Serien-Besprechung: Crashing (UK)

Als ich neulich krank war und eigentlich sowieso nur rumliegen konnte, zog ich eine Serie aus meiner Merkliste, die ich schon ewig sehen will. Zuerst wurde ich eigentlich auf „Crashing“ aufmerksam, als ich nach dem Schauen von Fleabag unbedingt wieder Phoebe Waller-Bridge in mein Leben befördern wollte. Außerdem landeten beim Suchten von Fleabag-Clips welche aus „Crashing“ in meinem Youtube. Oh Gott, die Algorithmen funktionieren manchmal. Allerdings bekam ich auch schnell mit, dass es keine zweite Staffel gibt, obwohl es sicherlich eine brauch oder verdient hätte. Warum? Weil so ziemlich jeder Kommentar zur Serie das bedauert. In meinem Krankenlager hatte ich aber keine Kraft mich daran zu zerstören und präsentiere so heute spoilerfrei und mit immer noch ungebrochenem Enthusiasmus „Crashing“.

Bemühe ich mein Englischwörterbuch, dann kann crashing „abstürzen“ oder „zusammenprallen“ bedeuten. Irgendwo hörte ich das auch mal als „crash at your place“ im Sinne von „bei jemandem übernachten“. Alles würde zutreffen. Denn die Handlung setzt ein als eine Gruppe Mitbewohner:innen in ihrem Haus eine Party feiert. Nur, dass ihr Haus ein stillgelegtes Krankenhaus ist. Auf der Suche nach günstiger Unterbringung in London wohnen sie dort als property guardians, was man vielleicht am ehesten als Zwischennutzer:innen übersetzen kann. Sie können also 1. jederzeit rausgeschmissen werden. Und 2. das Gebäude ist alles andere als gut in Schuss. Immerhin haben sie dadurch noch Platz für Lulu (Phoebe Waller-Bridge), die dann direkt dort einziehen kann.

Eigentlich wollte die nur ihren Kindheitsfreund Anthony (Damien Molony) besuchen, der bald seine Freundin Kate (Louise Ford) heiraten will. Dabei stürmt sie gerade in die Geburtstagsfeier von Sam (Jonathan Bailey). Der wiederum wird bei einem Partyspiel dazu verdonnert mit Fred (Amit Shah) zusammenzuarbeiten, obwohl er eigentlich auf eine heiße Frau und potentielles One Night Stand gehofft hatte. Die Malerin Melody (Julie Dray) wiederum trifft auf derselben Party Kates Arbeitskollegen Colin (Adrian Scarborough), der in seiner Scheidungstrauer eine anziehende Wirkung auf sie hat. Man weiß noch nicht ganz welcher Natur. Ein Abend, nachdem alle zu Mitbewohner:innen werden, vielleicht zu Freunden, vielleicht zu mehr. Ihre Leben sind definitiv aufeinandergeprallt – und das war erst der Anfang.


Crashing | Starts Monday 11th Jan | Channel 4, Channel 4 Entertainment, Youtube

In den nur jeweils ca. 25 Minuten langen sechs Episoden ist Crashing wie ein Rausch. Zwar haben die einzelnen Episoden jeweils einen Aufhänger (z.B.: Anthony lädt zu einem Abend ein, an dem er verschiedene Currys kocht), aber was kommt ist absolutes Gefühlschaos irgendwo zwischen Freundschaft, Liebe, Sex, verschwimmenden Grenzen. Die verschiedenen Charaktere der Freunde und ihre persönlichen Gefühlswelten und Geheimnisse prallen ein um’s andere Mal zusammen bis kein Stein mehr auf dem anderen liegt. Die Friends-Vibes werden durch den Slapstick des auseinanderfallenden Krankenhausgebäudes unterbrochen und durch die witzigen, fremdschämenden, rührenden Situationen, die sie alle irgendwann herbeiführen.

Lulu eckt besonders durch ihre enge Beziehung zu Anthony an, sodass immer die Frage im Raum steht, ob zwischen den Kindheitsfreunden nicht doch mehr ist. V.A. könnte sie kaum unterschiedlicher sein als die penible, ruhige Kate, die mit Anthony verlobt ist. Sam sieht sich als Frauenheld, ist immer etwas drüber ist und unheimlich gutaussehend. Dass Fred schnell sein bester Freund wird, ist an sich schon ein Ereignis. Auch hier ziehen sich erneut Gegensätze an, da Fred sehr höflich, fürsorglich und unschuldig ist. Es macht Spaß zuzusehen wann bei Sam der Groschen fällt, dass er für Fred mehr als Freundschaft empfindet. Zwischen Melody und Colin geht insofern die Post ab, dass Melody alles von Colin will, während der sich noch gedanklich von seiner Bald-Exfrau lösen muss.

Allerdings pampert Crashing die Charaktere und uns als Zuschauende nicht. Man mag sich zwar ähnlich wie in Friends wünschen Teil ihres chaotischen Lebens zu sein, aber andererseits leisten sie sich soviele Entgleisungen und plaudern soviele Geheimnisse aus, dass man sich dann doch fragt, ob man soviel Crashing im eigenen Leben wirklich haben möchte. 😉 Aber als Serie unbedingt. Crashing hat soviel Witz, soviel haarsträubende Situationen (Stichwort „Pass auf das Curry auf“) und ans Herz gehende Momente, das sie (da denke ich ganz wirklich) mich direkt ein bisschen geheilt hat.

Das einzige, was an Crashing stören mag ist das ständige hin- und her zwischen Anthony, Kate und Lulu. Die Dreieckskiste wird etwas überstrapaziert und ist zumindest für mich als Zuschauende schon wieder ein Tick zuviel Drama. Auch wird das Konzept der property guardians und ihrer Wohnsituation nie richtig erklärt und geht irgendwann im Laufe der Serie verloren. Beide Aspekte sind vielleicht auch mein exklusives Problem. Flächendeckend wird aber v.A. eines ein Problem sein: dass die Serie an einem Punkt endet, wo man sich schmerzlich eine zweite Staffel gewünscht hätte. Zwar mögen die Schicksale der sieben Leute nicht total offen sein, aber immer noch ein bisschen zu offen. Es ist so als ob man einen Blick auf etwas erhascht, was man dann zu gern in Gänze gesehen hätte. (9/10)

Sternchen-9

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Was mich am allermeisten entsetzt ist, dass ich gern gewusst hätte wie die Sam und Fred Sache weitergeht. Vielleicht war es auch gerade genug für viele andere Zuschauende. Ansonsten kann man argumentieren, dass sich Phoebe Waller-Bridges Lulu hier schon sehr stark nach Fleabag anfühlt. Sie ist quasi Fleabag, würde man ihr die Ukulele wegnehmen. Kennt ihr „Crashing“? Und wenn ja, wie hart hättet ihr euch eine zweite Staffel gewünscht? Sucht man nach der Serie ist es leider sehr leicht sie mit einer anderen desselben Titels zu verwechseln.

2 Antworten

  1. Die Serie kenne ich nicht – aber das klingt gut! Ist vorgemerkt.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Prima, bin gespannt wie dir Crashing gefällt 🙂

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