Fantastischer Film: Porträt einer jungen Frau in Flammen

Der heutige Fantastische Film ist nicht ganz zufällig für diesen Monat ausgewählt. Schließlich ist Pride Month und so reiht sich Porträt einer jungen Frau in Flammen in den Themenmonat hier im Blog ein. Fantastisch ist der Film halt selbstredend auch.

Im Frankreich des 18. Jahrhunderts reist die Malerin Marianne (Noémie Merlant) für einen Auftrag in die Bretagne. Auf einer abgelegenen Insel bekommt sie auf dem Anwesen der Auftraggeberin Kost & Logis und soll deren Tochter Héloïse (Adèle Haenel) portraitieren. Aber so, dass Héloïse es nicht merkt, da sie bereits das Portraitieren durch den letzten Maler abgelehnt hat. Marianne soll sie während Spaziergängen studieren. Das Geheimnis bleibt nicht lange eins und Héloïse scheint die Erklärung für Mariannes Blicke gefunden zu haben. Oder auch nicht?


„PORTRÄT EINER JUNGEN FRAU IN FLAMMEN Trailer German Deutsch (2019)“, via KinoCheck Indie (Youtube)

Was für ein wunderschöner Film. Porträt einer jungen Frau in Flammen hat alles. Eine wunderbare Geschichte, die lange nachhallt und großartiges, filmisches Handwerk. Fast alle Symbolik findet sich wieder und rundet den Film großartig ab. Vom Buch mit der aufgeschlagenen Seite 28 bis hin zur Vision vom Brautgewand und dem Spiegel. Die rauen Klippen Quiberons schüren das Fernweh und das Blau des Meeres sorgt zusammen mit den Gewändern der Frauen für wunderbare Kontraste. Vor Allem aber ist es eine sich faszinierend und betörend schön entwickelnde Liebesgeschichte. Der intensive, studierende, mal verzagte Blick zwischen Malerin und Model scheint soviel ungesagtes auszudrücken. Der wohl aber größte Kunstgriff ist wie Céline Sciammas Film nie den Eindruck eines Dramas erweckt, obwohl klar ist, dass Mariannes und Héloïses Zeit ein Ablaufdatum hat. Das Portrait, das Marianne malt, soll Héloïses zukünftiger Ehemann bekommen. Viel mehr ist Porträt einer jungen Frau in Flammen nahezu genreübergreifend. Hat Gesellschaftskritik, ist ein betörend schöner Liebesfilm, sinnlich ohne in Pornografie zu rutschen und hat sogar Zeit für Momente, die Zuschauende zum Lächeln bringen. Ich habe selten eine Geschichte im Film erlebt, die so „rund“ ist: trotz Ablaufdatum ihrer gemeinsamen Zeit, zeigt der Film auf wunderbare Weise, dass Liebe nicht „einfach endet“.

Zusätzlich erfüllt Porträt einer jungen Frau in Flammen der queeren Community und Filmliebhabern den Dienst, dass sie eine lesbische Liebesgeschichte im historischen Kontext zeigt und Erasure aufhebt. Ein Trend, der sich hoffentlich im Kino der nächsten Jahre weiter fortsetzt. Zudem ist Porträt einer jungen Frau in Flammen ein Genrefilm und nichts ist hilfreicher als vielfältige Repräsentation von Menschen eingebettet in ein Genre, statt ein eigenes zu eröffnen und damit Schubladen zu schaffen. Nichts gegen den Begriff Queer Cinema! Nur halte ich Genrekino für hilfreicher. Sehr bezeichnend für die Filmbranche ist aber wohl die kürzlich publik gewordene Aussage Adèle Haenels sich aus der Filmbranche zurückzuziehen, da diese „absolut reaktionär, rassistisch und patriarchalisch“ sei. Die Nachricht hat mich sehr traurig gemacht, aber Haenel bleibt uns wohl im Theater erhalten. Die Beweggründe kann man in der SZ nachlesen: Die Frau, die geht, SZ, 25. Mai 2022.

Porträt einer jungen Frau in Flammen (OT: Portrait de la jeune fille en feu), Frankreich, 2019, Céline Sciamma, 122 min

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Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆

6 Antworten

  1. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Freut mich, dass dir der Film auch so gefallen hat. Wirklich ein Traum. Tragisch-schöne Geschichte, wundervolle Darstellerinnen und ein optisches Highlight. Einfach ein sehr, sehr schöner Film.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Dem kann ich nichts hinzufügen 😀 Wahre Worte

  2. Ich habe dieses Meisterwerk 2020 im Open-Air-Kino gesehen und war absolut begeistert.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das kann ich mir vorstellen. Und auf der großen Leinwand und noch dazu unter freiem Himmel wirkt das bestimmt nochmal anders. Habe den leider im Kino verpasst. Besonders die Stelle mit dem Feuer war dort sicherlich magisch!?

  3. Ein schöner Film!

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das finde ich auch!

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