Serien-Kurzreviews – Die Brücke (Staffel 1), Akte X (Staffel 10), Orphan Black (Staffel 3)

Schöner Zufall: heute möchte ich mal ein paar Serien-Reviews in die Welt schicken, die ich allesamt in der deutschen Synchro-Fassung gesehen habe. Es gilt – wie immer – spoilerfrei für die Staffel, die ich reviewe. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln.

‚Die Brücke – Transit in den Tod‘ Staffel 1

Bei der titelgebenden Brücke handelt es sich um die Öresundbrücke. Der 7845 Meter lange Koloss verbindet Dänemark und Schweden. Genau an der Grenze wird eine Leiche gefunden, was die Zusammenarbeit eines dänsichen und eines schwedischen Ermittlerteams erfordert. Besonders prekär ist die Lage, als auffällt, dass die Leiche zusammengesetzt ist aus den Leichen zweier Frauen – eine davon eine Politikerin. Der Täter meldet sich, gibt sich aber nicht zu erkennen. Stattdessen kündet er seine Aktionen an. Mit seinen grausigen Taten will er auf gesellschaftliche Misstände hinweisen und bringt Polizei und Medien ein ums andere Mal in eine moralische Zwickmühle. Die schwedische Kommissarin Saga Norén (Sofia Helin) und der dänische Ermittler Martin Rohde (Kim Bodnia) versuchen den Täter zu finden. Und das ist wahnsinnig spannend inszeniert. Was als kühler, skandinavischer Krimi beginnt, zeigt später großes Fingerspitzengefühl beim verweben der Handlungsstränge. Die wirken anfangs lose, greifen aber mehr und mehr ineinander. Selbst die Eigenheiten des ungleichen Ermittler-Duos werden Thema, haben Konfliktpotential und zwingen letztendlich zur Entwicklung. Während Martins turbulentes Privatleben an Bedeutung gewinnt, sorgt Sagas nüchterne Art die Dinge anzugehen sogar Mal für Erheiterung. Die Ermittlerin hat das Asperger-Syndrom und es fällt ihr schwer zwischen den Zeilen zu lesen, Gefühle zu deuten und entsprechend zu reagieren. Beide lernen voneinander, aber der Fall wird schlussendlich viel persönlicher als anfangs erwartet.

Die vom ZDF-koproduzierte Serie besteht aus mehr als einstündigen Episoden und durch die komplexe Handlung wirkt sie mehr wie ein Krimi-Mehrteiler. In den Hauptrollen sehen wir den u.a. aus Pusher bekannten Kim Bodnia. Wie in vielen skandinavischen Produktionen ist Realismus der Trumpf. Hier wird auf Ermittlerarbeit wert gelegt, das Sammeln von Beweisen. Es gibt keine Gefühlsausbrüche oder Effekte, wo sie nicht hingehören. Hollywood- oder Til-Schweiger-Tatort-verwöhnte Zuschauer werden die Inszenierung möglicherweise nüchtern finden, aber es lohnt sich. Die Serie wurde mit viel Herz und Hirn gemacht. Nicht umsonst erhielt sie bereits ein britisch-französisches und amerikanisches Remake. Ein echter Exportschlager, aber ich plädiere immer für das Original.

(10/10)

Sternchen-10

‚Akte X‘ Staffel 10

Die Freude war groß, als Gillian Anderson andeutete, dass Akte X 14 Jahre nach dem Serienaus wiederkommen könnte. Die Kult-Serienfiguren der 90er Jahre und On/Off-Pärchen Mulder und Scully wieder vereint? Es ist nicht beim Was-wäre-wenn geblieben und tatsächlich passiert. Eine als eigenständige Miniserie angelegte Staffel mit nur 6 Episoden bescherte Fans des X-File-Kosmos ein Wiedersehen. Das beginnt damit, dass Mulder (David Duchovny) und Scully (Gillian Anderson) von ihrem ehemaligen Vorgesetzten Skinner (Mitch Pileggi) zusammengetrommelt werden, um den Host einer Web-Verschwörungssendung zu treffen. Er hat Informationen die für Beide von größter Wichtigkeit sind und letztendlich dazu führen, dass sie wieder an den X-Akten arbeiten.

Die Miniserie wurden von denselben Leuten ins Leben gerufen wie die guten alten X-Files, die wir jahrelang gesuchtet haben. U.A. stammen die Episoden aus der Feder von Chris Carter, dessen Name allen aus dem legendären Vorspann bekannt sein dürfte. Der Mix aus selbstironischen Folgen, die witzig sind und solchen die gruselig sind, ist wieder mit von der Partie. Auch folgenübergreifende Handlungen und alleinstehende Handlungen treten in etwa in gleichen Verhältnissen auf. Das sind die feinen Abwechslungen, die Akte X schon immer außergewöhnlich gelungen sind. Allerdings ist die Qualität des Drehbuchs grausig. Die episoden-übergreifende Handlung ist absurd und stellt vieles in Frage, was die Serie in den vorhergehenden neun Staffeln erzählt hat. Als ob das nicht schlimm genug wäre, können auch die losgelösten Episoden mit abgeschlossener Handlung nicht begeistert. Sie sind stellenweise zu albern geraten. Denkt man beispielsweise an die Idee, dass zwei junge Agenten auftreten, die sehr stark an Mulder und Scully erinnern, klingt das wie eine klassische Akte-X-Folge, in der sich die Serie selber aufs Korn nimmt. Wenn dann aber Agent Einstein erstmal loslegt und Mulder eine seltsame Traumsequenz hat, dann gibt es eigentlich keine Rettung mehr. Möglich, dass eine Probleme der Staffel ist, dass sie zu kurz war, um eine wasserdichte und tiefgründige Mythologie aufzubauen. Auch gut möglich, dass die Episoden mit abgeschlossener Handlung zu albern geraten sind, weil die Drehbuchautoren es mit der Prise-Selbstironie übertrieben und die Suppe versalzen haben. Summa summarum: nicht ernstzunehmend und teilweise richtig trashig.

(4/10)

Sternchen-4

‚Orphan Black‘ Staffel 3

Ganz zu Anfang war die kanadische Serie ein Geheimtipp, der seinesgleichen sucht. Kritiker und Serienfans überschlugen sich vor Euphorie über Tatiana Maslany, die in Orphan Black nicht nur eine Rolle, nicht nur eine Doppelrolle, sondern verdammt viele Rollen spielt. Sie verkörpert allesamt Frauen, die Klone und getrennt voneinander aufgewachsen sind, sich Jahre später begegnen und erkennen, dass sie Teil eines wissenschaftlichen Experiments sind. Unter ihnen die punkige Sarah, die Attentäterin Helena, die Hausfrau und Mutter Alison, die Wissenschaftlerin Cosima und noch viele weitere. In der dritten Staffel der Serie sind die Schwestern, wie sie sich nennen, aber immer noch nicht wesentlich weiter als in der ersten oder zweiten Staffel, womit der Serie so langsam die Puste ausgeht. Dieser Abwärtstrend ließ sich schon in der zweiten Staffel beobachten und müsste ich eine Prognose abgeben, dann würde ich sagen, dass die Serie dieser Abwärtsspirale noch etwas folgen wird. Was sehr schade ist, denn die Zutaten sind großartig und die erste Staffel wird auf ewig eine der besten Serienstaffeln sein, die ich gesehen habe. Aber die Frage ist: warum baut die Serie so ab?

Die dritte Staffel beginnt damit, dass Helena entführt und irgendwo in der Wüste gefangen gehalten wird. Sarah hat gerade zu dem Zeitpunkt erfahren, dass es ein weiteres Experiment gab, dessen Ergebnis männliche Klone waren. Darüber hinaus geht es Cosima zwar besser, aber sie versucht die verschlüsselten Botschaften aus dem Buch von Ethan Duncan zu entschlüsseln. Bittere Erkenntnis: dabei kann nur Rachel Duncan helfen, die sich von Sarahs Attacke noch erholen muss. Währenddessen wird Delphine die ’neue Rachel‘ und versucht das Dyad Institut zu leiten. Verzweifelt sucht Sarah nach Helena und will das Unrecht, das ihrer sestra wiederfahren ist wieder gut machen und trifft dabei auf alte Bekannte. Das ganze Rumgerenne bringt uns alle aber kein Stück weiter. Anstatt mal ein paar Fragen zu beantworten, werden die männlichen Klone des Projekts Castor eingeführt und obwohl die von Ari Millen ähnlich souverän verkörpert werden wie die Leda-Klone durch Tatiana Maslany, kommt es einem vor, als ob man einfach die Geschichte der weiblichen Klone wiederholt. Mal abgesehen davon, dass die nicht militärisch großgezogen wurden. Handlungsfäden wie das mysteriöse Buch in Cosimas Besitz verlaufen so ganz nebenbei im Sand, während Cosima Zeit gegeben wird sich auf Singlebörsen nach einer neuen Perle umzusehen und Alison macht Elternrats-Wahlkampf. Ich drücke es mal simpel aus: das nervt. Nach drei Staffeln sollten mehr Antworten kommen, anstatt das Erfolgsrezept der Serie künstlich zu verlängern. Der einzig Hoffnungsschimmer war eine sehr grantige Person, die der Ursprung des Ganzen zu sein scheint. Dank der großartigen Darsteller und einem feinen Sinn für Humor und Dramatik unterhält die Serie immer noch. Das twerken von Alison und Donnie ist wahrscheinlich einer der besten Momente der ganzen Staffel. 🙂 Aber gerade Tatiana Maslany und den Darstellern wünsche ich, dass die Serie wieder ein besseres Drehbuch bekommt.

(7/10)

Sternchen-7

Bei welchen der Serien teilt ihr meine Meinung? Bei welchen nicht? Empfindet ihr es auch so, dass gerade Orphan Black stark abbaut und man spürt, dass sie die Serie künstlich verlängern? Ein viel zu oft gesehener Trend beim Geschichten-Erzählen. Bei Orphan Black und die Brücke muss ich aber die deutsche Synchro wirklich loben – die ist gut gelungen und die Serien kann man ohne Bauchschmerzen auch auf Deutsch schauen. Bei Akte X vermisse ich – wie die meisten – die Original-Synchronsprecher. Bei der Serie habe ich aber eine Menge vermisst. Wie ergings euch mit der Fortsetzung von Akte X?

19 Antworten

  1. Bei „Orphan Black“ kann ich dir zustimmen… sie hätten ein besseren Drehbuch verdient! Es bleibt unterhaltsam, aber irgendwie ist mir auch gar nicht mehr so ganz klar, wo das Problem liegt und wer der Böse ist und was eigentlich alle wollen… Aber ich habe die Schwester einfach unglaublich lieb gewonnen und freue mich trotzdem über jede Folge 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Geht mir ja genauso, was die Charaktere betrifft. 🙂 Aber trotzdem bemerke ich, dass der Antrieb die Serie weiterzuverfolgen nachlässt. Sie ziehen sich relativ billig aus der Affäre, was die Handlung betrifft. Da bin ich aber froh, dass bei anderen auch der Eindruck entstanden ist. Vielleicht ist das auch mal ein Signal an die Serienschaffenden. Mal schauen was die nächste Staffel bringt!

  2. Ohje, auch deine Kritik zu „Akte X“ gibt keine Hoffnung…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Leider nein. Anfangs dachte ich noch „Was haben die denn alle? Ist doch ganz okay die zehnte Staffel. Außerdem heeeey Mulder, Scully, yay!“ Aber gegen Ende wurde es richtig hanebüchen. Auf die unangenehme Art.

  3. Meine Meinung zu Akte X kennst du ja – nach der ersten Folge abgebrochen und versuche zu leugnen, dass es so etwas wie eine 10. Staffel gibt 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Haha, Verdrängung ist manchmal die beste Medizin, schätze ich 🙂 ich wünschte ich könnte diese Staffel auch ungesehen machen. XD

  4. Die Brücke kenne ich gar nicht. Orphan Black habe ich leider bisher die dritte Staffel noch nicht gesehen. Bei Akte X bin ich so ziemlich bei dir, wenngleich ich gestehen muss, das mich der Trashfaktor dann doch irgendwie begeistern konnte. Vielleicht muss man bei einer Kultserie wie X-Files solch einen Trashfaktor irgendwann einbringen. 😉 Aber die Synchro war wirklich gewöhnungsbedürftig.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Also wenn du Krimis tendenziell magst, dann wäre Die Brücke vielleicht einen Blick wert. 🙂
      Ach ja … Akte X. Auf jeden Fall schön, wenn dir das die Serie nicht kaputt gemacht hat 😉 Bei Akte habe ich ja schon in der Vergangenheit über viele trashige Folgen hinwegsehen oder fand das auch mal ganz witzig, aber Staffel 10 war zu viel davon. Und dann habe ich immer eisern die Folgen in der deutschen Synchro rewatcht. Also Staffeln 1, 2 usw.. Einzig wegen der Nostalgie, weil ich mit den Stimmen quasi ‚aufgewachsen‘ bin. Und dann?? Dann ändern sie die Sprecher in der 10. Neeeiiiiiin ….

      1. Ja, die Sache mit der Synchro war tatsächlich sehr ärgerlich. Da ging schon ein wenig das typische „Akte X“-Flair flöten. 🙁

  5. Ja, ich glaube, ich fand die dritte Staffel von Orphan Black ein wenig besser, aber alles in allem kann ich dir da zustimmen. Ich bin immer noch völlig verwirrt von allem…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Es ist wohl eben nicht nur mein Eindruck, sondern die Handlung und Erklärungsversuche sind wirklich sehr dünn. Eigentlich sind es ja auch keine Erklärungen in Orphan Black Staffeln 2 und 3, sondern mehr Verlängerungen und Hinauszögerungen. Aber ich werd wieder reinschauen. Bei dem bunten Haufen an sympathischen Charakteren kann ich nicht anders. Aber wäre schon schön, wenn sich da was ändert mit Staffel 4…

  6. Ja, bei „Akte X“ sind wir einer Meinung Das war wirklich ein Trauerspiel… da hat wirklich gar nichts zusammengepasst und dann machen sie noch so viel zunichte, was sie in den alten Staffeln aufgebaut haben… traurig, traurig… ich bin jetzt nur mal gespannt, ob sie es noch zu einer weiteren Staffel schaffen, um wenigstens den fiesen Cliffhanger aufklären zu können (obwohl ich das alles eigentlich lieber schnell vergessen möchte)

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ooooh gutes Thema. Ob die wirklich verlängern? Ich kanns mir gar nicht vorstellen. Aber wenn man den Zuschauern so einen Cliffhanger serviert, wäre es auch ein Schlag ins Gesicht, wenn es nicht weitergeht. Erst gestern habe ich aber gelesen, dass die Staffel in den USA verhältnismäßig positiv aufgenommen wurde. Wundert mich ehrlich gesagt etwas …

  7. Huhu 🙂

    „Die Brücke“ mochte ich auch sehr, bin aber da auch schon mit Staffel 3 durch. Ich finde Saga einfach nur großartig und habe sowieso ein Herz für skandinavische Krimis … Staffel 3 finde ich aus Gründen erst mal gewöhnungsbedürftig. Aber das wirst du sicher verstehen, wenn es so weit ist… Ändert aber nichts daran, dass sie gut ist.

    Für „Akte X“ hatte ich nie was übrig… Und Orphan Black steht noch auf meiner Watchlist… da hab ich bisher gar nicht angefangen 🙂 Vermutlich könnte ich aber auch bei schlechter werdenden Staffeln nicht aufhören… einmal angefangen muss ich das bis zum Ende durchziehen 😀

    *wink*

    Svea

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Hi! Mensch, so liest man sich auch mal hier und nicht nur bei Twitter 😉

      Ich hätte drauf gewettet, dass du skandinavische Krimis guckst 🙂 Bis jetzt habe ich noch gar nicht so großen Antrieb „Die Brücke“ weiterzugucken, obwohl mir die erste Staffel so gut gefallen hat. Wahrscheinlich, weil die Staffel so in sich geschlossen und rund ist. So ähnlich wars bei mir mit Broadchurch. Da habe ich auch nie die zweite Staffel geschaut. Jetzt hast du mich aber etwas neugierig gemacht wie es bei Die Brücke weitergeht,

      Bei Orphan Black kann ich auch nicht so schnell aufhören, auch wenn mich die Staffeln jetzt immer weniger angesprochen haben. Es gibt einfach zuviele liebenswerte Charaktere.

  8. […] profitbringenden Neuauflegen eines fertigen Franchise schreit. Ich erinnere mich noch schaudernd an Akte X Staffel 10. Wenn man natürlich das tut was Netflix und Warner Bros. hier getan haben, dann kann das schon […]

  9. […] Saga Norén („Die Brücke“) […]

  10. […] Die Brücke – Transit in den Tod […]

  11. „Die Brücke“ war super. Die Serie hat mir richtig gut gefallen! Ich habe aber auch ein Faible für dänische (Co-)Produktionen 🙂

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