Mein Fazit zur ersten Staffel: gut, aber etwas gehetzt. Trotz des dynamischen Duos David Tennant und Michael Sheen war ich mäßig motiviert weiterzuschauen. Das änderte das Echo aus dem Fandom. Irgendwas Großes muss passiert sein, denn plötzlich war „Good Omens“ überall in meiner Bubble. Zack, am Haken. Die Besprechung ist spoilerfrei. Leider lassen sich Spoiler zur ersten Staffel nicht vermeiden. Aber hey … kennst du die schon?
Gabriel? Wer ist Gabriel?
Das Leben von Dämon Crowley (David Tennant) und Engel Aziraphale (Michael Sheen, im Deutschen Erziraphael) könnte kaum ruhiger und angenehmer sein, nun da sie im quasi Ruhestand sind. Dann aber klopft ein alter Bekannter an die Tür von Aziraphales Buchhandlung. Da steht niemand geringeres als der Erzengel Gabriel (Jon Hamm), splitterfasernackt und ohne Gedächtnis.
Aziraphale nimmt ihn gezwungenermaßen auf, versteckt ihn und beschließt das Rätsel um Gabriels verlorenes Gedächtnis zu lösen. Crowley hält es für eine schlechte Idee, hilft ihm aber (natürlich), um die Katastrophe abzuwenden. Denn die bahnt sich stets an, wenn Himmel und Hölle dasselbe wollen. Und das ist in diesem Fall Gabriel. Und was hat das alles mit Kaffee und einem Buddy Holly Song zutun?
Beziehungskisten
Man liest es schon raus – Armageddon (s. Season 1) ist eben schwer zu toppen, deswegen versuchen sie es auch eher halbherzig und fadenscheinig. Das Anteasern im Sinne von „oh oh löst das Verstecken Gabriels jetzt vielleicht den Krieg zwischen Himmel und Hölle aus“!? ist da, aber man ahnt schnell, dass man da jetzt nichts mehr erwarten sollte. Ganz still und heimlich konzentriert sich die Geschichte, nun einzig aus der Feder Neil Gaimans, dann aber v.A. auf ihre Charaktere und deren nicht nur einfache Beziehungskisten. Im Vordergrund dessen stehen nicht ganz überraschend Crowley und Aziraphale, deren Beziehung nochmal über viele verschiedene Zeitalter hinweg betrachtet werden. Dabei gibt es einen überdeutlichen Hinweis was Crowleys Fall bzw. Verdammnis ausgelöst hat und woher Aziraphales Hobby-Magier-Ambitionen stammen. Es ist schon schön anzuschauen. 😉Auch deren Einstellung zu ihren jeweiligen „Arbeitgebern“ werden auf erneut schwarzhumorige Weise hinterfragt. Besonders gern mochte ich den Rückblick auf Hiob, Aziraphale und „Bildad“.
Die Beiden sind aber nicht die einzigen, deren Miteinander seziert und an deren Charakterentwicklung gearbeitet wird. Die ganze Straße Aziraphales wird eingebunden mit einem Wink in Richtung Auswirkungen der Pandemie auf z.B. den Einzelhandel. Süß und verwirrend gleichzeitig: einige Schauspieler:innen der ersten Staffel wurden erneut gecastet – nur in anderen Rollen. So sehen wir Nina Sosanya als Nina, die Besitzerin eines Coffee Shops gegenüber von Aziraphales Laden. Maggie Service spielt ebenfalls einen Charakter mit ihrem eigenen Namen, die einen Schallplattenladen in derselben Straße betreibt. Beide spielten in der ersten Staffel satanische Nonnen. 🙂 Außerdem haben beide hier größere Handlungsbögen. Denn wie es der Zufall so will, bekommt Aziraphale mit, dass Maggie unglücklich in Nina verliebt ist und beschließt die Beiden zu verkuppeln. Dass das auch Teil einer himmlischen Vertuschungsaktion ist … win-win, oder?
„Everyday, it′s a-gettin‘ closer“
Die Erzählung der Beziehungskisten sind schön und halten einigermaßen bei Stange. Auch das Geheimnis um Gabriel. Aber es ist eben eine Staffel, die man nicht für Spannung schaut, sondern wegen des warmen Gefühls liebenswerte Charaktere zu verfolgen. Gehört man einer bestimmten Clique von Serienfans an, dann bekommt man nochmal Extrafutter in Form von zig Doctor-Who- und Gaimanverse-Easter-Eggs. Good Omens Season 2 enttäuscht sicherlich anfangs einige, weil dieses apokalyptische ausbleibt, dass man mit dem Buch und der ersten Staffel assoziiert. Aber dann entpuppt es sich plötzlich als eine Staffel, die sich ganz auf ihre Charaktere einlässt und allyship beweist, wo beispielsweise ich in der ersten Staffel viel aufgesetztes Queerbaiting rund um Crowley und Aziraphale kritisierte. Nägel mit Köpfen?
Season 2 rückt allgemein queere Charaktere in das Rampenlicht. Gemessen an beispielsweise Nina und Maggie und ihrem Will they won’t they und den vielen Charakteren, die ganz selbstverständlichen einen Platz in der Gemeinschaft haben – egal ob schwul, lesbisch, trans, hetero, was auch immer. Damit zeigt das Team um Good Omens allen den Mittelfinger, die meckern, dass queere Charaktere „jetzt plötzlich überall sind“ (Ja, guess what, weil das die statistische Realität ist) und dass die Quoten der Studios lächerlich sind (die abwertenden Kommentare und das Othering sind der Grund für die Quoten). Hat Good Omens eine starke Story? Nein, auf keinen Fall, sorry. Hat Good Omens den bekannten Witz Gaimans (und Pratchetts, RIP)? Ja! Hat es liebenswerte Charaktere und setzt ein wichtiges Zeichen in punkto Repräsentation und gegenseitigem Verständnis? Allerdings! Und hat es nun etwas gemacht, das den Fandom tatsächlich aufschreien lässt? Und wie!! Das Finale schaut man mit einem lachendem und einem weinenden Auge. Und ich werde den Teufel tun als das zu verraten. 😇😈 (7/10)
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Ja, die Staffel hat dafür gesorgt, dass ich wieder Mal Queen rauf und runterhöre und dass Buddy Hollys „Everyday, it′s a-gettin‘ closer“ einige Tage mein Ohrwurm war. Habt ihr die zweite Staffel schon gesehen? Wenn ja, (spoilerfrei) wie sehr hat euch das Finale aufgerüttelt? Haltet ihr die dritte Staffel auch für gesetzt? Ich meine … wenn sie aus dem Nichts eine zweite geskriptet und durchgewunken haben, dann sollte das jetzt eine klare Sache sein, oder?
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