mit einer durchschnittlichen Temperatur von minus 54 Grad Celsius ist die Dome Fuji Station in der Nähe des Südpols wohl einer der weniger heimeligen Orte auf unserem Planeten. Es sei denn man hat gutes Essen und eine nette Crew. Koch Jun Nishimura (Masato Sakai) begleitet die Forschungsexpedition, bestehend aus Männern, die allesamt sehr eigene Marotten haben. Arzt (Kosuke Toyohara) nutzt die Bedingungen am Südpol um für einen Triathlon zu trainieren und fährt durchaus mal (zu) leicht bekleidet auf dem Fahrrad rum. Ein Kollege (Kanji Furutachi) und seine wallende Mähne braucht beim Duschen währenddessen empfindlich die Wasserreserven auf. Bedingt durch die Isolation und Distanz zu Familie und Freunden, gibt es bald Lagerkoller, Streit oder kleine und größere Dramen. Es werden Geburtstage gefeiert und das beste draus gemacht. Essen spielt dabei eine besondere Rolle. So kann es schon mal Tränen geben, wenn die Instant-Ramen alle sind und man kreativ werden muss, wenn sich zum Geburtstag Steak gewünscht wird.
Und all dieses Improvisieren trägt stets zum Menscheln bei. Das Essen ist wortwörtlich der Motor, der macht, dass die Leute in der unwirtlichen Umgebung weiter funktionieren. Hier schimmert viel Empathie für Menschen in Ausnahmesituationen wieder. Das soziale Fallnetz, das Menschen füreinander sein können; aber auch wie wichtig Ernährung nicht nur für blankes Überleben, sondern auch Lebensqualität ist. Alles zusammen ist ein charmantes Feelgood-Movie, das genau das richtige Maß an Reibungspunkten mitbringt. Ganz unterschwellig werden Themen angeschnitten wie Verpflichtungsgefühl und das Leben in einer Gemeinschaft unter speziellen Bedingungen. Vor Allem ist da aber das Gefühl gemeinsam die Unternehmung zu wuppen – auch wenn es mal nicht so läuft. Auch, wenn das Ramen alle ist. Oh weh.
The Chef of South Polar (OT: 南極料理人 „Omoshiro Nankyoku Ryurinin“), Japan, 2009, Shuichi Okita, 125 min, (8/10)
„남극의 쉐프 (The Chef Of South Polar, 2009) – 라멘“, via DING TUBE (Youtube)
Bread of Happiness
Rie (Tomoyo Harada) und ihr Mann Nao (Yo Oizumi) führen ein Café im ländlichen Südwesten Hokkaidōs direkt am Tōya-See. Insbesondere Rie versteht ihr neues Leben in der Region als einen Neustart, nachdem sie in ihrem alten Leben die Abwesenheit von Glück sehr mitgenommen hat. Auch in ihr „Café Mani“ verirren sich regelmäßig Menschen, denen ihr Glück abhanden gekommen zu sein scheint. Während Rie mit viel Liebe Köstlichkeiten kocht und Nao Brote und andere Backwaren herstellt, werden durch ein gutes Gespräch und eine Mahlzeit im Café manchmal Herzen wieder geheilt.
Klingt kitschig? Ja, ist es auch ein bisschen. Das sind natürlich Schattierungen und Abstufungen von Emotionalität. Manche Geschichten der Besucher im Café Mani werden Zuschauende sicherlich anders oder mehr treffen als andere. Es gab eine, die fand ich unheimlich belanglos und zwei, die mich sehr berührt haben. Dazwischen stehen Rie und Nao, denen man die düsteren Erinnerungen an ihr früheres Leben durchaus manchmal ansieht und die eine gewisse Melancholie ausdrücken. Schwieriger ist der Look des Ganzen, der sich einerseits wie ein Hokkaidō-Werbefilm anschauen lässt (und das ist jetzt positiv und negativ zu sehen) und andererseits mit einer TV-Film-Ästhetik daherkommt, die eindeutig zuviel Weichzeichner und Langatmigkeit vor sich herschiebt. Auch tonal ist der Film schwierig – je nach Sehgewohnheit der Zuschauer*innen.
Die Einigkeit und Heimeligkeit der Glücksuchenden nimmt spätestens dann in ein unangenehm künstliches Maß zu, wenn alle im Kreis tanzen und jemand fröhlich strahlend ein Akkordeon schwänkt. Mit späteren Werken wie Shape of Red hat Mishima durchaus zu einer individuelleren Bildsprache gefunden und v.A. einer, die eher gritty ist. Eventuell versucht Bread of Happiness zu einer heilsamen Note zu finden und wie das betitelte Brot von Nao und Rie eine heilsame Wirkung auf Betrachtende auszuwirken. Das mag je nach Zuschauer*in vielleicht auch mal zutreffen. Generell ist der Film aber zu „diktierend“ in seinen Bildern, Musik und Charakteren. Man kann nicht jemand angucken und sagen: und jetzt lege ich einen Orangefilter über meine Szene und dann gehts dir besser. Auch wenn ich es schön finde was für ein glühendes Portrait für Handwerk, Selbstversorger und Bio der Film ist.
Bread of Happiness (OT: しあわせのパン, „Shiawase no Pan“), Japan, 2012, Yukiko Mishima, 114 min, (5/10)
„bread of happiness japanese movie“, via Cong Tam Truong (Youtube)
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Feelgood-Movies sind ja selten einfach nur „Feelgood“. Beide haben natürlich so ihre dramatischen Spitzen. Trotzdem hat mich der eine etwas mehr gekriegt als der andere. Wie sich das aber gehört, bin ich jetzt trotz meiner Kritik an Mishimas „Bread of Happiness“ sehr gespannt auf ihre Filmografie zwischen dem Brot und dem, äh, Rot. Schlechtes Wortspiel, ich weiß. 🙂 Habt ihr die Filme zufällig bereits gesehen und wie haben sie euch gefallen?
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