Gut-situiertes junges Paar zieht in eine tolle Wohnung in einer netten Gegend. Trifft einen Jugendfreund des Mannes wieder, hach, das Leben – es könnte so schön sein. Tatsächlich haben Simon (Jason Bateman) und Robyn Callum (Rebecca Hall) ein bisschen Zeit für sich selbst ganz bitter nötig, nachdem sie eine Fehlgeburt hatten. Er konzentriert sich auf die Arbeit, sie soll sich erstmal etwas erholen. Auf Einrichtungsshoppingtour erkennt sie Gordon Mosley (Joel Edgerton), ein ehemaliger Mitschüler von Simon. Die Begrüßung ist etwas verhalten, Simon konnte sich kaum an ihn erinnern. Nichtsdestotrotz steht „Gordo“ demnächst vor ihrer Tür, hinterlässt ein nett verpacktes Geschenk oder läuft den Beiden anders über den Weg. Ein bisschen unheimlich, dieser Gordo. Das finden auch bald die Callums, aber dann ist es möglicherweise bereits zu spät.
Klingt nach Cheap-Thrills? Meine Mutter sagt gerne zum Thema Film „Wenn ich sofort weiß wer der Böse ist, dann will ich den Film nicht gucken.“ Keine Sorge, es ist nicht ganz so einfach wie es klingt, wenn man die Inhaltsangabe liest. Ein bisschen Vorhersehbarkeit bleibt zwar, aber die Auflösung und der Weg bis dahin sind sehr spannend. Der Film passt in das Subgenre der Moral Disaster Movies und auch Home Invasion Movies, nicht nur weil Gordo um das Heim des Paares herumschleicht, sondern weil sich aus seiner Vergangenheit moralische Folgen ergeben, die erstaunlich weit reichen. The Gift ist also kein Feelgood-Movie, sondern lädt zuerst zum spekulieren, dann zum diskutieren ein. Ein wirklich billiger Storykniff ist das Aufzeigen der Medikamentenabhängigkeit Robyns, die sie scheinbar schon einmal überstanden hat. Braucht die Story nicht wirklich. Vor Allem dann nicht mehr, wenn sie richtig in Fahrt kommt und uns das volle Spektrum des moralischen Desasters vor Augen führt. Wer sind die Menschen um dich herum? Kennst du sie wirklich? Joel Edgertons erste Regiearbeit holt einen ziemlich aus der comfort zone heraus und kann mit nicht viel mehr als einem netten Haus als Handlungsort eine komplexe Geschichte darüber erzählen wie leichtfertig ein Mensch das Leben anderer zerstören kann. Rebecca Hall erscheint in ihrer Rolle anfangs blass, gewinnt aber an Stärke. Währendessen sehen wir Strahlemann Jason Bateman mal in einer etwas unbequemeren Rolle in einem ziemlich spannenden und kurzweiligen Streifen. Ein atmosphärischer Film, auch wenn man anfangs denkt die Geschichte so oder so ähnlich schon mal irgendwann irgendwie irgendwo anders gesehen zu haben.
The Gift, USA/Australien, 2015, Joel Edgerton, 108 min
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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